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Roger Federer: „Schlafen ist Luxus“

Herr Federer, Sie haben es wieder nicht geschafft, Rafael Nadal in Paris zu bezwingen. Ist ein Traum geplatzt?
Nein. Man kann es auch so sehen: Wenn ich gewonnen hätte, würde es nicht mehr so viele Ziele in meiner Karriere geben. Ob ich es überhaupt schaffe, bleibt jetzt offen. Ich hoffe es natürlich, und wenn es irgendwann klappen sollte, fühlt es sich vielleicht noch süßer an, als es jetzt der Fall gewesen wäre.

Nadal gewann den Titel schon dreimal, Ihnen fehlt er noch in der Sammlung. War am Ende das Mentale ausschlaggebend?
Es war eher ein physisches Match als ein mentales. Vom Kopf sind wir beide sehr stark. Abgerechnet wird dann bei der Fitness. Dass ich viele Breakchancen nicht nutzen konnte, lag auch daran, dass er der härteste Gegner auf Sand ist. Klar ist es bitter, dass ich mir so viele Chancen erspielt habe und sie nicht nutzen konnte. Wer weiß, was passiert wäre, wenn ich den ersten Satz gewonnen hätte. Aber Rafael hat verdient gewonnen. Ich kann ihm nur gratulieren.

Dennoch: Jeder schwärmt von Ihrem Tennis. Sie spielen in Dimensionen, von denen Normalsterbliche nur träumen können. Gibt es irgend etwas, das Roger Federer überhaupt nicht beherrscht?
Eiskunstlaufen. Da bin ich ganz schlecht. Ich bewege mich immer mit X-Beinen auf dem Eis, und alle lachen mich aus. Dann ärgere ich mich, weil ich es gern besser können würde.

Verraten Sie uns weitere Schwächen.
Ich würde gern ein Instrument spielen können. Als Kind habe ich Klavier und Blockflöte gelernt. Aber scheinbar fehlte mir das Talent, um weiterzumachen. Heute finde ich Gitarre und Saxophon super. Wenn ich später mehr Zeit habe, dann starte ich noch einmal einen Versuch.

Wie siehts mit Kochen aus?
Ganz schlecht. Ich habe noch nie Spaghetti gekocht, obwohl ich sie ständig esse. Sie sehen, es gibt viele Dinge, die ich nicht kann (lacht).
Aber fürs Kochen habe ich ja meine Freundin Mirka, die das super macht. Und ansonsten essen wir viel in Restaurants.

Wer kocht besser: Mirka oder die Mutter?
Sie kochen anders.

Sehr diplomatisch
Nein, wirklich. Meine Mutter kocht sehr gesund. Mirka kocht gerne Pasta. Probiert viele Soßen aus, mit leckerem Fleisch. Aber insgesamt wird leider zu wenig selbst gekocht. Auf der Tour gehen wir praktisch nur essen. Darum bin ich auch gern zu Hause. Es ist ein anderes Feeling, wenn man mit der Familie beim Essen zusammensitzt.

Was bedeutet Ihnen Luxus?
Es ist schön, ihn zu haben. Aber er ist nicht unbedingt notwendig. Luxus heißt für mich, dass ich mir eine Wohnung kaufen kann. Dass ich nicht Economy class fliegen muss. Wenn man nicht jeden Abend vor dem Schlafengehen denkt: Oh Gott, ich habe ein finanzielles Problem.

Wie stehts mit Designermode, Autos, Yachten?
Das ist Superluxus. Wenn man es sich leisten kann, warum nicht? Aber es ist nicht notwendig. Man kann auch sehr gut ohne diese Dinge auskommen.

Ist Schlafen Luxus?
Unbedingt. Zeit ist Geld. Und wenn man einen zu vollen Terminkalender hat, dann schläft man nicht genug, lebt ungesund, egal ob man reich oder arm ist.

