Pro & Contra: Ist Nick Kyrgios gut für die Tour?
Kein anderer Profi polarisiert so stark wie Nick Kyrgios: Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn. In der tennis MAGAZIN-Redaktion ist das nicht anders. Wir haben uns die Frage gestellt, ob Nick Kyrgios gut für die Tour und damit auch für das globale Tennis ist. tM-Redakteur Christian-Albrecht Barschel verneint diese Frage, Kollege Tim Böseler hingegen bejaht sie – ein Pro und Contra zu Nick Kyrgios.
CONTRA KYRGIOS: unreif, unreflektiert, unsportlich
Lange habe ich Nick Kyrgios verteidigt und gesagt, dass er dem Tennissport gut tut. Doch mittlerweile geht er mir mit seiner Art nur noch auf die Nerven: unreif, unreflektiert, unsportlich. 27 Jahre ist Kyrgios nun alt. Man müsste meinen, dass mittlerweile ein gewisser Lerneffekt eingesetzt hat. Doch weit gefehlt. Es sind immer die anderen Schuld. Er selbst ist über jeden Zweifel erhaben, so lässt er es jedenfalls immer durchblicken bei seinem Schimpftiraden gegen Schieds-und Linienrichter, Medien, Zuschauer – und auch gegen die eigene Box.
Was besonders schlimm ist: Er hält sich nicht an das, was er bei anderen einfordert. In Wimbledon echauffierte sich Kyrgios über einen Ausraster von Stefanos Tsitsipas, als dieser beim Ballwegschlagen beinahe einen Zuschauer traf. Er forderte die Disqualifikation. Seine eigenen Ausraster, als er beispielsweise dieses Jahr in Indian Wells mit einem Schlägerwurf beinahe ein Ballkind traf, sind hingegen nur halb so schlimm. Immer wieder äußerte er sich abfällig über Spielerkollegen wie Novak Djokovic, Dominic Thiem, Casper Ruud und Pablo Carreno Busta. Sportsgeist sieht anders aus. Wagt man es hingegen, ihn zu kritisieren, reagiert er aggressiv.
Sandplatztennis ist für ihn kein richtiges Tennis. Warum? Weil er es einfach nicht kann. Wie Pippi Langstrumpf macht sich Kyrgios die Welt, wie sie ihm gefällt. Und machen wir uns nichts vor: Die Leute schauen die Matches von Kyrgios größtenteils nicht wegen seiner unberechenbaren Spielweise, die auch mich häufig mitreißt, sondern wegen seiner Ausraster, die es nahezu in jedem seiner Matches gibt. Kyrgios ist nur ein netter Farbtupfer für den Tennissport, mehr aber auch nicht.
Christian-Albrecht Barschel
PRO KYRGIOS: Ein Geschenk für den Tennissport
Meine Söhne sind keine Tennisfans. Sie spielen lieber Fußball oder Basketball. Wenn ich Tennis im TV schaue, stöhnen sie laut auf: „Oh ne, das ist voll langweilig!“ Es gibt allerdings eine Ausnahme: Sobald Nick Kyrgios zu sehen ist, gucken sie mit. Den finden sie „so cool“ und „total lässig“. Nun drängt sich die Frage auf: Was läuft denn da schief bei uns? Tja, das frage ich mich auch manchmal, aber ich kann die Jungs gut verstehen.
Nick Kyrgios ist ein Geschenk für den Tennissport. Er erschließt Zielgruppen, die sich niemals für Tennis interessiert hätten, würde es nicht ihn mit seinen Zauberschlägen, seinen Schimpftiraden und seiner Coolness geben. Wie kein anderer Profi verkörpert Kyrgios eine Unvorhersehbarkeit in seinem Wesen und in seinem Spiel, die einen unwiderstehlichen Reiz auslöst, ihm unbedingt weiter zusehen zu müssen. Man könnte ja den nächsten Aufschlag von unten oder die nächste Verbalattacke verpassen.
Mir ist klar, dass nicht alles, was er auf dem Platz und außerhalb davon anstellt, dem entspricht, was man sich als Vorbild für seine Kinder vorstellt. Doch das ist einen Schritt zu weit gedacht. Die Kids sehen in Kyrgios nicht automatisch ein Idol, dem es nachzueifern gilt. Sie fühlen sich nur bestens von ihm unterhalten. Und da geht es mir genauso. Sein Mix aus überragenden Tennis-Fähigkeiten und besten Entertainment-Qualitäten packt mich genauso wie meine Söhne. Und wenn er dann noch solche Leistungen wie in Wimbledon abruft, kann ich nachvollziehen, dass man nicht unbedingt Tennis-Fan, aber Kyrgios-Anhänger wird.
Ach ja, mein ältester Sohn wollte nach dem Wimbledon-Finale unbedingt mit mir Tennis spielen – zum ersten Mal in diesem Jahr!
Tim Böseler
Mehr zu Nick Kyrgios gibt es im aktuellen Heft:
nike air jordan 1 outlet | Jordan CP3.XII Multi Color AQ3744 900 Release Date 2