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Nadal und die Zeitenwende

Der Haupt-Pressekonferenz-Saal bei den Australian Open ist so groß wie ein Kino, mit nach oben ansteigenden blauen Sitzreihen. Voll ist das Auditorium selten. Denn die Interview-Statements werden von dort aus auch live auf die Bildschirme der Journalisten im riesigen Medienzentrum gesendet. Doch als am heutigen Mittwoch das Kommen von Rafael Nadal angekündigt wird, da springen fast alle Journalisten von ihren Plätzen auf und laufen ein Stockwerk hoch in den Pressekonferenz-Saal. Sie wollen Nadal nicht nur hören. Sie wollen ihn live sehen, jede Regung erkennen und deuten.

Sein verletzungsbedingtes Drei-Satz-Aus gegen Mackenzie McDonald war mehr als nur eine Niederlage. Nadal war Titelverteidiger bei den Australian Open. Nun verweigerte ihm in der 2. Turnierrunde sein Körper wieder mal die Gefolgschaft. Wie in den vergangenen Jahren schon so oft. Wie zum Beispiel auch vor dem Halbfinale in Wimbledon 2022. Im Vorjahr hat Nadal nur 47 Partien bestritten. Wenig Masse, nicht immer Klasse.

Nadal ist 36 Jahre alt. Er hat die Rekord-Anzahl von 22 Grand-Slam-Titeln erspielt. Sein Geist will nicht aufhören. Sein Körper – so scheint es – will es schon.

Als gegen McDonald im zweiten Satz die Hüftverletzung auftritt, da weint Nadals Ehefrau Xisca auf der Tribüne der Rod-Laver-Arena. Nicht jede sich anbahnende Niederlage rührt sofort zu Tränen.

Diese Tränen zeigen jedoch die Bedeutung der Situation. Für Nadal geht es in den letzten Jahren fast nur noch darum, irgendwie seine Karriere, seine Siegesliste zu verlängern. „Ich liebe, was ich tue“, sagt er dazu. Klingt lapidar. Ist es nicht. Denn er sagt auch: „Das Wort ‚wenn‘, das mag ich nicht. ‚Wenn‘ ergibt keinen Sinn, nicht im Sport und nicht im Leben.“ Dieses „wenn-ich-nicht-so-oft-verletzt-wäre“-ist ein Lamentier-Mantra, dem sich Nadal verweigert. Das ehrt ihn.

Aber wie lange noch? Vor dem Start der Australian Open haben die Zverev-Brüder Alexander und Mischa im Ansatz angedeutet, dass sie sich Nadals Karriere-Ende nach den French Open 2023 vorstellen könnten. Das hat Nadal nicht gefallen.

Aber seine immer öfter auftretenden Verletzungspausen und die damit einher gehenden mühseligen Comeback-Kraftakte sind ein Kampf gegen den Lauf der Zeit. Nadal wird ihn auf Dauer nicht gewinnen können.

Als Roger Federer im vergangenen Jahr zurücktrat, da hatte Rafael Nadal Tränen in den Augen. So wie nun Nadals Ehefrau Xisca. Tränen mit Bedeutung. Weil sie andeuten, dass etwas Großes zum Ende kommt. Dem Tennis steht eine Zeitenwende bevor. Nadal ist – auch wenn er es noch nicht offiziell kundtut – auf Abschiedstournee. Zugegeben, wie lange diese dauert, das ist noch nicht raus.

Novak Djokovic, der den Grand-Slam-Rekord von Nadal in Melbourne einstellen kann, wird auch nicht mehr ewig weiterspielen. Eine neue Garde wird nachrücken. So wie es einst nach einem Borg, McEnroe, Lendl oder Sampras war. Es ist der Lauf der Zeit.

Als Rafael Nadal das Auditorium in Melbourne betrat, da spielte leise im Hintergrund der Schnulzen-Klassiker „Valerie“ von Steve Winwood. Darin beteuert ein verliebter Mann. „I’m the same boy I used to be.” Übersetzt: “Ich bin der gleiche Junge, der ich immer war.“

Als Nadal zum Sprechen ansetzte, da verstummte die Musik. Richtig so. Auch er liebt noch, was er tut. Auch er kämpft um die Fortsetzung dieser Liebe. Aber er ist eben nicht mehr der Junge, der er mal war.men’s jordan 1 release date | CaribbeanpoultryShops – The UK’s No 1 Sports Retailer