Sprunggelenk beim Tennis: Wenn der Halt fehlt
Viele Tennisspieler knicken immer wieder um. Das mindert nicht nur die Freude am Spiel, sondern zerstört auf Dauer das Sprunggelenk. Ursache ist meistens eine chronische Instabilität. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser.
Text: Gabriele Hellwig
Beitragsbild: iStock
Klar, jeder knickt mal um. Vor allem beim Tennis, einem Sport mit großer Dynamik, zählt das sogenannte Umknicktrauma zu den häufigsten Sportverletzungen. Schnelle Richtungswechsel und Sprints stehen hier auf der Tagesordnung. Wie schnell kommt man da ins Stolpern und der Knöchel kippt zur Seite? Schmerzen und Schwellungen sind die Folge. Geradezu „nervtötend“ ist es jedoch, wenn das immer wieder passiert. Und das geschieht leider gar nicht so selten, wie Untersuchungen zeigen: Bis zu 40 Prozent der Patienten mit Sprunggelenksverletzungen knicken nach dem ersten Trauma immer wieder um. Wie kommt es dazu?
Beim Tennis muss das Sprunggelenk mehr leisten
Ursache ist meistens eine chronische Instabilität. Johannes Holz, Orthopäde und Sportmediziner im OrthoCentrum Hamburg und Chefarzt der Klinik Manhagen, sagt: „Das Sprunggelenk wird durch Muskeln und Sehnen, vor allem aber durch Bänder stabilisiert. Bei einer chronischen Instabilität sind die Bänder zu locker und geben dem Sprunggelenk nicht mehr genügend Halt. Im Alltag mag das vielleicht noch funktionieren, doch beim Tennis muss das Sprunggelenk mehr leisten. Sind die Bänder zu schwach, knickt der Sportler immer wieder um.“
Zusätzlich problematisch: Diese chronische Instabilität setzt eine Kaskade an Fehlbelastungen im Körper in Gang. Die Knochen werden übermäßig belastet, der Knorpel, der das Sprunggelenk wie ein „Puffer“ vor Belastungen schützen soll, nutzt sich schneller ab. Es kann zu einem Knorpel-Knochen-Schaden im Sprunggelenk kommen; medizinisch „Osteochondrosis Dissecans“ genannt.
Darunter versteht man das Absterben von Knorpel und Knochen im Sprunggelenk. Denn durch die ständige Fehlbelastung werden Knorpel und Knochen nicht mehr richtig durchblutet und somit nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt. Experte Holz warnt: „Im fortgeschrittenen Stadium lösen sich Knorpel- und Knochenanteile und wandern als sogenannte Gelenkmaus in den Gelenkinnenraum.“ Heftige Schmerzen im Sprunggelenk sind dann die häufige Folge.
Das Impingement-Syndrom im Sprunggelenk
Eine Enge im Sprunggelenk, ein sogenanntes Impingement-Syndrom, kann ebenfalls durch häufiges Umknicken entstehen. Denn der Körper versucht, sich irgendwie selbst zu helfen und verdickt Teile der Sprunggelenkkapsel – in der falschen Hoffnung, dass das Sprunggelenk dadurch stabiler wird. Mediziner unterscheiden beim Impingement-Syndrom zwischen zwei Formen: das Weichteil-Impingement sowie das knöcherne Impingement. Sportmediziner Holz erklärt: „Während bei einem Weichteil-Impingement weichteilige Strukturen eingeklemmt werden, haben sich bei einem knöchernen Impingement neue Knochen gebildet, die nunmehr eine Enge verursachen.“
Wer häufig umknickt, sollte zeitnah zum Orthopäden gehen. Eine genaue Untersuchung sowie bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder eine Kernspintomografie zeigen, welche Strukturen genau verletzt sind. Je eher die Behandlung dann beginnt, desto besser.
