Australian Open: Kohlmann über die Chancen der Deutschen
Am 16. Januar starten die Australian Open 2023 in Melbourne. Je fünf deutsche Herren und fünf deutsche Damen haben es ins Hauptfeld geschafft. Gemeinsam mit tennis MAGAZIN analysiert Michael Kohlmann die Chancen der Deutschen für die ersten Runden.
Als Teamchef der deutschen Davis Cup-Mannschaft reiste Michael Kohlmann mit nach Melbourne, wo am kommenden Montag die Australian Open starten. Vor Ort hat der 49-Jährige sowohl ein Auge auf die deutschen Davis Cup-Spieler als auch auf die deutschen Damen. Er berichtet von seinen ersten Eindrücken aus Australien und nimmt die Deutschen und ihre Gegner genauer unter die Lupe.
Was den Spielern vermehrt aufgefallen wäre, sei die Schnelligkeit der Courts. „Die Plätze wirken sehr schnell. Teilweise gibt es Unterschiede“, so Kohlmann. „Die Hauptplätze sind definitiv langsamer“, sagt er. Er erklärt, dass es gerade für die Spieler, die nicht so hoch im Ranking stehen, etwas schwieriger sei, weil sie nie wissen auf welchen Plätzen ihre Matches angesetzt sind. Die Topgesetzten hätten den Vorteil, dass sie immer auf den großen Courts spielen und immer das Gleiche erwarten könnten.
Im Großen und Ganzen empfindet Kohlmann die Auslosung für die Deutschen als „okay“. „Ich bin froh, dass wir in der ersten Runde nicht wieder ein deutsches Duell haben. Davon gab es in der Quali schon zwei“, sagt er.
Yannick Hanfmann (Q) vs. Rinky Hijikata (WC)
Gleich zweimal traf Hanfmann (ATP 128) in der Qualifikation auf einen Landsmann: in der ersten Runde auf Maximilian Marterer, der verletzt aufgeben musste. Im Quali-Finale bezwang der 31-Jährige Peter Gojowczyk mit 6:2, 6:2. „Yannick hat bisher eine gute Leistung gezeigt, hat das echt gut gemacht“, so Kohlmann. Sein Erstrunden-Gegner ist der australische Wildcard-Inhaber Rinky Hijikata, der aktuell auf Rang 169 der Weltrangliste steht. „Klar, in Australien gegen einen Australier zu spielen, ist nicht so leicht. Die können da immer mal über sich hinauswachsen“, weiß Kohlmann. „Für Yannick ist es aber mit Sicherheit erstmal angenehm, nicht gegen einen Deutschen zu spielen.“
Wie 2022 qualifiziert sich @YannickHanfmann fürs MD in Melbourne! Letztes Jahr schlug er dort erst Kokkinakis und verlor dann gegen den späteren Champion Nadal #AusOpen https://t.co/wGfxQY1qhQ
— tennis MAGAZIN (@tennismagazin) January 12, 2023
Jan-Lennard Struff (Q) vs. Tommy Paul
Jan-Lennard Struff (ATP 167) spielte sich souverän durch die Qualifikation, gewann alle drei Matches in zwei Sätzen. Vorab trat er noch bei einem Challenger-Turnier in Canberra an. „Struffi ist gut in die Saison gestartet, hat in Canberra Halbfinale gespielt und einige Matches gewonnen“, so Kohlmann. Sein Erstrunden-Gegner ist der US-Amerikaner Tommy Paul, der aktuell an Weltranglisten-Platz 35 steht. „Auch wenn sie in der Rangliste weit auseinander stehen, glaube ich, dass es ein Match auf Augenhöhe sein wird“, schätzt Kohlmann. „In der Quali ist er sehr gut in die Matches gestartet und musste auch mal ein, zwei kniffelige Situationen lösen“, sagt der Teamchef. „Struff hat sich für dieses Jahr viel vorgenommen. Und auch 2022 hat er beim Davis Cup echt viele gute Ergebnisse erzielt.“ Für das deutsche Team konnte der 32-Jährige vier Siege einfahren, unter anderem gegen den Top-20-Spieler Denis Shapovalov in Málaga.
