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Czech Republic's Davis Cup Team hold the trophy after the International Tennis Federation Davis Cup final match between Czech Republic and Spain on November 18, 2012 in Prague. Czech Rep. defeated Spain 3-2. AFP PHOTO/MICHAL CIZEK / AFP PHOTO (Photo credit should read /AFP/Getty Images)

Wie die Davis Cup-Reform gelingen konnte

Nationen, die plötzlich ihr Votum ändern. Präsidenten, die heftig umgarnt werden: So boxte ITF-Präsident David Haggerty seine umstrittene Davis Cup-Reform durch.

Als am Tag vor der mit Spannung erwarteten Abstimmung zur heftigst diskutierten Davis Cup-Reform im Ritz Carlton-Hotel von Orlando die Nachricht rumging, dass die Davis Cup-Nation Großbritannien gegen die Pläne von ITF-Boss David Haggerty stimmen würde, saß DTB-Präsident Ulrich Klaus gerade beim Mittagessen. Mit großem Wohlwollen nahm er die Kunde zur Kenntnis. „Es hört sich gut an“, schrieb er per WhatsApp. Und sein Begleiter, DTB-Vizepräsident Dirk Hordorff, bedankte sich wenig später via Facebook beim englischen Verband LTA dafür, dass man „die 118 Jahre alte Geschichte des Davis Cups nicht zerstört.“

Das Dankeschön kam verfrüht. Seit gestern steht fest: Die Davis Cup-Reform wird kommen. Knapp 71 Prozent der Delegierten stimmten in Orlando für die Pläne von Haggerty und dessen Geschäftspartner Gerad Piqué, der mit seiner Investoren-Gruppe Kosmos insgesamt drei Milliarden Dollar über 25 Jahre für den Tennis-Weltverband generieren will. Der Davis Cup wird nicht mehr der Davis Cup sein – auch wenn er nach wie vor so heißen soll. Etliche Profis haben über ihre sozialen Netzwerke Kommentare verschickt, die die ITF-Entscheidung harsch kritisieren.

Davis Cup

FREUDESTRAHLEND: Fußball-Star Gerad Piqué umarmt einen Mitarbeiter seiner Investment-Firma Kosmos, nachdem die ITF-Delegierten den Weg für die Davis Cup-Reform geebnet hatten.

Großbritannien fiel in letzter Sekunde um

Der DTB-Delegation kann man es nicht vorwerfen, dass sie sich – quasi als Anführer der Haggerty-Gegner – auf der Siegerstraße wähnte. Denn: Der englische Verband stimmte allem Anschein nach doch nicht gegen die Reform – sondern dafür. Trotz eines langen Statements, das am Mittwoch veröffentlicht wurde und für das die LTA in sozialen Netzwerken gefeiert wurde („Wow, die LTA demonstriert hier ein starkes Rückgrat!“). Zwar lief die Abstimmung geheim ab, aber mehrere nationale Verbände sind sich sicher, dass Großbritannien kurz vor der Wahl umgefallen ist.

Eine tragende Rolle nimmt dabei Martin Corrie ein, der Präsident der Lawn Tennis Association. Corrie sitzt im ITF-Board und machte sich in Orlando für den Kosmos-Deal stark. Die offizielle LTA-Position bei der Abstimmung nahm aber nicht Corrie ein, weil er aufgrund einer internen Ermittlung derzeit nicht das Präsidenten-Amt wahrnimmt. Sein Stellvertreter und designierter Nachfolger David Rawlinson sollte gegen die Reform stimmen – und tat es offenbar nicht. Auf Druck von Corrie?

Die „No“-Fraktion jedenfalls kam nach der Abstimmung zu dem Schluss, dass einige fest verbuchte Stimmen fehlen müssten. Am Ende hatte sie 122, nachdem sie davon ausgegangen war, auf 140 zu kommen. Das hätte gereicht, um die Reform abzuwenden. Die zwölf Stimmen der LTA wurden schnell als fehlender Anteil ausgemacht, wie der polnische Tennis-Vize-Präsident Victor Archukowski gegenüber einheimischen Medien bestätigte.

Der LTA-Delegierte David Rawlinson nahm am Samstag Stellung zu den Vorwürfen. „Der LTA-Vorstand stimmte auf der Jahreshauptversammlung der ITF gegen die Davis-Cup-Reform. Ich kann Ihnen versichern, dass ich gemäß unserer Entscheidung gestimmt habe“, ließ er via Twitter verlautbaren.

DTB-Vize Dirk Hordorff äußerte sich daraufhin gegenüber tennismagazin.de folgendermaßen: „Worte sind geduldig. Wenn man allen glauben würde, hätte der ITF-Vorschlag nicht die Mehrheit erzielt. Wir wissen, wer gegen die ITF gestimmt hat und sind über das Statement von David Rawlinson erstaunt.“

Eine Offenlegung der Stimmenabgabe, die Klarheit in der Angelegenheit bringen würden, ist auszuschließen. Die Wahl war geheim und die ITF ist nicht dazu verpflichtet, die Stimmenabgabe transparent zu machen.

