Tennis Madrid: Großes Favoriten-Scheitern – wer holt den Titel?
Durch das Ausscheiden von Carlos Alcaraz wird es beim Masters in Madrid definitiv einen neuen Champion bei den Herren geben. Auch ein weiterer Favorit ist nicht mehr im Turnier dabei.
Es dauerte nur knapp 24 Stunden und das Turnier von Madrid war quasi auf den Kopf gestellt: Zunächst verlor Rafael Nadal im Achtelfinale gegen Jiri Lehecka. Für den fünffachen Sieger war es das letzte Spiel bei den Mutua Madrid Open und auch das vermutlich letzte Match seiner Karriere in Spanien. Am nächsten Tag wollte Titelverteidiger Carlos Alcaraz den nächsten Schritt zum dritten Triumph in Folge gehen. Gegen einen zuletzt kriselnden Andrey Rublev wirkte der Spanier aber über weite Strecken müde und verlor schließlich in drei Sätzen. Nur wenig später wurde bekannt, dass Jannik Sinner sein Viertelfinale gegen Felix Auger-Aliassime nicht werde spielen können. Über Social Media teilte der 22-Jährige mit, dass ihn eine Hüftverletzung schon seit Beginn des Turniers plage.
Very sad to have to withdraw from my next match here in Madrid. My hip has been bothering me this week and has slowly been getting more painful. Taking the advice from the doctors we decided it’s best to not play further and make it worse. pic.twitter.com/QJX9WVA4Np
— Jannik Sinner (@janniksin) May 1, 2024
Neuer Turniersieger in Madrid
So verlor das Turnier in der spanischen Hauptstadt binnen kürzester Zeit die zwei Topfavoriten und mit Nadal einen Altmeister, dem man auf Sand immer noch gute Ergebnisse zutrauen muss. Doch nicht nur das. Durch das Ausscheiden der beiden Spanier verbleibt kein vorheriger Champion im Feld. Es wird also definitiv einen neuen Sieger in Madrid geben. Bei den übrigen Spielern lässt sich jedoch nur schwer ein Favorit ausmachen.
Mit Daniil Medevedev hat es nun auch den letzten Top drei Spieler erwischt. Der Russe musste sein Viertelfinale gegen Nadal-Bezwinger Lehecka nach dem ersten Satz verletzungsbedingt aufgeben. Somit spielt der Tscheche im Halbfinale der Außenseiter gegen Felix Auger-Aliassime. Das zweite Halbfinale bestreiten Andrey Rublev und Taylor Fritz. Rublev ist gerade auf dem Weg, wieder aus dem Formloch der letzten Wochen herauszuklettern. Seit seiner Disqualifikation in Dubai Ende Februar gewann er nur ein Spiel (gegen Andy Murray in Indian Wells). Gegen Alcaraz gelang ihm nun nach vier Niederlagen am Stück wieder ein überzeugender Sieg. Dass er auf Sand durchaus gefährlich ist, bewies er spätestens im letzten Jahr, wo er sich in Monte Carlo seinen ersten Masters-Titel holte.
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Mit Taylor Fritz hat er einen Gegner, der in den letzten zwei Wochen mit guten Leistungen auf Sand überraschte. In München verlor er erst im Finale gegen Jan-Lennard Struff. Wie viele seiner Landsleute bevorzugt der Kalifornier eigentlich eher Hartplätze. Jetzt steht er erneut im Halbfinale und will seinen zweiten Masters-Triumph nach Indian Wells 2022 holen.
Tennis Madrid: Die Außenseiter Auger-Aliassime und Lehecka
Klare Außenseiter im Rennen um die Trophäe sind Jiri Lehecka und Felix Auger-Aliassime. Letzterer profitierte vom Rückzug Sinners und steht somit kampflos im Halbfinale. Sein erstes bei einem 1000er-Turnier seit Paris-Bercy 2022. Auch Lehecka profitierte von einer Verletzung seines Gegners und steht nach der Aufgabe von Medvedev in seinem ersten Masters-Halbfinale. Erst vor wenigen Wochen hatte er in Indian Wells sein erstes Viertelfinale auf diesem Level erreicht.
Schaut man sich die übrigen Spieler einmal an, dürfte Rublev als leichter Favorit in die Halbfinals gehen. Von den vier übrigen Spielern konnte er im bisherigen Turnier die besten Leistungen abrufen und ist auch der stärkste von ihnen auf Sand. Gerade nach dem überzeugenden Sieg gegen Alcaraz dürfte er sich gute Chancen auf den Titel ausrechnen. Fritz wird versuchen, seine aktuell starke Form auf der roten Asche aufrecht zu erhalten und in sein zweites Masters-Finale einzuziehen. Doch auch die zwei Außenseiter Lehecka und Auger-Aliassime sind nicht zu unterschätzen. Der Tscheche schlug immerhin Sandplatzkönig Rafael Nadal, während der Kanadier mit Casper Ruud den Finalisten von Monte Carlo und Gewinner in Barcelona ausschaltete. Einer von beiden wird in Madrid definitiv zum ersten Mal in das Endspiel bei einem 1000er-Event einziehen.
