Mail aus Paris Toni sucht den Superstar
Felix Grewe aus Paris
Regenpausen bei den French Open so wie gestern können ziemlich ätzend sein. Der Weg vom Pressezentrum über die Anlage dauert bei miesem Wetter gefühlt so lange wie ein Spaziergang vom Eiffelturm zum fünf Kilometer entfernten Stade Roland Garros. Überall drängen sich die Fans unter den wenigen Dächern, schubsen und fluchen. Unter dem Court Philippe Chatrier, dort wo sich auch das Pressezentrum befindet, quetschen sich Menschenmassen in einen Gang ein Verlassen des Journalistenbereichs ist fast unmöglich. Und da auf den Courts bei diesen Bedingungen bis zum Mittag ohnehin nichts passiert, ist man als Schreiber dankbar für jede Geschichte abseits des Tagesgeschehens.
Zum Beispiel für eine Pressekonferenz mit Toni Nadal in einem noblen Hotel auf der Champs-Élysées. Dort präsentierte der berühmteste Onkel der Tennisszene gestern Vormittag gemeinsam mit Edwin Weindorfer, Turnierdirektor des Mercedes Cups in Stuttgart und Manager von Tommy Haas, eine Idee, die das Problem eines fehlenden Nachwuchsstars im deutschen Herrentennis endlich lösen soll ein Casting für unentdeckte Talente. Ja, Sie haben richtig verstanden: Onkel Toni macht uns ab sofort den Dieter Bohlen! Wir haben schließlich lange genug auf einen neuen Boris Becker gewartet. So lange, dass Señor Nadal auf Mallorca das Jammern der Deutschen über fehlende Helden satt hat und die Suche nach aufstrebenden Youngsters jetzt für uns in die Hand nimmt.
Der Superstar soll Wimbledon gewinnen
The Making of a Wimbledon Champion heißt das Projekt. Klar, die Ziele müssen hoch sein. Onkel Toni will einen Weltstar finden, einen, der es ganz nach oben schafft. Deutsche Durchschnittsprofis dümpeln schließlich genügend auf der Tour herum. Außerdem greift Toni Nadal immer nach dem Höchsten. Als Rafa mit dem Tennisspielen anfing, wollte ich, dass er eines Tages in Wimbledon gewinnt, erzählt er in passablem Deutsch. Bekanntlich hat sein Neffe das wichtigste Turnier der Welt sogar schon zweimal gewonnen Toni muss also wissen, wie es funktioniert.
Das Konzept für TSDS (Toni sucht den Superstar) haben sich Stuttgart-Macher Weindorfer und Peer Zebergs, Projektleiter des Mercedes Cups und früherer CEO der ATP Europe, ausgedacht. Es soll folgendermaßen ablaufen: Ambitionierte Jungs zwischen 16 und 18 Jahren produzieren bis Mitte Juni ein Video ihres Spiels. Die Jury, zu der neben Nadal auch Andrea Petkovic und Tommy Haas gehören, begutachtet die Aufnahmen und wählt 32 Talente aus. Diese werden im Juli nach Stuttgart zum Mercedes Cup eingeladen zum Recall quasi. Dass Nadal senior dort unbegabte Kandidaten in Bohlen-Manier zusammen faltet, kann man sich nicht vorstellen. Dafür ist er zu nett, der Onkel Toni.
Trainingslager auf Mallorca
Aber er wird einen Tag lang am Court sitzen und die Bewerber in allen wichtigen Bereichen testen: Technik, Taktik, Ballgefühl, Koordination und Kondition. Die besten Vier spielen am Finalwochenende den Sieger aus. Der Hauptgewinn: eine Wildcard für den Mercedes Cup 2015, wenn das Turnier seine Premiere auf Rasen feiert. Der angehende Wimbledon-Champion soll sich mit dem grünen Geläuf schließlich früh vertraut machen. In der Zwischenzeit wird er finanziell von Sponsoren unterstützt und trainiert eine Woche als Sparringspartner von Rafael Nadal natürlich unter der Aufsicht von Onkel Toni auf Mallorca. Dort allerdings auf Sand, denn Rasenplätze sind auf den Balearen so verbreitet, wie Wasserfälle in der Sahara. Das ist egal, sagt Toni Nadal. Ein Wimbledon-Champion muss auf jedem Belag spielen können. Recht hat er! Wenn es gut läuft, verspricht der Starcoach, werden wir die Trainingswoche wiederholen. Klingt ziemlich simpel, das Rezept für einen neuen deutschen Wimbledon-Sieger!
Eine alte Liebe in Deutschland
Warum dem 52-Jährigen Nadal ausgerechnet der deutsche Nachwuchs am Herzen liegt? Wir haben auf Mallorca eine gute Beziehung zu euch Deutschen, sagt Nadal und lacht. Dann erzählt er die Anekdote von seiner Ex-Freundin aus Cuxhaven, von der er schon im Interview mit tennis MAGAZIN (Ausgabe 1/2-2013) sprach. Noch eine Verbindung also, die er zu Deutschland hat. Eines ist Nadal allerdings wichtig: Seine große Entdeckung sollte sich bei der Entwicklung zum Weltklassespieler so lange Zeit lassen, bis Rafaels Karriere beendet ist. Wir haben mit den anderen schon genug zu tun, sagt er und grinst.
Ob es sich beim großen Tennis-Casting wirklich um die rettende Innovation handelt oder doch um den Flop des Jahres eines ist die Aktion in jedem Fall: eine nette PR für den Mercedes Cup in Stuttgart. Und vielleicht baggert man dort ja auch an einer Verpflichtung von Rafael Nadal für die kommenden Jahre. Ein guter Draht zu Onkel Toni würde dafür nicht schaden…
Falls Sie mehr über die Aktion erfahren wollen, oder einen Sohn haben, der sich berufen fühlen könnte: auf www.toninadal-champion.mercedescup.de gibt es alle Infos!
Tag 1: Groundtickets für 200 Euro!
Tag 2: Auftritte der Außenseiter
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