Tennisball

@ Imago/Michael Weber

Frust im Bällebad

Mit welchen Bällen gespielt wird, entscheiden auf Profilevel die Turniere selbst. Was nun zur berechtigten Kritik der Profis führt. Auch auf Medenspielniveau sind viele Akteure unzufrieden mit den Verbändsbällen – keine runde Sache für die Sandplatzgötter.

Wo dem Laien alle ­Tennisbälle, abgesehen vom Markenaufdruck, absolut identisch erscheinen (gelb, filzig und – um den Duktus der Wettermeldung zu bemühen – eben „tennisballgroß“), weiß der dem Tennissport zugeneigte Leser des vorliegenden Fachmagazins natürlich, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Mit voller Absicht lassen die diversen Ballhersteller, obschon die komplette weltweite Ballpopulation eigentlich markenübergreifend aus nur einer Handvoll asiatischer Fertigungsstätten stammt, diverse Filzkugelmodelle mit unterschiedlicher Materialbeschaffenheit und daraus folgend deutlich unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften fertigen. Die dann im Wochentakt bei den verschiedenen Profiturnieren bunt durchgewechselt werden.

Denn die ATP vermarktet und monetarisiert zwar einen „offiziellen Tour-Ball“, hat sich aber absurderweise ein Regelwerk gegeben, in dessen Rahmen sie dieses Spielgerät bei nur genau einem Turnier pro Jahr auch zwingend vorschreiben kann: bei ihren Finals in Turin. Das Bällchen-Wechsel-dich-Spielchen führt zu Umstellungsschwierigkeiten und Verletzungsanfälligkeit bei den Profis, die sich mittlerweile ganz massiv über diesen Zustand beschweren. Dass sie Gehör finden und kurzfristig Abhilfe per „Einheitsball“ geschaffen wird, dafür stehen die Chancen aber eher schlecht, wenn man sich ansieht, wie die ATP mit anderen Profi-Baustellen wie dem überladenen Tour-Kalender umgeht, der die Spieler elf Monate im Jahr in nicht rational erklärbaren Pirouetten über verschiedene Kontinente und Platzbeläge hetzt. Oder mit Ansetzungen, die mittlerweile ganz regelmäßig dazu führen, dass Turniertage aufgrund des Timings die Datumsgrenzen überschreiten und irgendwann tief in der Nacht enden. Die ATP ist dem Namen nach zwar ein Zusammenschluss der Spieler, in der Entscheidungsfindung aber auffallend oft dazu geneigt, die Interessen der Veranstalter höher zu bewerten.

Ballqualität immer ein heißes Thema

Über die Kritik am ständigen Wechselspiel hinaus regt sich in Profikreisen zunehmend auch solche hinsichtlich der grundsätzlichen Qualität der Filzkugeln, womit wir dann auch den Sprung in die hochgradig amateurhaften spielerischen Niederungen der Sandplatzgötter geschafft hätten. Denn auch auf deutschen Medenspielplätzen ist die Ballqualität immer wieder ein heißes Thema, wenn auch mit gleich mehrfach anderen Vorzeichen als im Profibereich, weil wir fürs Bälle schlagen nicht bezahlt werden, sondern Bälle bezahlen müssen, die Ballmarke über die Saison hinweg immer gleich bleibt und der Ball im Mannschaftstennis eigentlich erst so richtig gefordert wird, wenn sein Pendant beim Profiturnier längst nach einigen wenigen Aufschlagspielen in den Frühruhestand geschickt wurde.

Bei erstaunlich vielen Spielerinnen und Spielern in Deutschland gibt es in den letzten Jahren ein subjektives Empfinden. Nämlich: Während der Preis für das Spielgerät (zumindest wenn man auf die vorgeschriebenen Wettkampfbälle zurückgreifen muss) in Sphären vorgedrungen ist, bei denen man nur vermuten kann, dass die gelbe Färbung durch eine Mischung aus Goldstaub und Safran zustande kommt, ist das Leben der Filzkugeln mittlerweile oft erstaunlich kurz bemessen und die Bälle hauchen ebendieses in Form ihres Innendrucks frühzeitig größtenteils oder gar komplett aus. Weit vor ihrer Zeit wohlgemerkt, also bevor das abschließende Doppel beendet ist.

Bevor der eine oder andere Leser sich jetzt komplett bestätigt fühlt und die nächste Online-Petition auf den Weg bringt, die den eigenen Landesverband zum Wechsel der Ballmarke drängen soll, geben wir allerdings zu bedenken: Ein Grundgesetz der Ball-Bewertung ist nun mal auch, dass der eigene Wettkampfball für viele Rezensenten genauso lange die schlechteste aller Möglichkeiten in Bezug auf Spiel- und Haltbarkeit ist, bis er dann durch die Marke aus dem Nachbarverband ersetzt wird. Trotz der Form des Spielgeräts ist es also gar nicht so einfach, aus dem Thema „Bälle“ für jeden eine runde Sache zu machen.