Andre Begemann: „Tennis ist eine Sportart für Verlierer”
Nach Beendigung der International Premiere League, die Andre Begemann gemeinsam mit seiner Frau Alessa und Spielerkollegen Julian Lenz ins Leben gerufen hat, spricht der 36-Jährige über das Konzept dahinter und Ideen, den Tennissport weiterzuentwickeln.
Woher kam die Idee die International Premiere League in Halle und Frankfurt zu veranstalten?
Als zu Zeiten des Lockdowns alle ATP- und WTA-Turniere abgesagt waren, haben Julian Lenz und ich, dank einer Sondergenehmigung zusammen trainiert. Dabei haben wir überlegt, dass wenn wir einfach unser Training aufnehmen, einen Schiedsrichter und ein Hotel in der Nähe hätten, dann wäre das schon ein kleines Turnier. Mit dem Gedankengang haben wir überlegt, was wir auf nationaler Ebene für deutsche Spieler tun können, sodass jeder wieder Fuß fassen und Matches spielen kann. Dabei wollten wir auch die einbinden, die gerade keinen Job haben und in Kurzarbeit sind, wie z.B. Schiedsrichter, Hotelbetriebe und Catering-Services. Damit wollten wir eine Win-Win-Situation auf allen Ebenen schaffen.
Begemann: „Tennis ist eine Sportart für Verlierer“
Wie sah das Konzept der IPL aus?
Wir wollten zwingend ohne KO-System spielen. Mir ging es als Spieler oft so, dass ich über 24 Stunden nach Australien gereist bin, am Montag in der ersten Runde verloren habe und nach einem Tag wieder nach Hause fliegen musste. Diese negative Energie, die in einem Turnier aufkommt, weil es am Ende der Woche nur einen Sieger gibt, wollten wir vermeiden. Denn sind wir ehrlich: Tennis ist eine Sportart für Verlierer. Das wollten wir mit dem Gruppenformat verändern. Jeder spielt gegen jeden. Alle Spieler haben mindestens fünf Matches, das letzte Match ist am Freitag beendet und die Spieler haben über das Wochenende Zeit zu regenerieren. So blieb es auch über die Woche spannend.
Was musste vorab geklärt werden?
Wir brauchten eine Location, Spieler, Equipment und Schiedsrichter. Um Verpflegung, Hospitality und Sponsoren für Preisgelder mussten wir uns kümmern. Zudem musste die rechtliche Ebene mit Blick auf die ATP und WTA abgesichert werden. Hier stellte sich die Frage: ‚Können wir als Spieler Turniere veranstalten?‘ Dann mussten der DTB und die Verbände informiert und ein Team, mit Corona-Schutzbeauftragten, Organisatoren und Event-Mitarbeitern aufgestellt werden.
Vier Wochen Vorlaufzeit vor Turnierbeginn
Wieso fiel die Wahl der Austragungsstätte auf Halle?
Als wir dieses ganze Konzept erarbeitet hatten, sind wir nach Halle gefahren, weil das mit die renommierteste Adresse in Deutschland ist. Die Infrastruktur ist hervorragend, weil alles an einem Ort ist und die Wege kurz sind: Außenplätze, Stadionplätze, Hotel. So musste niemand die Anlage verlassen.
Wie lange war die Planungszeit?
Wir haben Anfang April angefangen zu planen und wollten im Juni/Juli starten. Letzendlich sind wir nach hinten ausgewichen, weil der DTB noch seine eigene Serie veranstaltet hat. Da wir noch ein anderes Konzept mit den besten 20 deutschen Spielerinnen und Spielern umsetzen wollten, dann aber der Lockdown im Kreis Gütersloh kam und wir unser letztendliches Konzept somit spontan doch umgesetzt haben, hatten wir nur knapp vier Wochen Vorlaufzeit und konnten keine Promotion und Vorankündigungen machen. Intern wussten alle Bescheid. Aber wir wollten kein Event rausposaunen, was am Ende nicht klappt. Dadurch, dass sich die Reisebeschränkungen wieder aufgehoben haben, wurde es letztendlich dann doch zur internationalen Turnierserie.
Sie haben die Serie gemeinsam mit Julian Lenz und Ihrer Frau Alessa veranstaltet. Wer übernahm welche Rollen?