Welche Träume hat Roger Federer?
Eine Familie zu haben, wäre ein Traum. An einem anderen Ort zu wohnen. Zum Beispiel in Rom. Ein ahr dort zu leben, wäre toll. Fürs nächste Jahr zieht man dann nach New York, Paris oder London. Mich reizen auch Orte, an denen man keinen Menschen trifft. Insofern wäre eine Weltreise ein Traum, obwohl ich ja praktisch Weltreisender bin.

Also käme erst das Reisen und dann die Familie?
Nein. Vielleicht spiele ich noch zehn Jahre Tennis. Dann bin ich 35. Zu dem Zeitpunkt möchte ich längst eine Familie haben.

Das heißt, die Familie kommt vor der Weltreise. Die nehme ich dann mit.
Wie könnte denn Ihre Familie aussehen?
Ich weiß es noch nicht. Ich bin ja noch nicht einmal verheiratet, aber das Thema rückt näher. Ich denke heute viel mehr über meine Zukunft nach als vor einem Jahr. Ich schließe meine Verträge mit Rolex und Wilson bis zum Karriereende ab, arbeite eng mit meinen Sponsoren zusammen und überlege, in welcher Rolle es nach meiner aktiven Zeit weitergehen kann. Vor einiger Zeit habe ich mich gefragt, wie lange ich Tennis spielen möchte. Dann habe ich mir eine Deadline gesetzt die Olympischen Spiele 2012 in Wimbledon. Das heißt nicht unbedingt, dass dann auf jeden Fall Schluss ist. Wenn mein Körper es zulässt, spiele ich gerne länger. Aber es war für mich gut, eine Perspektive zu haben.

Sie kassierten in Indian Wells, Miami und Rom unerwartet frühe Niederlagen. Normalerweise sind Sie es gewohnt, bis zum Finale im Turnier zu bleiben. Was haben Sie mit der vielen Freizeit angestellt?
In den USA haben mich meine Eltern besucht. Wir sind golfen gegangen. Ich hatte schon ewig nicht mehr gespielt. Ansonsten habe ich relaxt, in den Tag hineingelebt und kein Tennis gespielt. Es hat richtig gut getan.

Können Sie gut abschalten?
Da bin ich Weltmeister. Sobald ich den Tennisplatz verlasse, beginnt für mich ein anderes Leben. In Miami haben wir nach meiner Niederlage gegen Guillermo Canas neun Tage Urlaub auf den Turks and Caycos-Inseln gemacht. Ich wollte eigentlich in Miami bleiben. Dort ist es bekanntlich auch schön. Aber Mirka wollte unbedingt in die Karibik

und wenn die Freundin das möchte
Genau. Dann erfüllt man ihr den Wunsch. Zwei Freunde von uns waren auch noch dabei. Es waren
superschöne Ferien, vielleicht die
besten meines Lebens.

Wenn man erfolgreich ist wie Sie, hat man viele Freunde, auch viele falsche. Wem vertrauen Sie?
Ich muss ehrlich sagen, ich vertraue den meisten Menschen. Ich bin nicht naiv, aber ich habe nie schlechte Erfahrungen gemacht. Ich bin entspannt, rede gerne mit Leuten.
Früher war das eher ein Problem. Ich habe gespürt, dass einige von mir profitieren wollten. Das ist heute viel weniger der Fall. Allerdings ist es auch nicht mehr so einfach, an mich heranzukommen.

Ist der Golfspieler Tiger Woods ein Freund geworden?
Würde ich sagen. Wenn man abends essen geht, sich anruft, fragt, wie es dem anderen geht und sich Tipps gibt, dann kann man sicher von einer Freundschaft sprechen. Tiger ist für mich ein Supertyp. Ich finde ihn äußerst spannend als Person. Seine Erfolge sind der Wahnsinn. Und darum freut es mich, dass ich ihn kenne.

Woods war wie Sie auch Teil einer Kampagne mit dem Kosmetikhersteller Gilette. Sie sehen auf der Anzeige ziemlich cool aus. War das Shooting so ernst?

