Wunderkind Mirra Andreeva: Niederlage gegen den 1145. der Herren-Weltrangliste
Beim Exhibition-Turnier im französischen Bourg-de-Péage kam es zu einem ungewöhnlichen Match: Die 16-jährige Newcomerin Mirra Andreeva trat gegen den französischen Nobody Yanis Ghazouani Durand an – und verlor.
Es ist in jeder Tennis-Bubble immer wieder ein spannendes Gedankenexperiment: Wie schlägt sich wohl eine Topspielerin der WTA-Tour gegen einen durchschnittlichen ATP-Profi? Bei den meisten Tennis-Stammtischen geht die Meinung klar in die Richtung, dass selbst kaum bekannte Spieler der ATP-Tour gegen die Damen gewinnen würden.
Im französischen Bourg-de-Péage trafen nun bei einem Exhibition-Turnier tatsächlich eine Top-Spielerin der WTA-Tour und ein eher unbekannter ATP-Profi aufeinander. Geplant war das „Geschlechter-Duell“ ursprünglich nicht. Eigentlich sollte die russische Nachwuchsspielerin Mirra Andreeva, die 2023 auf der WTA-Tour ihren Durchbruch schaffte und aktuell auf Position 57 in der Damen-Weltrangliste steht, im Frauenfinale der Veranstaltung gegen Marta Kostuyk aus der Ukraine antreten. Doch Kostyuk entschied sich offenbar kurzfristig, nicht gegen die erst 16-jährige Andreeva auflaufen zu wollen.
Mirra Andreeva nicht gegen Marta Kostuyk – sondern gegen Yanis Ghazouani-Durand
Hintergrund ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kostyuk hatte auf der WTA-Tour nach Matches gegen Russinnen stets den Handschlag am Netz verweigert – genauso wie viele andere tennisspielende Ukrainerinnen auch. „Aus Gründen, die nicht in unserer Macht liegen, und angesichts der geopolitischen Lage in der Ukraine, wird Marta Kostyuk nicht zu unserem diesjährigen Damenendspiel antreten“, teilten die Veranstalter via Facebook mit.
Offenbar traf sie die Entscheidung von Kostyuk ziemlich unvorbereitet. Denn eine Ersatzspielerin ließ sich in der Kürze der Zeit nicht mehr organisieren. Weil ein Match am Sonntagvormittag aber vor ausverkauftem Haus stattfinden sollte, einigten sich die Organisatoren mit Andreeva darauf, dass sie eine Partie mit Lokalmatador Yanis Ghazouani-Durand bestreiten sollte. Ghazouani-Durand war als Sparringspartner für die Profis vor Ort und musste nun also selbst ran.
Der 23-Jährige ist aktuell die Nummer 1146 der Herren-Weltrangliste und bestritt 2023 sechs kleinere ITF-Turniere. Sein bestes Ergebnis: Beim ITF-25.000er in Mühlhausen im November kam er ins Viertelfinale. Zum Vergleich: Seine Gegnerin stand 2023 als Qualifikantin bei ihrem ersten Auftritt in Wimbledon im Achtelfinale und wurde jüngst von der WTA-Tour zur „Newcomerin des Jahres“ ausgezeichnet. Am Ende aber gewann Ghazouani-Durand die Partie gegen Andreeva mit 7:5, 6:2. Für Yanis Ghazouani-Durand war es ein verrückter Tag: „Ich war gerade dabei, Crepes zu backen, als mir gesagt wurde, dass ich gegen Mirra Andreeva spiele!“
Bourg de Peage BOTS (supposedly WS) F: Y. Ghazouani Durand d. M. Andreeva 7-5, 6-2. pic.twitter.com/I1JFnNxaGh
— eretzsportmed6 🎥 (@eretzsportmed6) December 17, 2023
Wieso Mirra Andreeva gegen Yanis Ghazouani-Durand spielte
Mittlerweile sickerten weitere Details durch, wie es zu diesem ungewöhnlichen Match „Frau gegen Mann“ kommen konnte. Der lokale Journalist Xavier Coffin, Sohn von Clubpräsidentin und Turnierdirektorin Emmanuelle Coffin sowie selbst im Organisationsteam des Events tätig, rekonstruierte auf X (vormals Twittre) den „Fall Kostyuk“. Demnach rutschte Kostyuk erst kurzfristig ins Feld, weil Profikollegin Donna Vekic aufgrund von Schulterschmerzen abgesagt hatte.
A lire sur l’affaire Kostyuk !
Pour mettre les choses au clair, nous n’en voulons aucunement à Marta et nous serons ravis de la réinviter dans le futur ! https://t.co/rDydwNxkqp
— Négométal Open de Bourg-de-Péage (@OpenTCBDP) December 17, 2023
Ursprünglich hatte sich Kostyuk dazu bereit erklärt, auf den Platz zu gehen, wohl wissend, dass sie auf die Siegerin zwischen Mirra Andreeva und Varvara Gracheva, einer gebürtigen Russin, die erst vor einigen Monaten die französische Staatsbürgerschaft angenommen hat, treffen würde. Allerdings stellte die Ukrainerin von Beginn an klar, dass sie ihrer Gegnerin nach dem Match nicht die Hand schütteln würde. Dann jedoch teilte sie am Sonntagmorgen den Veranstaltern mit, dass sie gar nicht erst auf antreten würde, weil sie in den sozialen Netzwerken stark unter Druck gesetzt worden war. In welcher Form genau wurde nicht weiter konkretisiert.