Stabiliserende Tapeverbände, Bandagen und Physiotherapie sind bei einer Erstverletzung mit Instabilität die erste Therapieoption. „Gestärkte und stabile Muskeln geben dem Sprunggelenk mehr Halt“, sagt Holz. Bei chronischen Verläufen mit wiederholten Umknickereignissen reicht das oft nicht mehr aus – vor allem dann nicht, wenn man weiter intensiv Tennis spielen will. Hier gilt es, die zu lockeren Bänder zu festigen. Bewährt hat sich die sogenannte Bandrekonstruktion, auch Bandplastik genannt. Dabei werden die überdehnten, losen Bänder gerafft, sodass sie wieder Stabilität geben. Sind die Bänder chronisch beschädigt oder nach mehreren Umknicktraumata gar nicht mehr vorhanden, können sie durch körpereigene Sehnen oder Knochenhauttransplantate ersetzt werden. Mittlerweile sind auch künstliche Ersatzbänder („External Braces“) im Einsatz, die der Arzt zur Stabilisierung des Sprunggelenks unterstützend einsetzen kann.
Man kann wieder wie gewohnt Tennis spielen
Beim selben Eingriff werden auch die Knorpel-Knochen-Schäden behandelt. Die Therapie der Osteochondrosis Dissecans (OD) richtet sich danach, wie stark Knorpel und Knochen beschädigt sind. Im Anfangsstadium reicht es, den OD-Herd anzubohren. Es wachsen neue Blutgefäße und der Knochen revitalisiert. Der abgenutzte Knorpel kann ebenfalls ersetzt werden. Hierfür stehen verschiedene Knorpelersatz-Verfahren wie die Mikrofrakturierung zur Verfügung: Auch hier werden haarfeine Löcher gebohrt. Knochenmarkstammzellen treten aus, die sich später in Knorpel umwandeln. „Heute wird der Defekt zusätzlich mit einem Vlies, Gel oder mit Knorpelchips aufgefüllt. Ebenso kommt die autologe Knorpelzelltransplantation zum Einsatz“, ergänzt Holz.
Ist auch Knochen zerstört, transplantieren die Ärzte Knorpelknochenzylinder. „Sind diese Verfahren erfolglos, gibt es seit Neustem eine individualisierte Miniporthese zur Behandlung dieser Defekte an der sogenannten Knorpelschulter des Sprungbeins“, erklärt Holz. Liegt gleichzeitig ein knöchernes Impingement-Syndrom vor, entfernt der Arzt überschüssiges Gewebe und trägt Knochensporne ab.
Das Gute an Bandplastik & Co: Man kann anschließend wieder wie gewohnt Tennis spielen – auch auf hohem Niveau. „Das Sprunggelenk ist nach einer Bandrekonstruktion und Knorpeltransplantation wieder sehr stabil und belastbar“, beteuert Holz.
Schutz vor dem Umknicken
Sie sind umgeknickt und alles ist nicht so schlimm? Kann ja sein, aber die beste Vorbeugung vor chronischen Instabilitäten ist, auch Bagatellverletzungen ernst zu nehmen und richtig zu behandeln. Dazu gehören bei einem akuten Umknicktrauma vor allem eine vorübergehende Ruhigstellung mit einem Tapeverband, einer Bandage oder Orthese sowie gezielte Physiotherapie. „Viele Tennisspieler fangen nach einem Umknicktrauma zu früh mit dem Training wieder an“, sagt Experte Johannes Holz. Zwar verspüre man tatsächlich häufig nach drei bis vier Wochen keine Schmerzen mehr. Aber die Bänder heilen in der Regel erst nach sechs Wochen optimal aus. Holz warnt: „Die Bänder verheilen, indem sie vernarben. Bei einem zu frühen Wiedereinstieg in den Sport wird dieser Vernarbungsprozess gestört.“ Ebenfalls wichtig zur Vorbeugung: gut sitzende Tennisschuhe, Aufwärmtraining, Stabilitätsübungen mit einem Wackelbrett und eine optimale Spieltechnik.
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