„Andere haben jetzt mehr Respekt vor mir“
Mister Murray, Sie haben Roger Federer sechsmal und Rafael Nadal zweimal geschlagen. Bei Turnieren gelten Sie immer häufiger als Favorit. Wie gefällt Ihnen Ihre neue Rolle?
Ehrlich gesagt ist es mir egal, ob ich Favorit bin oder nicht. Klar, die Leute reden jetzt mehr über mich, dadurch spüre ich schon mehr Druck. Manchmal wirkt sich das aber positiv aus. Die Siege über Roger Federer und Rafael Nadal haben mir viel Selbstvertrauen gegeben. Die anderen Profis haben jetzt mehr Respekt vor mir.
Sie sind die Nummer vier der Welt, glauben Sie, Nummer 1 werden zu können?
Das wird extrem schwierig. Mit Nadal und Federer stehen momentan zwei Spieler an der Spitze, die die besten Tennisspieler aller Zeiten sein könnten. Um sie zu übertreffen, muss ich mindestens zwei Grand Slam-Turniere im Jahr gewinnen. Ich glaube, dass ich das Potenzial habe, dieses Jahr eines zu gewinnen. Aber es ist sehr schwierig, und man braucht auch ein bisschen Glück. Einen Grand Slam-Titel zu gewinnen, ist mir wichtiger als Nummer 1 zu werden.
In England, sprich Wimbledon, wird besonders viel von Ihnen erwartet. Belastet Sie der Druck, vor heimischer Kulisse zu spielen?
Die Woche vor dem Turnier ist extrem schwierig. Es gibt unendlich viele Anfragen von Journalisten und Sponsoren. Alle wollen einen Teil meiner Zeit in Anspruch nehmen. Ständig werde ich gefragt, ob ich Wimbledon gewinne. Das ist sehr mühsam. Aber sobald diese Woche vorbei ist und ich die erste Runde überstanden habe, werde ich entspannter. Von da an ist Wimbledon für mich ein ganz normales Grand Slam-Turnier.
Ist es Ihnen sehr wichtig, als Schotte bezeichnet zu werden?
Ich glaube einfach, dass niemand wirklich vergisst, wo er aufgewachsen ist. Ich bin sehr patriotisch. Aber ich spiele unter der Flagge von Großbritannien und darauf bin ich stolz. Zudem verbringe ich eine Menge Zeit in England und trainiere dort mit meinem Coach. Zwei Mitglieder aus meinem Team und auch meine Freundin (Kim Sears, Anm. d. Red.) kommen aus England.
Was hat sich in Ihrem Spiel verbessert?
Es ist konstanter geworden. Früher habe ich oft zu Beginn eines Matches schlecht gespielt und musste dann mühsam meinen Weg zurück in die Partie finden. Das ist heute nicht mehr der Fall. Inzwischen bin ich ein Spieler geworden, der schwer zu schlagen ist.
Hat das auch mit Ihrer Fitness zu tun, an der Sie offensichtlich stark gearbeitet haben?
Auf jeden Fall. Ich bin kräftiger geworden, dadurch hat sich vor allem mein Aufschlag verbessert. Außerdem macht mich die körperliche Fitness auch mental stärker. Ich fühle mich heute sehr viel entspannter auf dem Tennisplatz als früher. Allerdings muss ich, um ein Grand Slam-Turnier zu gewinnen, noch fitter werden.
Seit Anfang des Jahres gelten für Tennisprofis neue Anti-Doping-Regeln. Drei Monate im Voraus müssen Sie angeben, wo Sie an jedem einzelnen Tag sind. Außerdem sollen Sie pro Tag eine Stunde nennen, in der Sie kontrolliert werden können. Sie haben diese Regeln stark kritisiert…
…weil sie einfach zu weit gehen. Es ist doch so: Wenn ich morgens aufwache, dann ist das Letzte, woran ich denke, ein Dopingtest, und plötzlich habe ich einen Termin vergessen. Das kann schnell passieren. So wie bei Mike Bryan zum Beispiel. Er hatte eine Autopanne und hat deswegen einen Test versäumt. Und wenn das dreimal passiert, bekommt man gleich eine Sperre.
Was würden Sie verändern?
Man sollte uns einfach bei jedem Turnier testen. Und wenn man einmal eine längere Spielpause macht, vielleicht einmal pro Woche. Das reicht. Die strengen Regeln sollten zudem nicht nur für die Top 50-Spieler gelten, sondern für alle Profis bis runter auf die Ebene von Future-Turnieren.
Anfang März haben Sie Ihr Management gewechselt, sind jetzt bei Simon Fuller, einem erfolgreichen Musik- und TV-Show-Produzenten unter Vertrag. Werden Sie demnächst ins Showbusiness einsteigen?
Nein, das Showbiz hat mich noch nie besonders interessiert. Für Simon habe ich mich entschieden, weil er viele tolle Ideen hat, die sich von den meisten Managementfirmen unterscheiden. Zudem bringt er große Erfahrung mit und hat bereits mit einer Menge unterschiedlicher Leute aus dem Sport- und Entertainment-Bereich zusammengearbeitet.
Unter anderem David Beckham.
Ja, genau. Wie erfolgreich diese Zusammenarbeit war, sieht man ja. Beckham ist nicht nur ein Fußballspieler, sondern eine globale Ikone geworden. Das möchte ich auch einmal erreichen. Allerdings nur innerhalb meines Sports. Ich würde nie den Fokus vom Tennis nehmen, nur um ein weltweit bekannter Star zu werden.
Simon Fuller ist auch der Produzent von Pop Idol (britische Version der TV-Show Popstars, Anm. d. Red.). Schauen Sie sich die Sendung an?
Früher habe ich die Sendung häufig geguckt. Heute ist das nicht mehr möglich, weil ich so viel auf Reisen bin.
Wie stehts mit Ihren Gesangskünsten?
Die sind nicht besonders toll (lacht). Aber ich habe das Singing Star Pro, ein Karaoke-Programm für die Playstation. Damit vertreibe ich mir mit meinem Team öfter mal die Zeit. Neulich haben wir stundenlang Loosing my Religion von R.E.M. gesungen.
Letztes Jahr erschien Ihr Buch Hitting back, eine Biografie. Sind Sie mit 21 Jahren nicht zu jung, um über Ihr Leben zu schreiben?
Allerdings. Ich bereue, dass ich das getan habe. Wenn man jung ist, trifft man manchmal falsche Entscheidungen. Und das war eine von mir. Ich habe mich damals aus rein finanziellen Gründen dazu entschlossen, dieses Buch zu machen. Heute ist mir Geld nicht mehr so wichtig. Der Titel stammt übrigens nicht von mir. Ich wollte niemandem etwas beweisen.
Es wird also kein weiteres Werk geben?
Demnächst erscheint ein Taschenbuchformat (lacht). Aber ich werde mit Sicherheit kein weiteres Buch veröffentlichen, solange ich Tennis spiele.
Das Interview führte Nina Hoffmann
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