Thiem: „Fand es hart, Siege zu genießen“
2020 war Dominic Thiem US Open-Sieger und die Nummer drei der Welt. Nun kämpft der Österreicher darum, zurück an die Weltspitze zu kommen. Thiem gibt Einblicke in seine Denkweise.
Der US Open-Sieg gegen Alexander Zverev 2020 war der Karriere-Höhepunkt von Dominic Thiem. Zu dem Zeitpunkt war er zwar schon fester Bestandteil der Top Ten. Aber mit seinem ersten Major-Sieg belegte er wieder Platz drei im ATP-Ranking. Viele Tennisexperten und -fans gingen davon aus, es sei erst der Anfang einer einzigartigen Karriere für den Österreicher. Doch es kam anders. Denn der US Open-Titel war der letzte Turniersieg, den Thiem bis heute einfahren konnte. Lediglich das Halbfinale in Madrid erreichte er noch, bevor er seine Saison im Juni 2021 vorzeitig in Mallorca wegen einer Handgelenksverletzung beenden musste.
Sein Comeback 2022 lief dann alles andere als geplant: acht Erstrunden-Niederlagen und der Sturz aus den Top 100 im Mai 2022 nach über acht Jahren. Aber es schien, als hätte Dominic Thiem es gebraucht, dass die Aufmerksamkeit von ihm abfällt und er aus dem direkten Sichtfeld, also den Top 100, verschwindet. Denn ab der zweiten Jahreshälfte folgten ganz anschauliche Ergebnisse für den 29-Jährigen: Viertelfinale in Bastad (250er-Turnier), Halbfinale in Gstaad (250er), Viertelfinale in Kitzbühel (250er), Finale in Rennes (Challenger-Turnier) und Halbfinale in Gijon und Antwerpen (je 250er). Nun steht Thiem mit Rang 96 wieder unter den besten 100 Spielern der Welt.
Bei den Australian Open Ende Januar traf er gleich in der ersten Runde auf den an fünf gesetzten Andrey Rublev und verlor in drei Sätzen. Bei den Davis Cup-Qualifiers, wo Österreich auf Kroatien traf, verlor Thiem beide Matches gegen Borna Gojo und Borna Coric in je zwei Sätzen.
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Thiem: „Arbeite daran, das Feuer wieder voll zu entfachen“
Im Interview mit Der STANDARD sprach Thiem nun über seinen Weg zurück an die Weltspitze und wie er das meistern möchte. Dass der 29-Jährige aktuell nicht mehr Favorit auf die großen Titel ist, störe ihn erstmal nicht. „Mir ist am wichtigsten, dass die Entwicklung passt“, sagt Thiem. „Natürlich wäre ein richtiger Durchbruch wieder schön, sogar sensationell. Auf der anderen Seite sehe ich, dass ich noch ein Stückerl davon entfernt bin“, schätzt er seine aktuelle Verfassung ein. „Dann denke ich daran, dass ich derjenige war, der vor drei Jahren gegen einen Novak Djokovic in Hochform im Finale knapp in fünf Sätzen verloren hat. Das war unglaublich, was ich geleistet und wie gut ich gespielt habe. Ich muss ehrlich zu mir selbst sein: Ich bin Realist genug zu wissen, dass ich nicht in der Situation bin im Moment. Ich arbeite daran, wieder auf meine hundert Prozent zu kommen, das Feuer wieder voll zu entfachen.“
Angesprochen auf seine Verletzung, unter der Thiem beim Australian Open-Match gegen Rublev litt und weshalb er das Match dennoch zu Ende spielte, argumentierte der Österreicher: „Es ist eine Frage des Respekts vor dem Gegner. Nicht w. o. zu geben ist eine Ehrensache. Ich will nur aufgeben, wenn es wirklich gar nicht mehr geht.“
Thiem: „Versuche davon wegzukommen, eine Maschine zu sein“
Dass Thiem aktuell weit von der Weltspitze entfernt ist, sieht er aber gelassen. Sein Ziel ist es, Spaß an seinem Beruf zu haben. „Ich versuche, davon wegzukommen, eine Maschine zu sein. Nicht mehr stundenlang trainieren, ohne über irgendetwas nachzudenken. Ich versuche, die schönen Dinge mehr zu genießen. Für mich sind das schöne Schläge oder gute Punkte. Aber das ist bei Weitem nicht leicht“, gibt er zu.
Genauso sieht er auch, dass sein US Open-Triumph vielleicht der Höhepunkt seiner Karriere war, aber es gar nicht so einfach sei, diese Phasen glücklich zu erleben. Er erklärt: „Es ist eigentlich eine harte Phase, wenn man erfolgreich ist. Spaß macht es nicht wirklich. Ich fand es immer schwierig, Siege richtig zu genießen.“ Seine mentale Verfassung vergleicht er mit dem Australian Open-Triumph von Novak Djokovic, der später weinend in seinem Team zusammengebrochen ist: „In Melbourne konnte man nach dem Finale sehen, wie Novak Djokovic unter Anspannung stand und es förmlich aus ihm herausgebrochen ist.“
Ob Thiem den Anschluss bei den großen Turnieren nochmal finden wird, wird man in den nächsten Wochen und Monaten sehen. Zunächst wird die ehemalige Nummer drei der Welt bei den Events in Südamerika antreten. In Buenos Aires steht er dank einer Wildcard im Hauptfeld. Beim ATP-500er-Event in Rio de Janeiro nutzt er sein Protected Ranking, um in der Hauptkonkurrenz anzutreten.
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