Österreich enthielt sich bei der Abstimmung

Doch die Briten waren allem Anschein nach nicht die einzigen, die ziemlich plötzlich ihre Meinung in Bezug auf die Davis Cup-Reform änderten. Auch Russland, mit neun Stimmen ausgestattet, soll für die Haggerty-Pläne gestimmt haben, obwohl sich der nationale Verband zuletzt klar dagegen positioniert hatte.

Die Haggerty-Gegner hofften auch auf Österreich. Aber der ÖTV enthielt sich mit seinen fünf Stimmen, weil man keine einstimmige Linie fand. Auf der ÖTV-Website steht nun der vielsagende Satz: „Von diesen Summen (die der Weltverband in Aussicht stellt, Anm. d. Red.) werden die nationalen Verbände, wie der ÖTV, enorm profitieren.“

Davis Cup

SO SIEHT EIN GEWINNER AUS: ITF-Boss David Haggerty hat tatsächlich seine Davis Cup-Reform durchgedrückt.

Überhaupt spielt das Geld die wichtigste Rolle in diesem Deal, natürlich. Haggerty hat etliche kleinere Nationen in Afrika und Südamerika in den Wochen vor der Abstimmung besucht und ihnen finanzielle Vorteile zugesichert. Allein die Flugkosten Haggertys für seinen Stimmenfang sollen sich auf etwa 400.000 britische Pfund (ca. 450.000 Euro) belaufen, wie aus ITF-Kreisen durchsickerte. Aber es hat sich für Haggerty gelohnt: Ganz Afrika und ganz Amerika stimmten für ihn.

Luxusreise für den ukrainischen Präsidenten

Doch damit nicht genug: Der ukrainische Präsident etwa soll von Bernard Guidicelli, Frankreichs umstrittenen Verbandsboss und Vorsitzender des Davis Cup-Komitees, zu einem Luxusurlaub auf Bali eingeladen worden sein. Die drei Stimmen der Ukraine gingen dann auch an Haggerty. Der Verband Venezuelas war chronisch pleite und hätte um ein Haar sein Stimmrecht verwirkt, als plötzlich die entsprechenden Gelder doch da waren. Auch die drei Stimmen von Venezuela kamen den Haggerty-Plänen zu Gute.

Andererseits wurde auf Länder, die der Reform abgeneigt waren, entsprechender Druck aufgebaut. Ein Verband, der namentlich nicht genannt werden will, schnitt 2018 beim „Philippe Chartrier-Cup“, einer Art Team-Wertung der Junioren-Wettbewerbe während der French Open, gut ab und sicherte sich ein Preisgeld im unteren sechsstelligen Euro-Bereich.

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UMSTRITTEN: Frankreichs Tennis-Präsident Bernard Guidicelli gilt als Verbündeter von David Haggerty und half dabei, die Davis Cup-Reform durchzuboxen.

Beim „Philippe Chartrier-Cup“ werden insgesamt eine Million Euro ausgeschüttet, die ausnahmslos jenen Verbänden zu Gute kommen soll, die kein Grand Slam-Turnier ausrichten. Eigentlich eine feine Sache. Als nun der Verband das Geld vom französischen Verband FFT erhalten sollte, fragte FFT-Boss Guidicelli angeblich nach dem Abstimmungsverhalten für die Davis Cup-Reform. Der Verband verhielt sich eher verhalten und wartet bis heute auf sein Geld.

Zustände wie bei der FIFA

„Das sind Zustände wie beim internationalen Fußball-Verband FIFA. Es geht nur um die persönliche Bereicherung der Verantwortlichen“, sagte ein Funktionär tennismagazin.de. Seinen Namen wollte er allerdings nicht öffentlich preisgeben.

Der DTB hält sich mit seinen Äußerungen zurück, es herrscht die große Fassungslosigkeit. Dabei geht es nicht nur um das Endergebnis der Abstimmung, sondern auch darum, wie dieses zu Stande kam. Die Veranstaltung in Orlando glich einer Verkaufsgala für das neue Davis Cup-Format. Das ITF-Board bot den Haggerty-Gegnern – allen voran Deutschland und Australien – gar nicht erst die erforderliche Plattform an, um die eigene Meinung zu vertreten.

In den Sitzungen soll der Redeanteil der Befürworter bei „weit über 90 Prozent“ gelegen haben, heißt es. Als DTB-Präsident Ulrich Klaus zu einem Plädoyer gegen die Reform ansetzte, wurde er von Haggerty barsch darauf hingewiesen, er solle doch bitte nur konkrete Fragen zum Thema stellen. Auch so kann man Kritiker mundtot machen.

EDIT (18.8.2018, 19:45): In einer früheren Version des Textes hieß es, dass sich die LTA bislang noch nicht zu den Verdächtigungen geäußert hätte. Das änderte sich aber am Samstagnachmittag und der Artikel wurde entsprechend aktualisiert.

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