Sie waren meine Handlanger (lacht). Spaß, Julian und Ich waren das Tennis-Experten-Team, wir haben auch beide Wirtschaft und Finanzen in Amerika studiert. Meine Frau hat den Agentur-Background und ein großes Kundennetzwerk, was für die Sponsoren-Akquise wichtig war. Sie hat die Konzepte geschrieben und unsere Ideen in Präsentationen zusammengefasst.
Begemann: „Wir haben teilweise 14 bis 16 Stunden gearbeitet“
Wie sah Ihr Arbeitsalltag während der laufenden Veranstaltung aus?
Wir haben teilweise 14 bis 16 Stunden am Tag gearbeitet. Welcher Arbeitsumfang hinter so einer Veranstaltung steckt, haben wir bei Turnierbeginn gemerkt. Das Medieninteresse war größer als gedacht. Die Medienvertreter haben uns die Türen eingerannt. Da haben wir gemerkt, dass deutlich mehr Aufgaben gibt, als nur das Konzept zu entwickeln und umzusetzen, wie z.B. die Medien zu bedienen und regelmäßig zeitnah zu berichten. Nach zehn Tagen hatten wir dann einen Presseleiter, einen Journalisten und Fotografen usw. Zudem hatten wir eine Personalverantwortung von 100 bis 150 Leuten: Schiedsrichter, Ballkinder, Spieler, Helfer, Orga-Team.
Sie haben nun etwas Veranstalter-Luft geschnuppert. Wäre das auch eine Option nach der Tenniskarriere?
Definitiv. Jetzt bin ich noch aktiv, aber später möchte ich dem Tennissport verbunden bleiben und den Business-Aspekt dahinter näher kennenlernen. Als Veranstalter oder Turnierdirektor lernt man alle Seiten kennen: Die Bedürfnisse der Spieler, Partner, Sponsoren, die Finanzierung, Fans und Medien. Das sind so viele Punkte, die sich immer wieder zusammenfinden und den Tennissport, den ich seit 25 Jahren so liebe, so besonders machen. Ich arbeite jetzt auch an ein zwei anderen Projekten.
Begemann: „Jeder hat mal ganz unten angefangen“
Sie haben nun hinter die Kulissen der Veranstalter geblickt und kennen auch die Spielerseite. Hat sich Ihre Sicht auf Turniere in irgendeiner Weise verändert?
Es war interessant, aus einer anderen Perspektive auf ein Turnier zu schauen. Erstmal: Hochachtung an alle Turnierveranstalter, die mit viel Herzblut jedes Jahr aufs Neue versuchen, die Veranstaltung so gut wie möglich durchzuführen. Es ist ein riesen Aufwand und ein hohes wirtschaftliches Risiko.
Spieler haben bei Turnieren häufig eine große Erwartungshaltung. Bei meinen ersten Turnieren habe ich mich über einen Sieg gefreut, dann wurden die Preisgelder interessant, irgendwann ging es um Weltranglisten-Punkte. Später habe ich mich gefreut, wenn der Veranstalter mein Hotel gezahlt hat. Irgendwann wurde das Drei-Sterne-Hotel dann zum Fünf-Sterne-Hotel. Die Erwartungshaltung als Spieler wird mit der Zeit größer. Die Dinge, die man bei Turnieren gestellt bekommt, sollten wertgeschätzt werden und die Demut erhalten bleiben. Denn jeder hat mal ganz unten angefangen.
Begemann: „Zuschauer brauchen mehr Zugang zu den Spielern“
Was würden Sie als Veranstalter machen, um Tennisturniere wieder interessanter zu gestalten?
Aus der Spieler-Sicht ist es schwer zu sagen, dass ich es befürworte, wenn im Doppel das Format verändert wird, z.B. den Match-Tiebreak im dritten Satz und die No-Ad-Regel. Das ist als Spieler schwer zu verstehen, weil man daran gewöhnt ist. Als Veranstalter würde ich mir Gedanken machen, wie ich ein Produkt entwickeln kann, was der Zuschauer interessant findet und dabei bleibt ohne umzuschalten. Das aktuelle Format hat eine lange Tradition, dauert aber unheimlich lange und den Zuschauer über so eine lange Zeit an den Fernseher zu binden, ist schwer. Diese Tradition, die seit über 100 Jahren besteht, müsste alltagstauglicher gemacht werden. Sonst läuft man Gefahr, noch mehr Zuschauer an andere Sportarten zu verlieren, die sich ja auch verändern. Dafür müsste das Format verkürzt werden und die Zuschauer bräuchten mehr Zugang zu den Sportlern und ihren Insides, sodass sie näher am Geschehen sind.
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