Überzeugende Qualifikation von @Struffitennis: 6:0 Sätze, nicht mehr als 4 Spiele pro Durchgang abgegeben. Zuletzt schlug er Tristan Schoolkate 🇦🇺 6:1, 6:4. Er steht neben Zverev, Otte, Altmaier und Hanfmann (auch über Quali) als 5. deutscher Spieler im MD von Melbourne. #AusOpen
— tennis MAGAZIN (@tennismagazin) January 12, 2023
Kohlmann: „Ein harter Brocken“
Daniel Altmaier vs. Frances Tiafoe (16)
Aktuell belegt Daniel Altmaier Platz 91 im ATP-Ranking. Ende 2022 stand er zweimal in einem Challenger-Finale und ein weiteres Mal in einem Halbfinale – jeweils auf Sand. Sein Gegner Tiafoe steht unter den Top 20 (Rang 17), seine aktuelle Bestmarke. Vor Beginn der Australian Open trat Tiafoe beim United Cup an und gewann fünf Matches für sein Team, das später den Wettbewerb gewann. „Daniel hat mit Tiafoe einen echten Brocken erwischt“, weiß auch Kohlmann.
Oscar Otte vs. Juncheng Shang (Q)
Ottes Gegner in der ersten Runde ist der 17-jährige Qualifikant Jungcheng Shang. „Das ist ein ganz junger Chinese, der sehr gut ist. Er lebt und trainiert in den USA, ist hier mit dem ehemaligen Coach von Kei Nishikori, Dante Bottini. Shang ist Linkshänder, ein großes Talent. Auch als Qualifikant hat er viel von sich hören lassen, gute Matches gespielt. Er ist mit Sicherheit ein gefährlicher Gegner“, sagt Kohlmann. „Wenn Oscar ordentlich spielt, ist er für einen so jungen Spieler ein unangenehmer Gegner. Er kann ihn schlagen.“ Otte und Shang trennen derzeit noch über 100 Weltranglisten-Plätze.
Kohlmann: „Zverev kann gut reinkommen“
Alexander Zverev (12) vs. Juan Pablo Varillas (Q)
Sieben Monate nach seinem Bänderriss bei den French Open bestritt Alexander Zverev beim United seine ersten Matches. Beide verlor der 25-Jährige deutlich in zwei Sätzen. Er haderte vor allem mit seinem Aufschlag. „Alexander lebt von seiner Physis und bewegt sich für seine Größe unglaublich gut. Wenn man eine Fußverletzung hat, gerade ein Bänderriss, fängt man an, sich Gedanken zu machen, wie man den Fuß aufsetzen kann, ob was passiert. Kann ich auf Hartplatz schon wieder rutschen?“, erklärt Kohlmann. „Es braucht am Anfang ein bisschen Zeit, bis man diese Gedanken im Match nicht mehr hat. Aber mein Eindruck von ihm ist positiv. Er ist gut drauf, hat hier gut trainiert. Der nächste Sieg wird im helfen“, so der 49-Jährige. „Ob er tatsächlich so weit ist, dass er hier in Richtung der zweiten Woche spielt, wird man sehen.“
Über den Erstrunden-Gegner, Lucky Loser Juan Pablo Varillas aus Peru, weiß Kohlmann, dass er ein Sandplatzspieler ist. „Mit ihm wird Zverev in die Rally kommen, Rhythmus kriegen und einige Bälle schlagen. Er wird ihn nicht wegschießen. Ich glaube, von der Auslosung her, kann Zverev gut reinkommen.“
Eva Lys (Q) vs. Cristina Bucsa (Q)
Auch wenn Kohlmann Teamchef der deutschen Herren ist, hat er auch einen Blick auf die Damen geworfen. So ist ihm beispielsweise aufgefallen, wie Eva Lys sich in der Qualifikation präsentiert hat. „Eva hat das hier super gemacht. Das Quali-Finale war, wie die anderen, ein tolles Match. Sie ist sehr erfrischend, spielt frech drauf los und ist immer mutig“, sagt Kohlmann über die 21-Jährige. „Ich hoffe, dass sie ihre Lockerheit beibehält und vielleicht noch die eine oder andere Runde gewinnt.“ In der ersten Runde trifft Lys, aktuell auf Ranglistenplatz 127, ebenfalls auf eine Qualifikantin. Cristina Bucsa, 25 Jahre alt, aus Spanien, steht knapp 40 Plätze hinter Lys in der Weltrangliste. Zuletzt erreichte Bucsa beim WTA 125 Turnier in Andorra das Halbfinale.
