Veranstalter vom Rothenbaum-Turnier: „Der DTB hält uns seit Monaten hin“
Zoff am Hamburger Rothenbaum: Der Deutsche Tennis Bund will offenbar nicht mehr mit den derzeitigen Veranstaltern des ATP-Turniers zusammenarbeiten. Diese werfen dem Verband eine Hinhalte-Taktik vor.
Ein Bericht des Hamburger Abendblatts versetzte am Mittwoch die norddeutsche Tennisszene in Aufruhr. Das Abendblatt berichtete, dass der Deutsche Tennis Bund (DTB) als Inhaber der Turnierlizenz für das ATP-Turnier am Rothenbaum das Recht zur Veranstaltung des Turniers ab 2024 neu ausgeschrieben hat. Angeblich hätte der DTB bereits einen neuen Partner für das ATP-Event der 500er-Kategorie gefunden.
Die aktuellen Veranstalter, Turnierdirektorin Sandra Reichel und ihr Vater Peter-Michael Reichel mit ihrer Agentur MatchMaker, fühlen sich übergangen und können das Vorgehen des DTB nicht nachvollziehen. tennis MAGAZIN sprach mit Peter-Michael Reichel, der sich aktuell in Paris bei den French Open befindet.
„Wir wurden monatelang vom DTB hingehalten und bekamen dann Anfang Mai einen Anruf vom DTB, der uns aus den Socken gehauen hat, weil uns keine Vertragsverlängerung zugesichert wurde. Wir haben aber noch nichts Schriftliches vom DTB“, sagt Reichel hörbar aufgeregt via Telefon.
Für den Hintergrund: 2019 unterzeichneten die Reichels einen Fünf-Jahres-Vertrag mit dem DTB, also bis einschließlich 2023. Reichel: „Seit dem zweitem Halbjahr 2020 warten wir auf eine Aussage zur Verlängerung unseres Vertrags. Von Seiten des DTB hieß es immer, dass sei nur eine Formsache. Umso überraschter sind wir natürlich jetzt darüber, das Herrenturnier unter Umständen nicht fortsetzen zu können.“
Reichel: „Kombinierte Events will jeder“
Die Reichels forderten bewusst eine frühe Klarheit über eine Vertragsverlängerung ein, weil sie den Turnierstandort Hamburg über die Jahre zu einer Top-Adresse im internationalen Tennis ausbauen wollen. Der vorläufige Höhepunkt der von ihnen vorangetriebenen Entwicklung: Vom 16. bis 24. Juli 2022 werden Damen und Herren erstmals seit 1978 wieder gemeinsam in Hamburg aufschlagen. Ein sogenanntes „combined event“ ist in Deutschland einzigartig und auf der globalen Tour – abgesehen von den vier Grand Slam-Turnieren – ebenfalls selten.
Das Abendblatt lässt in seinem Artikel durchblicken, dass der DTB kein großes Interesse an einem „combined event“ hat. „Ein kombiniertes Damen- und Herrenturnier will jeder – die Profis, die Turniere, die Fans. Das ist das beste Produkt auf dem Markt. Wer das nicht sieht, versteht die internationale Turnierszene nicht“, entgegnet nun Reichel gegenüber tennis MAGAZIN. Kurios könnte es langfristig weitergehen, weil die Lizenz für das Hamburger Damenturnier den Reichels gehört.
Reichel: „Höchst bedauerliche Entwicklung“
Sollte der DTB für das Herrenturnier nun einer anderen Agentur den Zuschlag geben, gäbe es am Rothenbaum künftig zwei Veranstalter. „Von Seiten des DTB ist es in diesen Zeiten ein verheerendes Signal, das Herrenturnier nun vom Damenevent entkoppeln zu wollen. Das wäre eine höchst bedauerliche Entwicklung“, sagt Reichel, der gemeinsam mit seiner Tochter Sandra auch das WTA-Tunier in Linz ausrichtet.
Der DTB bemängelt zudem, dass die Hamburg European Open als einziges deutsches Profiturnier keinen Titelsponsor haben – ein Vorwurf, den Reichel nicht nachvollziehen kann. „Der DTB nimmt mehrere Millionen für die Stadionmiete und die Lizenz über die Jahre ein. Es liegt dann in unserem Risiko, die Refinanzierung zu organisieren. Und der wirtschaftliche Erfolg zeigt doch, dass wir in den letzten Jahren einen guten Weg gefunden haben“, erklärt Reichel.
Wie es in dem Zwist nun weitergeht, ist noch ungewiss. Für Reichel jedenfalls steht fest, dass der gültige Fünf-Jahres-Vertrag 2023 nicht einfach auslaufen wird. Der Grund: die beiden „Coronajahre“ 2020 und 2021, in denen die Hamburg European Open am Rothenbaum dennoch stattfanden – teils unter schwierigsten Bedingungen. „Für solche massiven Störungen, die weder vom DTB noch von uns zu verantworten sind, ist vertraglich vorgesorgt. Das waren keine regulären Turniere und diese müssten streng genommen schlichtweg nachgeholt, also drangehängt, werden“, fordert Reichel.
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