Zverev: höchste Zeit, das Umfeld neu zu ordnen
Während Alexander Zverev bei den Hamburg European Open sportlich Rückenwind bekommt, beendet Honorarcoach Ivan Lendl die Zusammenarbeit medienwirksam im Alleingang. Damit ist für Zverev aktuell nicht nur das Managerproblem noch nicht gelöst, auch die Trainerfrage ist offen.
Das sagt Zverev selbst zur Trennung
Es sind etwas mehr als sieben Tage vergangen, seit die von den Veranstaltern der Hamburg European Open öffentlichkeitswirksam initiierte Eröffnungspressekonferenz mit einem seiner Topstars Alexander Zverev in einem modernen Bürokomplex auf St. Pauli stattfand. Die Schlagzeilen sollten danach in etwa wie folgt lauten: „Der verlorene Sohn ist wieder zurück in Hamburg!“
Stattdessen war – auch international – überall zu lesen und zu hören: „Zverev kritisiert Coach Lendl!“ Alexander Zverev, mittlerweile 22 Jahre alt, im dritten Jahr in den Top 10 der Weltrangliste und damit aus sportlich professioneller Sicht kein unerfahrener Neuling mehr, hatte nach einer tennis MAGAZIN-Frage zur ausführlichen Kritik an Honorartrainer Ivan Lendl ausgeholt (fehlender Fokus im Training, vermehrtes Interesse an Golf und Hunden). Seit der Nacht zum Freitag deutscher Zeit ist Lendl nun nicht mehr länger Trainer – er ließ über gut vernetzte Reporter verlautbaren, dass er vom Zverev-Traineramt zurücktritt (lesen Sie mehr). Mittlerweile hat der Agent Lendls, Jerry Solomon, die Trennung gegenüber dem SID bestätigt.
Der Schritt darf nach Zverevs Aussagen nicht mehr verwundern. Die Trennung offenbart einmal mehr, dass die deutsche Nummer eins im zwischenmenschlichen Bereich zwei Großbaustellen hat. Sie stellt auch seine ganze, langfristige Planung auf und außerhalb des Platzes in Frage.
Zverev plant ohne Apey nur noch kurzfristig
Bereits Ende 2017 verdiente die Trennung von Coach Juan Carlos Ferrero die Bezeichnung ,Schlammschlacht‘ – öffentlich wurden gegenseitige Vorwürfe ausgetauscht. Damals war noch Manager Patricio Apey in der Verantwortung für die Nummer fünf der Welt. Er ließ das Temperament Zverevs ab und an gewähren, schien ansonsten aber alles im Griff zu haben. Apey baute Zverev, teilweise umstritten, zur Marke aus. Verträge im Wert von mehr als 20 Millionen Euro hat der Chilene für Zverev nach tennis MAGAZIN-Informationen ausgehandelt. Außerdem: Die Turnierplanung und das Umfeld schien geordnet und führte zu nachhaltigem Erfolg.
Seit Zverev in einen Rechtsstreit mit dem langjährigen Manager getreten ist, wirken Zverevs Entscheidungen mehr und mehr spontan aus dem Bauch heraus als langfristig geplant. Manche erweisen sich als Fehler (Wildcard für das Turnier in Marrakesch), andere wie die Last Minute-Zusage bei Turnierdirektor Rainer Schüttler in Genf als goldrichtig. Immerhin sprang der bislang einzige Titel 2019 dabei heraus. Langfristig durchdacht wirkte das alles nicht – auch nicht die ebenfalls sehr spät getroffene Entscheidung pro Hamburg auf Sand. Mit dem Belagwechsel vor der Hardcourtsaison in Nordamerika dürfte Fitnesstrainer Jez Green alles andere als glücklich gewesen sein.
Zverev hat an Trennung und Timing eine Mitschuld
Ein möglicher Titel in Hamburg und damit Anschub für die anstehende Nordamerika-Tour rückte nach dem Turnierdonnerstag in den Hintergrund. Denn darüber redete am Tag der Viertelfinals niemand mehr. Thema Nummer eins auf der Anlage: die Trennung von Lendl.
An der Trennung und am Zeitpunkt – mitten in der Turnierwoche – ist Zverev aufgrund seiner Kritik vor Wochenfrist mindestens beteiligt. Sein Credo, er sei immer ehrlich zu den Medienvertretern, könnte sich als Bumerang herausgestellt haben. So impulsiv wie er Tennis spielt und sich auf den Plätzen dieser Welt verhält, so lässt er sich auch zu der ein oder anderen medialen Aussage hinreißen, die nicht hilfreich ist. Das mag zum großen Teil erfrischend authentisch wirken, öffentliche Kritik am eigenen Trainer fällt eher in die Kategorie unnötig.
Denn so hat sich Zverev neben dem schwelenden Rechtsstreit mit Apey, den er im März gegenüber tennis MAGAZIN ebenfalls recht ungezwungen kundtat, die nächste mediale Baustelle aufgemacht. Angesichts der zahlreichen Nebenkriegsschauplätze kann die sportlich bisher durchwachsene Saison noch als befriedigend bezeichnet werden. Es gäbe wohl einige Spieler, die bei all den Störfaktoren außerhalb des Platzes schlechter stünden als auf Rang zehn im “Race to London“.
Zverev, Apey, Lendl – Was ist seit London passiert?
In der englischen Hauptstadt feierte das Team Zverev mit Lendl, Zverev senior und Apey Ende 2018 noch gemeinsam den größten Erfolg bei den ATP Finals. Boris Becker überraschte am Donnerstag mit der öffentlichen Aussage, dass nach dem Turniersieg beim letzten Event des Jahres „etwas zwischen Lendl und Zverev kaputtgegangen ist“. Becker ging nicht ins Detail, erklärte aber, es habe etwas mit Apey zu tun gehabt.
Nach tennis MAGAZIN-Informationen habe Apey Zverev junior schon vor der Verpflichtung Lendls darauf hingewiesen, dass es einen möglichen Konflikt zwischen zwei Trainer-Alphatieren geben könnte. Gemeint war neben Lendl Zverev senior. Der Junior aber setzte sich durch und verpflichtete Lendl.
Was nach dem Sieg beim ATP-Finale in London exakt vorgefallen ist, wissen nur die Beteiligten selbst. Sich von einem Manager trennen zu wollen, mit dem man noch bis 2023 eine Vereinbarung hat, gestaltete sich – wie sich in den Monaten darauf zeigte – als äußerst schwierig.
Zverev sucht schon länger einen Trainer
Was die Trainer-Thematik betrifft: Der Bruch mit Lendl überrascht Insider nicht. Die Familie Zverev habe sich schon während Wimbledon nach einem möglichen neuen Trainer umgesehen. Der logischste aller Nachfolger, Boris Becker, sagte am Donnerstag, dass er für so ein intensives Engagement mit 30 Reisewochen im Jahr und aufgrund seiner Verpflichtungen mit dem DTB nicht zur Verfügung stehe.
Darüber hinaus ist mittlerweile glasklar: Zverev benötigt dringend einen neuen Manager, der mit Weitblick Zverevs Belange plant. Damit sich der 22-Jährige wieder voll auf seine Karriere konzentrieren kann.New Air Jordans 1 release dates | air jordan outlet app