US Open: Groundhopping in Flushing Meadows
Von Tim Böseler, New York
Es geht los mit einer geballten Ladung: Petkovic, Beck und Kohlschreiber läuten den zweiten Tag der US Open mit ihren Erstrundenpartien um 11 Uhr vormittags Ortszeit parallel ein. Ihre Courts liegen dicht beieinander, so dass man hin und her wechseln kann. Dachte ich mir. Aber nach dem zweiten Rundgang verabschiede ich mich von dem Plan. Zu mühsam. Die Anlage ist schon zu voll. Ich bleibe bei Petkovic auf Court 13. Kohlschreiber spielt gegen einen 17-jährigen Ami namens Collin Altamarino, der sich als Sieger bei den U18-Meisterschaften des amerikanischen Tennisverbandes eine Wildcard erspielte hatte und noch nicht in der ATP-Weltrangliste geführt wird. Beim Warm-Up dachte ich, Kohlschreiber würde sich mit einem Balljungen einschlagen. Aber es war schon sein Gegner. Das kann er nicht verlieren. Mir reichen die flüchtigen Eindrücke. Annika Becks Gegnerin Elena Vesnina erlebt gerade die beste Phase ihrer Karriere und gewinnt den ersten Satz schnell mit 6:1. Das wird hart für Beck.
Petkovic also. Sie startet stark, führt 2:0. Aber Jovanovski, die manchmal die Lichter ausschießt mit ihren extrem druckvollen, aber auch fehleranfälligen Schlägen, hat einen guten Tag erwischt. Wenig Fehler, aber mächtig Zug im Arm. Petkovic verkrampft plötzlich, verliert den ersten 2:6. Sie trifft viele Bälle schlecht, sie landen im Zaun. Petkovic hadert mit sich. Bei 1:2 im zweiten Durchgang ist sie kurz davor ihren Schläger zu zerhacken. „Nein, nicht Andy“, ruft ihr Vater Zoran von der Tribüne aus zu. Zusammen mit Fed Cup-Chefin Barbara Rittner und Coach Peter Popovic feuert er seine Tochter an. Petkovic kämpft sich wieder ins Match, wirkt zum Ende des zweiten Satzes wieder gefestigt. Blöd nur, dass Jovanovski nicht nachlässt. Sie liegt 4:2, dann 5:3 vorne. Petkovic wehrt noch fünf Matchbälle ab, spielt dabei fast wieder so gut wie zu Matchbeginn, aber es reicht nicht. Sie verliert 2:6, 4:6. Die US Open-App (WLAN ist auf der Anlage kostenfrei verfügbar) zeigt das an, womit zu rechnen war: Kohli locker durch, Beck geht 1:6, 1:6 unter.
Görges mit der 12. Niederlage in Runde 1
Weiter zum Grandstand, drittgrößter Court der Anlage. Julia Görges gegen Christina McHale. Auf dem Weg steht Papa Petkovic. Und? Sehr enttäuscht? „Ne, geht. Andy ist noch nicht soweit. Ihr Niveau ist noch zu schwankend. Aber die Saison ist ok für sie. Top 50 sind doch gut nach der Verletzung.“ Petkos Tendenz zeigt in der Tat nach oben trotzt der Pleite. Bei Julia Görges ist es andersherum. Schon elf Erstrundenpleiten in diesem Jahr. Immerhin: McHale kommt auf zehn, da muss doch etwas gehen. Görges spielt ordentlich mit, macht aber in vielen engen Situationen zu leichte Fehler. Am Ende sind es 33 „unforced errors“, der letzte unterläuft ihr beim Matchball, als sie einen Stopp spielen will 4:6, 3:6. Zwölfte Niederlage in Runde eins.
Schnell zum Medienzentrum. Petkovic gibt ihre Pressekonferenz. In dem kleinen Raum sitzt ein verheulter und schluchzender Haufen Elend. „Es ist so frustrierend und enttäuschend“, wimmert „Petko“. „Ich dachte, dass ich hier etwas erreichen kann. Und dann erwische ich so einen Tag.“
Wieder raus zu den Courts. Philipp Petzschner gegen den US-Boy Jack Sock. Tiebreak im ersten Satz. Sock, ein Andy Roddick-Klon mit krachendem Aufschlag, Power-Vorhand und eher durchschnittlicher Rückhand, macht ausgerechnet mit seinem schwachen Schlag zwei tolle Punkte – 7:2. „Petzsche“ erholt sich davon, gewinnt den zweiten Satz 6:3, aber im dritten Durchgang lässt er sich plötzlich behandeln. Wieder die Schulter. Sie macht ihm schon in der ganzen Saison zu schaffen. Bei 2:5 gibt er auf, es geht nicht mehr.
Jetzt ist auch Tommy Haas im Einsatz gegen Paul-Henri Mathieu und liegt schon komfortabel in Führung. Satzführung, im zweiten Durchgang mit Break vorne. Dann ein kurzer Wackler. Der Franzose hat Breakball, kann zurück ins Match kommen, greift an und wird dann von Haas mit einer Rückhand, die auf der Linie landet, passiert. Wenig später ist Haas in der zweiten Runde, 6:4, 6:4, 6:1. Haas steht übrigens zum 16. Mal im Hauptfeld der US Open. Kein anderer Profi, der 2013 am Start ist, trat schon so oft in New York an. „Ja, ist schon schön, aber das war nie ein Karriereziel von mir“, kommentiert Haas später seinen Rekord.
Mayer spielt aggressiv und konstant
Verdammt, jetzt ist mir Mona Barthel durch die Lappen gegangen. Das fällt mir aber erst auf, als ich bei Florian Mayer vorbeischaue. Barthel führt, Mayer auch ich bleibe beim Flo. Barthel sorgt für den ersten Sieg einer deutschen Dame am zweiten Turniertag, 6:1, 6:4 gegen Johanna Larsson. Mayer spielt ziemlich aggressiv und konstant gegen Juan Monaco, an 28 gesetzt, und holt sich die beiden ersten Sätze.Der Argentinier wirkt plötzlich nicht mehr ganz fit. Mitte des dritten Durchgangs gibt er auf.
Am Abend stehen noch die Partien von Tobias Kamke (vs. Johnson) und Benjamin Becker (vs. Rosol) an. Ich gebe zu: Beide Matches verfolge ich nur am Bildschirm. Im Pressezentrum gibt es für jeden Journalisten einen eigenen Fernseher. Auch die Matches auf den kleineren Courts sind dort zu sehen. Beide nehmen die erste Hürde in vier Sätzen. Becker muss jetzt gegen Djokovic spielen das wird ganz hart. Für Kamke geht es gegen Istomin das ist eine gute Chance.
So, und jetzt in Ruhe die Nightsession genießen. Mit einer Deutschen. Dinah Pfizenmaier gegen die Nummer 2 der Welt, Victoria Azarenka. Es ist ein Match, das zeigt, wie brutal Tennis machmal sein kann. Pfizenmaier ist in vielen Ballwechseln gut drin, spielt „Vika“ manchmal grossartig aus, macht sogar einen Winner mehr (15 zu 14) und bekommt eine 0:6, 0:6-Klatsche.
Fazit vom zweiten Tag: von den elf Deutschen kamen 6 durch ganz ordentlich.
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