Top Ten: Die heftigsten Ausraster im Tennis
Tennismatches werden immer wieder von kuriosen Zwischenfällen, Ausrastern oder gar Disqualifikationen begleitet. tennis MAGAZIN zeigt das Beste aus den drei Kategorien. Teil zwei: die Top Ten der heftigsten Ausraster auf der Tennistour.
Wenn es mal nicht so läuft wie gewollt, gehören Aggressionen oft zum Standardwerkzeug der Frustbewältigung. Gerade im Sport, einer hoch emotionalen Angelegenheit, kocht die Enttäuschung gerne mal über. Beim Tennis kann man sich durchaus die Frage stellen, ob es in solchen Situationen von Vorteil ist, ein Spielgerät wie den Schläger in der Hand zu haben. Nur bei den vier Grand Slam-Turnieren gab es zwischen 1998 und 2018 insgesamt 749 Verwarnungen wegen Schlägermissbrauchs. Wegen hörbarer Obszönitäten mit 484 die zweitmeisten. Abermals sind es auch hier wieder die Herren der Schöpfung, bei denen die Sicherungen öfter mal durchbrennen, als bei ihren weiblichen Gegenparts.
John McEnroe, Wimbledon 1981
Den Start macht der bekannteste Ausraster der Tennisgeschichte. John McEnroe spielte in der ersten Runde von Wimbledon gegen seinen Landsmann Tom Gullikson. Einen Aufschlag McEnroes sah der Schiedsrichter im Aus, was der damals 22-Jährige nicht wahrhaben wollte. Erst beschwerte er sich, dass man deutlich staubende Kreide erkennen konnte, bevor er den Referee mit den berühmten Worten „You cannot be serious!“ anblaffte. Infolgedessen kam es auch zu Diskussionen mit dem Supervisor. Letztendlich gewann McEnroe das Match und später auch das gesamte Turnier. Sein erster Titel in Wimbledon. Aber mal im Ernst: Selbst mit der Videoqualität der 80er sollte eigentlich jeder erkennen, dass tatsächlich Kreide hochflog und der Ball somit im Feld war.
Marcos Baghdatis, Australian Open 2012
Ein Königreich für einen Schlägermissbrauch. Mehrere Spielgeräte während eines gesamten Matches zu malträtieren ist heutzutage schon fast keine Seltenheit mehr. Vier Rackets während eines einzigen Seitenwechsel dagegen schon. Ein Kunststück, welches Marcos Baghdatis 2012 bei den Australian Open vollbrachte. In der zweiten Runde steuerte der Zypriot gegen Stan Wawrinka auf eine Niederlage zu, als er sich beim Seitenwechsel einen Schläger nach dem anderen aus seiner Tasche nahm und diese auf dem Boden zerschmetterte. Die Plastikverpackung hatte er gar nicht erst entfernt.
Serena Williams 1.0, US Open 2009
Einen der bekanntesten Ausraster leistete sich Serena Williams 2009. Bei den US Open stand sie im Halbfinale gegen Kim Clijsters. Nachdem die Belgierin den ersten Satz mit 6:4 gewann, führte sie auch im zweiten Durchgang mit 6:5 30:15 bei Aufschlag Williams. Nachdem der erste Aufschlag im Netz landete, folgte mit dem zweiten ein Fußfehler und damit die 40:15 Führung für Clijsters. Erbost über diese Entscheidung ging Williams auf eine Linienrichterin zu und beschimpfte sie mit dem Wortlaut: „Wenn ich könnte, würde ich einen Ball nehmen und dir diesen tief in den Rachen stopfen.“ Angeblich soll sie ihr auch „ich bring dich um“ zugerufen haben. Diese verbale Entgleisung hatte eine Verwarnung in Form eines Strafpunktes zur Folge. Bedeutete beim Stand von 40:15: Spiel, Satz und Sieg für Clijsters.
Grigor Dimitrov, Istanbul 2016
So kann man ein Finale auch mal verlieren. Wir schreiben das Jahr 2016. Grigor Dimitrov stand im Endspiel des Indoor-Turniers in Istanbul. Gegen Diego Schwartzman war es anfangs ein enges Match, Satz eins und zwei gingen in den Tiebreak. Im dritten Durchgang brach das Spiel des Bulgaren dann allerdings völlig zusammen. Schon beim 3:0 für Schwartzman zerhackte Dimitrov den ersten Schläger. Beim Stand von 5:0 schlug er dann erneut ein Racket kaputt, erhielt als Strafe ein Spielverlust und verlor somit das Match – ohne dass Schwartzman einen Matchball verwandeln musste.
Nick Kyrgios, Cincinnati 2019
Rekordverdächtiger Wutanfall. Eine Ausraster-Liste wäre ohne einen gewissen Nick Kyrgios nicht vollständig. Der Tennis-Rüpel schlechthin leistete sich in seiner Karriere schon so einige Fehltritte, musste bisher insgesamt 452.000 Dollar an Strafe zahlen – Höchstwert. Ebenfalls rekordverdächtig war die Geldstrafe für sein schlechtes Benehmen in Cincinnati 2019. Gegen Karen Khachanov hatte der Australier gerade den zweiten Satz verloren, als er die Beherrschung verlor. Erst bezeichnete er Schiedsrichter Fergus Murphy, mit dem er schon öfters Probleme hatte, als „schlechtesten Referee auf der gesamten Tour“. Anschließend verließ er unerlaubt den Court und flüchtete in die Katakomben, nur um zwei Rackets kaputtzuschlagen. Nach der Satzpause ging Kyrgios dann in Return-Position, während er sich noch ein neues Griffband wickelte. Trotzdem betonte er, dass Khachanov aufschlagen könne und er bereit sei. Für die Aktion gab es eine saftige Geldstrafe von 113.000 Dollar – Höchstwert für eine einzelne Strafe.