Es war klasse. Wir trafen uns zu dritt in Dubai. Dort wurde die Kampagne vorgestellt. Thierry Henry (der französische Fußball-Star, d. Red.) war auch dabei. Vor ein paar Wochen habe ich ihn in Rom wiedergetroffen. Zwei Tage waren wir zusammen. Ich finde es spannend, Leute kennenzulernen, die wie ich im Rampenlicht stehen, und mir ihre Erfahrungen anzuhören.

Es heißt, Sie lesen nicht gerne Geschichten über sich selbst.
Jein.

Sie sagten, es fiele Ihnen schwer, die vielen Lobeshymnen über Sie zu hören. Haben Sie die Story des amerikanischen Romanautors David Fos-ter Wallace gelesen?
Ja. Da war ich sehr interessiert. Er hat mich letztes Jahr in Wimbledon interviewt, und ich dachte: Das könnte ein lustiger Text werden. Er hat ganz spezielle Fragen gestellt. Darum war ich nicht überrascht, als ich die Story las. Ich wusste, sie würde völlig anders werden.

Der Autor schreibt über den Federer-Moment. Erklären Sie uns bitte, was man darunter versteht?
Das ist der Moment, auf den ich warte, während ich spiele. Die Leute glauben immer, wenn sie meine Matches sehen, der Federer haut dem Gegner die Bälle um die Ohren. Aber so ist es nicht. Auch die anderen Spieler sind sehr gut. Aber dann kommt, wenn ich Glück habe, dieser Federer-Moment. Er macht den Unterschied aus. Er entscheidet das Spiel.

Gibt es diese Momente, in denen der Ball größer erscheint, als er eigentlich ist, oder ist das ein Mythos?
Es gibt ihn wirklich. Wenn ich sehr großes Selbstvertrauen habe, fühlt sich der Platz größer an. Die Bälle sind langsamer und größer. Man hat mehr Zeit. Ich sehe in diesen Momenten schon im Voraus, wie sich der Ballwechsel entwickeln wird. Es ist, als würde man in einen Tunnel, in eine andere Sphäre eintauchen.

Haben Sie diese Momente vermisst, als Sie im Frühjahr in der amerikanischen Hartplatzsaison schwächelten?

Es ist doch gar nichts passiert. Ich habe mir jedenfalls keine Sorgen gemacht. In den letzten drei Jahren habe ich unglaublich erfolgreich gespielt. Ich hatte vor Indian Wells 46 Matches in Folge gewonnen, sechs oder sieben Turniere hintereinander. Dieses Niveau zu halten, ist sehr schwierig. Mir war klar, dass ich auch einmal ein paar Niederlagen kassieren würde. Andererseits: Ich stand im Finale von Monte Carlo und habe in Hamburg gesiegt, worüber ich mich sehr gefreut habe.
In beiden Endspielen hieß Ihr Gegner Rafael Nadal. Glauben Sie, dass diese Rivalität die nächsten Jahre andauern wird?

Es spricht eine Menge dafür. Nadal ist seit über hundert Wochen die Nummer 2. Ich bin seit über 170 Wochen die Nummer 1. Das heißt: Wir dominieren die Szene. Ich finde es unglaublich, wie konstant und auf welch einem hohen Niveau Rafael spielt. Ich war in seinem Alter längst nicht so weit. Sollte ich einmal nicht mehr an der Spitze stehen, dann hätte er es verdient, mein Nachfolger zu sein.

Es ist wahrscheinlich einmalig in der Geschichte des Tennis, dass sich Nummer eins und Nummer zwei so gut verstehen wie Sie beide. Nach der Niederlage in Hamburg sagte Nadal, wenn er schon verlieren müsste, dann wenigstens gegen Sie. Woher kommt diese Harmonie? 
Wir sind beide ziemlich relaxed und wir respektieren uns.

Sind Sie nicht zu nett zueinander?
In Hamburg war ich ja gar nicht so nett und habe ihn im dritten Satz 6:0 geschlagen.

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