Zverevs reicher Erfahrungsschatz für die French Open
Das Regendrama von Rom hat Rafael Nadal für sich entschieden. Doch langfristig wird Alexander Zverev von der Finalerfahrung beim Masters in Rom profitieren. Dank der vergangenen Wochen hat er noch mehr Rüstzeug, um bei den Grand Slams den nächsten Schritt zu gehen.
In der Gesellschaft werden oft Vergleiche angestellt. Der Sport, im speziellen der Leistungssport, macht da keine Ausnahme. Jüngstes Beispiel? Rudi Molleker. Das deutsche Nachwuchstalent hat am Sonntag seine Challenger-Woche in Heilbronn mit einem Finalerfolg über Jiri Vesley gekrönt.
Er ist mit 17 Jahren und sechs Monaten nun der jüngste deutsche Sieger auf dieser Turnierebene. Zumindest seit Alexander Zverev, der in Braunschweig 2014 triumphierte und zu diesem Zeitpunkt nochmals vier Monate jünger war. Klar, dass bereits wenige Minuten nach diesem Meilenstein für Molleker erste Parallelen gezogen wurden zwischen den beiden Deutschen.
Das liegt an Mollekers toller Leistung, aber in erster Linie an Zverev, der in den vergangenen vier Jahren einen Bilderbuchaufstieg mit nur wenigen Tiefschlägen hingelegt hat. Die stetige Entwicklung, die er sich mit seinem eingespielten Team erarbeitet hat, hat ihm bereits acht ATP-Titel (drei auf Mastersebene) beschert und ihn auf Weltranglistenposition drei aufsteigen lassen. Dass am Sonntag seine 14 Siege andauernde Serie auf Sand auf dramatische Art und Weise im Finale von Rom riss, ändert daran rein gar nichts. Im Gegenteil.
Zverevs Team wird dieses Finale abspeichern
Zverev wird diese Erfahrung, wie immer bisher bei dem vielen Erfolg und dem wenigen Misserfolg (meistens bei den Grand Slams), gemeinsam mit seinem Team einordnen und abspeichern. Die von Rom 2018 wird dem 21–Jährigen helfen. Zum einen bei zukünftigen Unwegbarkeiten in Finals gegen großartige und ältere Spieler. Zum anderen für seine Vorgehensweise in Best-of-five-Matches bei den Grand Slams.
Dass am Sonntag kein vierter Masterssieg folgte, lag an einem um seine Vormachtsstellung kämpfenden Rafael Nadal, der nach doppelter Regenpause im umkämpften dritten Satz den besseren Rhythmus fand. Das reichte, um einen Break-Rückstand in den ersten Turniersieg in Rom seit 2013 zu verwandeln – sein achter in der italienischen Hautstadt insgesamt.
Eine ungeplante Pause, gleich zwei von dieser Sorte, hatte die deutsche Nummer eins in einem Finale noch nicht überstehen müssen. Nadal hat diese und ähnliche Umstände in seiner mehr als 13 Jahre andauernden Karriere (seit 2005 stets in den Top 10 der Weltrangliste) schon zu Genüge erlebt.
Zverev: Große Erfolge versus eigentlich noch geringe Erfahrung
Das ist keine bahnbrechende Erkenntnis. Dennoch müssen sich das alle Beobachter im Umgang von Zverev immer wieder vor Augen führen. Der Wahlmonegasse hatte mit seinen 21 Jahren schon derart viel Erfolg, dass die Maßstäbe an ihn außerordentlich hoch sind. Und wenn ein Nadal nach einer zehnminütigen und einer zweiten mehr als 20 minütigen Regenpause aus den Katakomen marschiert und fünf Spiele in Folge gewinnt, könnte das Pendel in Richtung kritische Anmerkungen an Zverev rasch ausschlagen. Muss es aber nicht.
When you win your 8th 🏆 in Rome, that’s the kind of smile that you pull off! 🤗 @RafaelNadal #ibi18 #tennis #ATP #Nadal pic.twitter.com/m99bI2iRZZ
— Internazionali Bnl (@InteBNLdItalia) May 20, 2018
Die positiven Erinnerungen an diese Woche und dieses Finale mit den beiden besten Spieler der letzten Zeit überwiegen. Vor dem mit Spannung erwarteten Match hatte Zverev von den letzten 25 Auftritten auf der ATP-Tour 22 gewonnen, Nadal noch mal einen mehr.
Rom: Nadal düpierte Zverevs Aufschlag
Vollgepumpt mit diesem Selbstverständnis spielte vor allem Nadal einen unnachahmlichen ersten Satz. Der 31-Jährige ließ dem zweifelsfrei besten Aufschläger der Wochen seit München Zverev ganze fünf mickrige Punkte bei dessen eigenem Service – eigentlich unglaublich.
