Melbourne-Blog: Schwerer ist nur Karlovic
Andrej Antic, Melbourne
Man hatte ihn ja eigentlich nicht mehr auf dem Zettel – Michael Berrer, den 33-Jährigen, den 102-Kilogramm-Mann (O-Ton Berrer: „Schwerer auf der Tour ist nur Karlovic“). Vor dreieinhalb Jahren war er mal die Nummer 42. Eine Davis Cup-Nominierung steht in seiner Vita. Doppel-Finalist in Zagreb (2010/2011) war er. Aber in den letzten Jahren wurde es etwas stiller um ihn – Challenger-Turniere statt große Bühne.
Und in Melbourne? Da spielte er sich erst mal durch die Quali und sagt so Sätze wie: „Ich werde mit dem Alter immer fitter.“ Und: „Ich will, dass meine Tochter mich noch spielen sieht.“ Klingt ein bisschen nach Tommy Haas. Zumal Mia-Marie erst zwei Jahre alt ist. Da muss der Papa noch ein bisschen ran.
Warum er in Down Under so stark ist, jetzt schon vier Siege auf der Uhr hat? Er spiele geradezu befreit auf, sagt er. Vielleicht, weil er weiß, dass er nichts zu verlieren hat. Sein Psychologie-Studium, was er an der University of Phoenix nebenher macht und von der ATP gesponsort wird, ist so gut wie fertig. Im Februar gibt’s den Bachelor-Titel. Was er später macht, weiß er noch nicht. Als Sportpsychologe zu arbeiten, könnte er sich vorstellen.
Ein bisschen ist er auch sein eigener Psychologe: „Mal läuft’s besser, mal schlechter. Aber meistens läuft es im Moment gut.“ Seinem Spielstil ist Berrer treu geblieben: „Möglichst oft nach vorne stechen“, sagt er. Soll heißen: Gut aufschlagen und ans Netz. So wie nicht mehr viele spielen. Sein Erstrunden-Gegner – Michael Llodra – spielt auch so. Es war am Ende eine merkwürdige Partie am Dienstag auf Court 6. Im dritten Satz bewegte sich der Franzose so gut wie gar nicht mehr, schlug aus dem Stand auf. Schwierig war das für Berrer. Weil er nicht wusste, ob Llodra, das auf der Tour bekannte Schlitzohr, schauspielert. Aber am Ende stand fest: „Llodra war durch. Der saß noch eine Stunde später auf dem gleichen Platz in der Umkleidekabine mit Eis um den Nacken und auf den Beinen.“
Am Donnerstag spielt Berrer, der schon rund 32.700 Euro Preisgeld sicher hat, gegen Feliciano Lopez. Der gebe einem zwar keinen Rhythmus, aber wer weiß? Vielleicht geht die wundersame Reise des Michael B. ja weiter. Seinen Rückflug hat er erst für Samstag gebucht.
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