Paris-Blog: Raum Nummer vier
Felix Grewe, Paris
Es gibt in Paris den Interviewraum Nummer vier. Wobei man besser von einer Kammer sprechen sollte. Schräge Wände, vier braune Sessel, die um einen flachen Tisch herum stehen. Kein Podium mit Sitzreihen, keine Mikrofone. Spartanischer gehts nicht. Für gewöhnlich werden hierhin die Spieler zu ihren Pressekonferenzen abgeschoben, für die sich ohnehin kaum ein Journalist interessiert. David Ferrer hatte im letzten Jahr nach seinem Erstrundensieg das Vergnügen, drei oder vier spanische Reporter in diesen vier Wänden zu empfangen der spätere Finalist und langjährige Top Ten-Spieler. Eigentlich verrückt.
Gestern Abend, 21:10 Uhr. Dominic Thiem erscheint zum Gespräch mit den Pressevertretern Sie ahnen schon wo. Die Organisatoren von der ITF rechneten nicht damit, dass sich mehr als eine Hand voll Journalisten für den 20-Jährigen Österreicher interessieren würden, der eine Stunde zuvor bei seiner ersten French Open-Teilnahme überhaupt Paul-Henri Mathieu in drei Sätzen auf Court zwei bezwungen hatte. Jetzt platzt die kleine Kammer sprichwörtlich aus allen Nähten. Knapp 25 Journalisten drängen sich teilweise mit eingezogenen Köpfen auf gefühlten fünf Quadratmetern, während Verlierer Mathieu den französischen Kollegen seine Niederlage nebenan im Haupt-Interviewraum erklären darf.
Aufstieg um mehr als 200 Plätze
Thiem sitzt entspannt auf einem der Sessel. Das Interesse an ihm ist auch deshalb so groß, weil der Österreicher in der zweiten Runde am Mittwoch auf Rafael Nadal treffen wird und es nicht völlig abwegig erscheint, dass Thiem den achtfachen Paris-Champion zumindest ein wenig werde ärgern können. Immerhin ist Thiem eines der aufstrebenden Talente auf der Tour. Der 20-Jährige verbesserte sich in den letzten zwölf Monaten um mehr als 200 Plätze in der Weltrangliste, steht inzwischen auf Platz 57. Im Februar kämpfte er in Rotterdam drei Sätze lang gegen Andy Murray, verlor nur knapp. Vor wenigen Wochen beim Masters1000-Turnier in Madrid gelang ihm der bisher größte Coup: Er bezwang Stanislas Wawrinka in der zweiten Runde. Sein Spiel: viel Power von der Grundlinie, eine einhändige Rückhand, die technisch ein wenig an jene von Tommy Haas erinnert und ein Aufschlag, den er häufig mit weit mehr als 200 km/h ins gegnerische Feld donnert.
Nun also der Showdown gegen Rafael Nadal. Von einer Lehrstunde, die ihn erwarten wird, spricht Thiem, der sehr bescheiden wirkt, ruhig und abgeklärt redet, sich nicht zu euphorischen Aussagen hinreißen lässt. Ob die Lehrstunde auch in einer Sensation enden könnte, möchte ein österreichischer Kollege wissen. Nein, sagt Thiem und ergänzt erst auf Nachfrage: Nicht gegen Nadal, der das Turnier achtmal gewonnen und in Paris erst einmal verloren hat. Er werde stattdessen extrem viel mitnehmen für seine hoffentlich gute Zukunft und er sei glücklich, dass ich gegen ihn in seinem Wohnzimmer spielen darf.
Leidenschaft und Liebe für den Sport
Einer, der stolz ist auf die bescheidenen Worte seines Schützlings, ist Coach Günter Bresnik. Der Österreicher, der auch Ernests Gulbis trainiert, erzählt in kleiner Runde nach der Pressekonferenz von der schweren Zeit, die Thiem hinter sich hat. Vor genau einem Jahr lag der Youngster mit einer Bakterienerkrankung des Darms im Krankenhaus, schaute die French Open damals im Fernsehen. Er spuckte lange Zeit Blut, erzählte aber nie etwas, weil er Angst hatte, nicht mehr Tennis spielen zu dürfen, erzählt Bresnik und ergänzt: Seine Leidenschaft und Liebe für diesen Sport ist außergewöhnlich. Ob er dem 20-Jährigen gegen Nadal einen Sieg zutraue? Bresnik will davon nichts hören. Er sagt: Der Spanier weiß, was auf ihn zukommt. Die Nadals beobachten Dominic schon eine Weile, Onkel Toni ist ein schlauer Bursche. Apropos Beobachten: Gestern im Match gegen Mathieu verfolgte Bresnik nur die letzten Spiele seines Schützlings. Er saß zuvor in der Box bei Ernstes Gulbis, der zeitgleich in vier Sätzen gegen Lukasz Kubot gewann. Sein scherzhafter Kommentar: Gulbis bezahlt mich, Thiem ist mein Hobby.
Zwei Dinge sind klar: Das Match von Thiem gegen Nadal wird sich Bresnik nicht entgehen lassen. Und sollte dem Außenseiter doch eine Sensation gelingen, wird seine nächste Pressekonferenz definitiv nicht in Raum vier stattfinden.
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