Paris-Blog: Viele Favoriten & ein spezielles Interview
Felix Grewe, Paris
Es gibt Dinge, auf die kann man sich in Frankreich immer verlassen. Zum Beispiel darauf, dass die Franzosen kein Englisch sprechen. Oder, dass das Frühstück hierzulande nicht zu den bevorzugten Mahlzeiten gehört, die Croissants dafür aber so gut schmecken wie nirgendwo anders auf der Welt. Und auch darauf, dass Rafael Nadal Anfang Juni die French Open gewinnt. Wer auch sonst? Nadal hat in den letzten zehn Jahren gefühlt zwölfmal den Titel in Roland Garros geholt (ja, schon klar es waren acht Siege in neun Jahren…), was sollte sich also 2014 ändern? Könnte man meinen.
Man kann es aber auch ganz anders sehen. Vielleicht ist es bei allem Respekt für die außergewöhnlichen Leistungen des Spaniers nach vielen Jahren seiner Alleinherrschaft am Bois de Boulogne (endlich?) mal an der Zeit ist für etwas Unerwartetes? Sicher zumindest scheint: Das zweite Grand Slam-Turnier des Jahres war in der Herrenkonkurrenz lange nicht mehr so offen wie in dieser Saison. Nur eines der vier Vorbereitungsturniere auf Sand gewann Nadal vor den French Open die Veranstaltung in Madrid. Und selbst diesen Titel hätte er wohl kaum gewonnen, wenn Finalgegner Kei Nishikori in den letzten eineinhalb Sätzen nicht Rücken gehabt hätte.
Die Chance für Djokovic
Nadal, so viel steht fest, spielt in dieser Saison auf Asche zumindest nicht mehr überirdisch. Und das könnte zum Beispiel für Novak Djokovic eine Chance sein, der endlich den noch letzten ihm fehlenden Grand Slam-Titel gewinnen möchte. Immerhin bezwang er Nadal nicht nur kürzlich im Finale von Rom, sondern auch zuvor in den drei letzten Begegnungen. Aber vielleicht auch für die Wawrinkas, Federers und Berdychs, oder die jungen Wilden wie Grigor Dimitrov, Kei Nishikori oder Milos Raonic.
Letzterer, der Weltranglistenneunte, war gestern übrigens schon gegen Nick Kyrgios im Einsatz. 6:3, 7:6, 6:3 siegte er auf Court Suzanne Lenglen und servierte im ganzen Match 27 Asse so viele wie noch kein anderer Spieler in diesem Jahr in einer Partie auf Sand.
Ein Treffen mit Sergiy Stakhovsky
Man kann sich an einem ersten Grand Slam-Tag aber auch mit ganz anderen Themen und Spielern beschäftigen als mit den Favoriten auf den Titel. Gerade ein Sonntag in Paris eignet sich dafür perfekt, weil viele Profis erst am Montag oder Dienstag im Einsatz sind und deshalb noch recht entspannt durch die Players Lounge schlendern. Dort bekommt man als Journalist nur Zutritt, wenn man seine Akkreditierung vorher abgibt. Man erhält im Gegenzug für eine Stunde (Bitte nicht länger!) ein orangefarbenes Badge, das man sich wie eine Blindenbinde über den Oberarm ziehen muss. Damit jeder weiß, dass man hier eigentlich nichts zu suchen hat.
Gestern am späten Nachmittag: Mit Blindenbinde gehts in den Spielerbereich unter dem Court Philippe Chatrier. Verabredung mit Sergiy Stakhovsky. Thema: Die Krise in der Ukraine. Kein einfaches Interview? Von wegen! Stakhovsky spricht gern darüber, weil es ihn bewegt, was in seinem Heimatland passiert. Die letzten Wochen und Monate waren die schwerste Zeit in meiner Karriere. Egal, wo ich war: Ich habe ständig auf dem Handy geschaut, was zuhause passiert. Er erzählt, dass er sich endlich Freiheit und Demokratie für die Ukraine wünscht, dass Vitali Klitschko kein guter Präsident wäre und er selbst nie über eine Karriere als Poliker nachdenken würde. Politik ist ein schmutziges Geschäft. Stakhovsky ist übrigens mit einer Russin verheiratet, wurde kürzlich Vater. Frau und Kind leben in Budapest. Wir diskutieren nicht viel über unsere Ansichten, sagt er. Man ahnt, dass es kompliziert ist. Das ganze Interview mit Stakhovsky lesen Sie in unserer nächsten Ausgabe, Heft 7/2014.
Zurück im Pressezentrum heißt es mit einem Augenzwinkern: Das hat jetzt aber länger gedauert als eine Stunde! Streng sind sie in Roland Garros auch darauf kann man sich verlassen.
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