Summing up the clay-court season like…🙃#ibi18 pic.twitter.com/0RhLRvTXhT
— Tennis TV (@TennisTV) May 20, 2018
Doch nach dem 1:6 ließ sich Zverev nicht hängen und fightete sich in die Partie. Zverev trieb den Mallorquiner nun immer weiter aus dem Platz heraus mit tollen, fehlerfreieren Grundlinienschlägen. Nach einer 5:0-Führung für Zverev drohte Nadal der erste Satzverlust zu null auf Sand seit 2007 in Hamburg gegen Roger Federer. Der Schweizer ist mit Guillermo Coria und Gaston Gaudio der einzige Akteur, dem dieses Kunststück gelang.
Rom: Nadals schlechtester Satz seit 2015 ein Kompliment für Zverev
Das 1:6 gegen Zverev war schließlich der zahlentechnisch schlechteste Satz Nadals seit dessen Niederlage bei den French Open 2015 gegen Novak Djokovic. Tempo und Eigeninitiative hatten die Seiten gewechselt und sich vor der Regenpause im Entscheidungssatz eingependelt. Zverev und Nadal hatten jeweils 30 Grundlinienduelle für sich entschieden. Auf Sand, bei Zverevs Körpergröße wohl die aussagekräftigste Statistik und ein großes Kompliment für den Deutschen, der seinen Break-Vorsprung samt Momentum nach den Unterbrechungen jedoch wieder verlor.
„Da hat mal wieder jeder gesehen, warum Rafa der beste Sandplatzspieler aller Zeiten ist“, sagte Zverev und ordnete die Leistung bereits kurz nach Matchende analysierend in den Gesamtkontext ein: „Mein Team und ich haben eine wahnsinnige Serie hingelegt in den vergangenen Wochen und die Titel in München und Madrid gefeiert. Wir können stolz auf unsere Leistung sein.“ Mit einem verschmitzten Grinsen fragte er abschließend in die Runde: „Am Ende haben wir gegen Rafa verloren. Das ist verkraftbar, oder?“
Nadal: „Zverev hat eine tolle Gegenwart“
Dem können sich Experten, Fans wie Konkurrenten nur anschließen. Zumindest Nadal sagte wenig später: „Das ist ein großartiges Jahr bisher für Alex und das war eine beeindruckende Serie. Ich kann ihm eine tolle Gegenwart und eine noch bessere Zukunft versprechen.“ Zum Geschehenen nach der Regenpause erklärte der achtfache Champion: „Ich kam mit einer glasklaren Vorstellung zum Thema Taktik zurück auf dem Platz und habe versucht, noch mehr Hingabe zu zeigen.“
Nadal attackierte mit noch mehr Spin und höher abspringenden Bällen Zverevs etwas wackligere Vorhand. Der Umstand, dass die Bälle nach der Pause feuchter und damit etwas härter wurden, half Nadal. Zverev hatte damit bereits bei den abendlichen Spielen beispielsweise in Monte Carlo seine Probleme und gab in Rom bei der Pressekonferenz zu. „Ich hatte nach der Pause Probleme, Druck zu erzeugen.“
Masters vs. Slams: Zverevs Diskrepanz vor den French Open
Die von Nadal angesprochene große Gegenwart und Zukunft seines zehn Jahre jüngeren Kontrahenten beginnt mit der Reise nach Paris und einigen Sponsorenterminen, bevor es in wenigen Tagen bei den French Open losgeht. Zverev hat bei Grand Slams erst einmal das Achtelfinale erreicht (Wimbledon 2017). Vergangenes Jahr reiste er mit überschwänglichen Vorschusslorbeeren dank des Titels in Rom nach Frankreich und verlor in Runde eins gegen Fernando Verdasco.
Zverev selbst weiß um die Diskrepanz der Ergebnisse zwischen dem höchsten Niveau bei zwei Gewinnsätzen (Masters) und drei bei den Slams. Sie nervt ihn, was nur menschlich ist. Fragen zu diesem Thema mittlerweile auch. Die Fakten: Vor dem Halbfinale in Rom stand Zverev bei Masters-Turnieren 46 zu 19, bei Grand Slams lediglich 14 zu 11. In Prozentzahlen sind das 70,8 zu 56 Prozent Siege.
Doch die Erfahrungen seit den Australian Open kann Zverev in die Waagschale werfen, um gegen diese Zahlen anzugehen. Wichtig wird sein, wie Zverev selbst mit dieser Diskrepanz umgeht. Er ist die Nummer drei der Welt, gar die eins im „Race-To-London“ und naturgemäß ein Anwärter auf die letzten Runden beim zweiten Major des Jahres.
Mit dem Selbstvertrauen und den spielerischen Ressourcen ein mehr als realistisches Ziel. Die Erfahrund dieses Sonntags gegen Nadal wird helfen. Vielleicht schon kurzfristig in Paris. In jedem Falle langfristig. Und da hat Zveres etwas gemein mit dem jungen Rudi Molleker, der auf seine sonntägliche Erfahrung langfristig mehr als bauen kann.nike air force 1 uv color change da8301 100 101 release date | is the air jordan outlet store legit