Tennis Madrid: Was ist mit den Favoriten los?
Die Situation in Madrid passt ins bisherige Bild einer bizarren Sandplatzsaison. Besonders bei den Topstars konnte bisher niemand konstante Leistungen abrufen. Die Nummer eins der Welt Novak Djokovic erreichte zwar das Halbfinale von Monte Carlo, zog dann aber seine Teilnahme für Madrid aus nicht-medizinischen Gründen zurück. Nach der Trennung von seinem Coach Goran Ivanisevic, verkündete er in dieser Woche auch das Aus für seinen langjährigen Fitnesscoach Marco Panichi. Im Team des Serben herrscht also gerade mächtig Aufbruchstimmung. Der „Djoker“ bleibt in 2024 weiterhin ohne Titelgewinn.
Carlos Alcaraz kommt auf Sand bisher auch nicht in Tritt. In Monte Carlo musste er kurzfristig wegen einer Verletzung am Unterarm passen. Auch beim anschließenden Turnier in Barcelona konnte er nicht zur Titelverteidigung antreten. In Madrid wollte er dann seinen dritten Titel in Folge holen. Anfangs noch mit ansprechenden Leistungen, sprang er bereits im Achtelfinale nur knapp einer Niederlage gegen den formstarken Jan-Lennard Struff von der Schippe. Gegen Rublev war dann eine Runde später Schluss, hier wirkte der Spanier auch deutlich erschöpft. Auch im Herzen Spaniens spielte Alcaraz noch mit einem „Kompressionsärmel“. Das die Verletzung alles andere als auskuriert ist, bestätigte sich jetzt. Der Wimbledon-Sieger hat seine Teilnahme für das letzte Sandplatzmasters in Rom abgesagt.
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Für den Überflieger des Jahres, Jannik Sinner, wäre es eigentlich die ideale Möglichkeit gewesen, wichtige Punkte im Rennen, um den ersten Platz in der Weltrangliste zu sammeln. Zumal Djokovic ausfällt und er selbst nur wenige Punkte zu verteidigen hat. Auch seine bisherigen Leistungen auf Sand waren deutlichen ansprechender als noch in der Vergangenheit. Ob die Hüftverletzung langwieriger sein wird steht noch nicht fest.
Zverev, Tsitsipas & Ruud geben Rätsel auf
Drei weitere Kandidaten sind Deutschlands Nummer eins Alexander Zverev, Stefanos Tsitsipas und Casper Ruud. Zverev, auf Sandplatz eigentlich immer mit soliden Leistungen, kommt bisher nicht in Form. In Monte Carlo war gegen Tsitsipas im Achtelfinale Endstation und in München verlor er seine zweite Partie gegen den außerhalb der Top 100 stehenden Christian Garin. Madrid war in der Vergangenheit häufig der Wendepunkt. Dort war er bereits zweimal siegreich und erreichte ein weiteres Finale. Nicht jedoch in diesem Jahr. Im Achtelfinale kegelte ihn Francisco Cerundolo aus dem Turnier. Ausbaufähige Ergebnisse auf Sand also.
Das lässt sich über Tsitsipas und Ruud nicht sagen. Die beiden dominierten die ersten zwei Wochen der Sandplatzsaison. Sie spielten jeweils das Finale von Monte Carlo und Barcelona gegeneinander. In Monaco gewann der Grieche, in Katalonien der Norweger. Umso fragwürdiger sind jetzt ihre Leistungen in Madrid. Tsitsipas verlor sein Auftaktmatch gegen den Qualifikanten Thiago Monteiro. Ruud konnte seine ersten zwei Begegnungen zwar noch gewinnen, scheiterte dann aber an Felix Auger-Aliassime. Einen Spieler, der aktuell nicht in Bestform ist und seine besten Ergebnisse eher auf Hartplätzen erzielt.
Ab nächster Woche steht dann in Rom die letzte große Generalprobe für die French Open an. Die Topstars werden dort versuchen wieder in die Spur zu finden. Vorausgesetz sie treten an. Alcaraz hat seine Teilnahme bereits zurückgezogen. Ob Jannik Sinner und Daniil Medvedev nach ihrem verletzungsbedingten Ausscheiden in Madrid an den Start gehen werden, ist noch offen. Bei Novak Djokovic ist dieser Tage auch mit allem zu rechnen. Bei ihm kann man sich einer Teilnahme fast nur sicher sein, wenn er dann wirklich auf dem Platz steht. Stand jetzt ist die Frage wer in Roland Garros erfolgreich sein wird, wohl so offen wie seit langem nicht mehr. Einen klaren Favoriten auszumachen ähnelt schon fast Wahrsagerei.