TENNIS-FRA-GER-FED-CUP

Mail aus Limoges: „Elf Freunde müsst ihr sein“

von Felix Grewe aus Limoges

Fußballer bringen es oft auf den Punkt. Sepp Herberger zum Beispiel, der Trainer beim Wunder von Bern, der 1954 so weise formulierte: Elf Freunde müsst ihr sein. Oder Andreas Brehme, der einst feststellte: Hast du Sch… am Schuh, hast du sie am Schuh.
Was das mit Tennis zu tun hat? In diesen Tagen von Limoges eine ganze Menge.
Gestern, Samstag, etwa 10 Uhr: Barbara Rittner betritt die Halle im Palais des Sports. Die letzte Trainingseinheit steht an. Das Gesicht der Teamchefin ist blass, auf dem Kopf trägt sie eine schwarze Mütze. Rittner schaut müde aus. Ich komme euch lieber nicht zu nahe, ruft sie den deutschen Journalisten zu. Magen-Darm-Probleme!
Die Seuche im Team

Dann sickert durch: Nicht nur die Teamchefin ist angeschlagen, fast die ganze Mannschaft hat es richtig übel erwischt. Julia Görges, die tagelang kaum trainieren konnte; Sabine Lisicki, die nach ihrem Finale in Pattaya erst am Dienstag zum Team dazu stieß und sich nahtlos in das Krankenlazarett einreihte; Annika Beck, die 18-Jährige Debütantin, die Mitte der Woche mit 39 Grad Fieber im Bett lag und am Freitag noch kaum ein Wort sprechen konnte; Konditionstrainer Mike Diehl; die Physiotherapeutin; Mitarbeiter aus der DTB-Geschäftsstelle, die in Limoges die Mannschaft unterstützen. Der Super-Gau und ein Fehlstart scheint programmiert.
Starke Nerven, starker Wille

Acht Stunden später: Deutschland führt nach zwei Einzeln mit 2:0. Für den neutralen Zuschauer erwartungsgemäß. Für das gebeutelte Team, die Betreuer und zugegeben auch die Journalisten vor Ort nach den Eindrücken vom Morgen alles andere als selbstverständlich. Rittner jubelt: So ein Ergebnis nach dem ersten Tag ist ein Traum! Und es ist verdient. Weil Sabine Lisicki gegen Pauline Parmentier in den wichtigen Momenten die Nerven behielt, sich nicht von den 3.500 frenetischen französischen Fans aus der Ruhe bringen ließ und wenn auch mit Höhen und Tiefen 7:5, 7:5 siegte. Und weil Julia Görges beim 6:3, 7:6 gegen Kristina Mladenovic beeindruckend kämpfte gegen ihre Gegnerin, aber vor allem, ebenso wie Lisicki, gegen ihren geschwächten Körper.

SMS von Kerber und Petkovic

Bei einem normalen Turnier, so erzählte die 24-Jährige später, wäre sie in ihrem Zustand wohl gar nicht angetreten. Aber ein Fed Cup-Duell das spürt man in Limoges wieder einmal ist etwas Besonderes für alle Beteiligten. Untereinander versteht man sich blendend. Die verletzten Angelique Kerber und Andrea Petkovic stehen im ständigen SMS-Kontakt mit der Mannschaft. Und als Görges ihren Matchball verwandelte, sprangen Freunde, Begleiter und Betreuer des deutschen Teams auf, jubelten, fielen sich in die Arme. Mittendrin Oliver Quante, Ex-Pressesprecher des DTB, der erst im November letzten Jahres vom Präsidium entlassen wurde und auf Einladung der Mannschaft nach Limoges reiste. Er trug für Sabine Lisicki die Tasche auf den Court, feuerte die Spielerinnen an, begleitete sie hinter den Kulissen und saß während der Matches in der gleichen Loge wie sein Amtsnachfolger Jens-Peter Hecht. Pikant? Ein wenig. Überraschend? Definitiv. Allerdings: Für die deutsche Mannschaft ist dieser besondere Teamgeist möglicherweise mit ausschlaggebend dafür, dass sie gegen Frankreich nach dem ersten Tag mit 2:0 führt und heute die Chance hat, schon im ersten Einzel des Tages (Julia Görges vs. Alize Cornet, ab 13 Uhr live bei ran.de) alles klarzumachen  trotz Grippe-Seuche. Manchmal bleibt der Mist am Schuh eben doch nicht kleben.
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