Karolina Pliskova, Rom 2018
Sandplätze und Ballabdrücke sorgen jedes Jahr aufs Neue für Aufreger. So auch 2018 in Rom bei Karolina Pliskova. 5:5 und 40:40 stand es in Runde eins im dritten Satz gegen Maria Sakkari. Einen Schmetterball spielte die Tschechin dicht an die Linie. Zunächst sah es so aus, als wäre die Kugel noch im Feld gelandet. Auch ein Aus-Ruf hörte man nicht. Anstatt aber den Vorteil an Pliskova zu geben, verkündete die Schiedsrichterin Vorteil für die Griechin. Die Entscheidung konnte Pliskova nicht nachvollziehen und echauffierte sich lauthals. Allerdings zwecklos. Im Handumdrehen verlor sie im Anschluss das Match. Nach dem Handshake mit der Gegnerin bekam der Schiedsrichterstuhl dann sein Fett weg. Mit dem Schläger hackte Pliskova ein ordentliches Loch in den Hochsitz.
Mikhail Youzhny, Miami 2008
Blutige Angelegenheit. 2008 verlor Mikhail Youzhny in Miami gehörig die Nerven. Gegen Nicolas Almagro stand er schon am Rande einer Niederlage. Bei Aufschlag des Spaniers hatte Youzhny dann einen Breakball, den er allerdings nicht verwerten konnte. Frustriert über diese verpasste Gelegenheit hämmerte er den Schläger mehrfach gegen seine Stirn. Keine gute Idee. Durch den Ausraster lief später Blut über das Gesicht des Russen und er musste behandelt werden. Das Match gewann er anschließend im Tiebreak.
Stefanos Tsitsipas, ATP-Cup 2020
Auch die Griechen können sehr temperamentvoll sein. Ein halbes Drama gab es in der Familie Tsitsipas beim ATP-Cup 2020 in Australien. Stefanos Tsitsipas war in ein enges Match gegen Nick Kyrgios verwickelt. Als es zwischenzeitlich für ihn nicht rund lief, ging er zu seiner Bank und bearbeitete diese mit seinem Schläger. Blöd nur, dass der Coach beim ATP-Cup direkt neben ihm Platz nehmen durfte. Ein Hieb des Schlägers rutschte nach rechts und traf Apostolos Tsitsipas, seinen Vater, am Arm. Während dieser aufstand, um sich von seinem wütenden Sohn zu entfernen, kam von hinten Mutter Yulia Apostoli und wollte beschwichtigen. Ihre Beruhigungsversuche prallten allerdings am stoischen Stefanos ab. Das Match verlor er am Ende knapp in drei Sätzen, welche allesamt in den Tiebreak gingen.
Serena Williams 2.0, US Open 2018
Wieder Serena Williams, wieder die US Open. Neun Jahre nach dem Fußfehler-Zwischenfall kochte die Stimmung im Arthur Ashe Stadium bei der 23-fachen Grand Slam-Siegerin erneut über. Im Finale gegen Naomi Osaka erhielt Williams zunächst eine Verwarnung wegen Coachings. Wenig später donnerte sie ihren Schläger auf den Boden, was gleichbedeutend mit der zweiten Verwarnung und einem Punktverlust war. Erst machte sie Referee Carlos Ramos klar, noch nie betrogen zu haben, danach bezeichnete sie ihn als Dieb (aufgrund des Punktabzugs). Als sie sich beim Stand von 4:3 erneut beschwerte und aufregte, folgte die dritte Verwarnung in Form eines Spielverlustes. Den Tränen nahe diskutierte Williams erfolglos mit den Oberschiedsrichtern. Das Spiel und damit auch die Chance auf den 24. Grand Slam-Triumph, verlor sie wenig später. Die Show hatte sie Osaka mit ihrem Ausraster allerdings so gut wie gestohlen.
Nick Kyrgios, Washington 2019 & Benoit Paire, Winston-Salem 2019
In der amerikanischen Hartplatzsaison war 2019 ganz schön was los. Für zwei eher lustige Ausraster sorgten Nick Kyrgios und Benoit Paire. Erst der Australier in Washington: Bei einem Seitenwechsel saß er gemütlich auf seiner Bank und nahm einen Schluck aus seiner Wasserflasche. Nachdem er diese wieder zugeschraubt hatte, pfefferte er sie volle Kanne gegen den Schiedsrichterstuhl. In der anschließenden Diskussion mit dem Referee beharrte er darauf, dass ihm die Flasche aus der Hand gerutscht sei („It slipped out of my hand“). Kyrgios gewann schlussendlich das Match und holte sich später sogar den Titel in Washington.
[COURTROOM]
Kyrgios: Your honour, I was merely trying to drink, and it slipped out of my hand… pic.twitter.com/wk4ltYFube
— Tennis TV (@TennisTV) August 3, 2020
Auch Benoit Paire war über seine Lesitung nicht sonderlich erfreut. Ebenfalls bei einem Seitenwechsel drosch er seinen (voll funktionsfähigen) Schläger mehrfach auf den Boden, woraufhin der Schiedsrichter eine Verwarnung aussprach. Unverständlich für Paire, der dem Referee versuchte zu erklären, dass der Schläger schon vorher kaputt gewesen sei („It was broken already“).
Umpire: Code violation. Racket abuse Mr Paire.
Benoit Paire: What? Why?
It was broken already. It was broken.😂😂😂 pic.twitter.com/lP58R1qLTl
— Sukanz. (@sukanzcom) September 5, 2020