Eva Lys 🇩🇪 is through to the final round of qualifying, beating Alexandra Cadanțu-Ignatik 6-4 6-1
Fun fact: it's Eva's 21st birthday tomorrow!#AusOpen • #AO2023 pic.twitter.com/q6YYS8a9xB
— #AusOpen (@AustralianOpen) January 11, 2023
Kohlmann: „Von einer Verletzung hat man nichts gesehen“
Jule Niemeier vs. Iga Swiatek (1)
„So eine Auslosung wünscht sich niemand bei einem Grand Slam in der ersten Runde“, muss Kohlmann zugeben. Gegen die Topgesetzte und dreimalige Grand Slam-Siegerin Swiatek anzutreten, ist keine einfache Aufgabe für die 23-jährige Niemeier, die aktuell auf Rang 68 im WTA-Ranking steht. Aber: Niemeier erreichte bei den US Open 2022 die vierte Runde und spielte auch hier gegen Swiatek. Sie knüpfte der Weltranglistenersten einen Satz ab, musste sich dann aber geschlagen geben (Ergebnis: 6:2, 4:6, 0:6). Vor den Australian Open spielte trat Swiatek beim United Cup an, gewann drei Matches, kassierte aber gegen Jessica Pegula aus den USA eine klare Niederlage. Anschließend brach sie überraschend in Tränen aus.
Tamara Korpatsch vs. Emma Raducanu
Tamara Korpatsch, 27 Jahre alt, aktuell Nummer 74 der Weltrangliste, beendete ihr Jahr 2022 recht erfolgreich. In Budapest gewann sie das WTA 125 Turnier, beim ITF-Turnier in Valencia erreichte sie das Halbfinale, in Madrid das Endspiel. Ihre Erstrundengegnerin Emma Raducanu kennt Korpatsch auch bereits. Im April traf sie beim Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart auf die Britin. Das Ergebnis: 0:6, 6:2, 1:6. „Ich habe mitbekommen, dass Raducanu angeschlagen war“, erzählt Kohlmann. Sie sei beim WTA-Turnier in Auckland umgeknickt. „Ich habe sie hier zweimal trainieren gesehen, da hat man davon aber nichts gemerkt“, so der Coach. Mit einem neuen Trainer an ihrer Seite möchte Raducanu aber nun nach einer langen Durststrecke an den US Open-Erfolg von 2021 anknüpfen. Aktuell wird sie von Belinda Bencics Ex-Coach Sebastian Sachs betreut. „Raducanu ist ein großer Name, aber von den Ergebnissen der letzten Monate ist der Name größer als das, was auf dem Platz passiert. Das kann ich aber natürlich nur aus der Entfernung betrachten“, sagt Kohlmann.
Laura Siegemund vs. Lucia Bronzetti
Lucia Bronzetti (WTA 50) aus Italien ist die Erstrunden-Gegnerin von Laura Siegemund. Nach langer Verletzungspause ist Siegemund mittlerweile wieder voll im Einsatz. Zwar musste sie beim United Cup zwei Niederlagen einstecken, ihre männlichen Teamkameraden waren dennoch begeistert von ihrem Spiel. „Sie hat sehr ordentlich gespielt, haben Sascha und Oscar erzählt“, so Kohlmann. „Vom Namen her würde ich sagen, dass sie eine Chance hat.“ Bronzetti, 24, erreichte mit dem italienischen Team das United Cup-Finale und erzielte drei Siege in fünf Matches. Und auch das Jahr 2022 beendete die Top-50-Spielerin mit guten Ergebnissen: Finale beim WTA 125-Turnier in Vancouver und Halbfinale beim 125er-Event in Limoges, Frankreich.
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Tatjana Maria vs. Lucrezia Stefanini (Q)
Völlig überraschend stand die 35-Jährige und zweifache Mutter Tatjana Maria im Rampenlicht in Wimbledon 2022. Mit ihrem unangenehmen Slice kämpfte sie sich bis ins Halbfinale und brachte viele Gegnerinnen aus dem Konzept. Obwohl es in Wimbledon keine Weltranglisten-Punkte gab, schaffte sie wieder den Sprung in die Top 100, unter anderem mit einem WTA-250-Sieg in Bogota. Marias Erstrunden-Gegnerin, die 24-jährige Lucrezia Stefanini, belegt aktuell Rang 141 im WTA-Ranking. Sie kämpfte sich über die Quali ins Hauptfeld, wo sie im Finale von der Aufgabe ihrer Gegnerin profitierte. Für Stefanini ist es das erste Mal, dass sie das Hauptfeld eines Majors erreicht.cheap air jordan 11 | cheap air jordan 1 – pollen