Frantzen_Jebens

Stolz wie Bolle: Constantin ­Frantzen (li.) und Partner ­Hendrik Jebens gewannen im Oktober 2023 in Metz ihr erstes ATP-Match – und kamen dann sogar ins Finale.

Constantin Frantzen und Hendrik Jebens: Zwei für die große Bühne

Vor wenigen Monaten kannte sie kaum jemand, jetzt laufen sie bei den großen Turnieren auf: Die deutschen Doppelprofis Constantin Frantzen und Hendrik Jebens haben sich aufs höchste Profilevel gespielt.

Fotos: Julian Kurwan
Erschienen in der tennis MAGAZIN-Ausgabe 1-2/2024

Ende November ist die Saison von Constantin Frantzen und Hendrik Jebens noch nicht vorbei. Die beiden deutschen Doppelspezialisten treten für den TC Loon-Plage in der französischen Mannschaftsmeisterschaft an. Der Club aus dem Norden Frankreichs bei Dün­kirchen hat Frantzen/Jebens eingekauft. Sie ­sollen im Doppel die Punkte holen. Frantzen/Jebens liefern. Und der TC Loon-Plage steht erstmals in der Clubgeschichte im großen Team-Finale in Toulouse (bei Redaktionsschluss war es noch nicht beendet). 

Das deutsche Doppel hat sich in der Szene im Laufe der Saison einen Namen gemacht. Selbst Teammanager aus Frankreich kommen an den beiden nicht mehr vorbei, denn sie reiten aktuell auf einer Erfolgswelle, die nun bis an die Strände der Normandie schwappt. 

Durch Zufall zum Erfolg

Frantzen/Jebens spielen erst seit Anfang März 2023 fest zusammen. Sie absolvierten 29 Turniere gemeinsam und standen für 73 Matches auf der ATP- und Challenger-Tour zusammen auf dem Platz. Ihre Bilanz: 50 Siege, 23 ­Niederlagen. Sie holten sechs Challenger-Titel und erreichten noch drei Challenger-Endspiele. In Metz standen sie zum fünften Mal in einem ATP-Hauptfeld und stürmten bis ins Endspiel vor, das sie gegen Zielinski/Nys 4:6, 4:6 verloren. Sie zählen nun zu den 25 besten Doppelteams des Jahres, ­belegen im Doppelranking jeweils ihr höchstes ­Ranking (Jebens: 64, Frantzen: 66) und haben sich damit direkt ins Doppel-Hauptfeld der Australian Open 2024 gespielt. 

Hendrik Jebens, 28, und ­Constantin Frantzen, 25, lächeln etwas verlegen in die Kamera eines Notebooks. Sie sitzen in einem Hotel von Loon-Plage. Heute ist kein Spieltag in der französischen Liga. Sie nehmen sich viel Zeit, um von ihrem Aufstieg in die „Upper Class“ der Tour zu erzählen. „Letztes Jahr im November vereinbarten wir, dass wir 2023 mal zusammen Doppel spielen“, beginnt Jebens. „Dass es dann so gut läuft, konnte ja niemand ahnen.“ Es half auch der Zufall mit: Denn eigentlich wollte Jebens 2023 viel mit Tour-Profi Fabian Fallert ­spielen, doch Fallert verletzte sich und musste die Saison vorzeitig beenden. „Da war ich dann zur Stelle“, scherzt Frantzen. 

Constantin Frantzen

Auch mal mit der feinen Klinge: Constantin ­Frantzen ­profitiert wie sein Partner von ­seinem erstklassigen Aufschlag. Aber dank seines guten Touchs sorgt er für spielerische Elemente.

Vom College zum Profi

Was beide eint: Als Junioren waren sie keine Überflieger. Innerhalb ihrer Landes­verbände waren sie ordentliche Nachwuchsspieler, mehr aber auch nicht. Frantzen wuchs in Augsburg auf und durchlief im Bayerischen Tennis-Verband (BTV) alle Förderstufen. Ähnlich war es bei Jebens, der aus Stuttgart stammt und vom Württembergischen Tennis-Bund (WTB) gefördert wurde. Nach ihrem Abitur gingen beide in die USA, um dort BWL zu studieren und Tennis zu spielen. „Wenn du in dieser Phase nicht absolut top bist, ist es schwer in Deutschland, als ­Tennisspieler weiterzukommen. Da ist das US-Collegetennis der beste Weg“, erklärt Frantzen.   

Insbesondere für deutsche Doppel­spieler ist dieser Weg mittlerweile fast schon Standard: Alexander Waske, Tim Pütz, Andre Begemann, Andreas Mies – sie alle waren an einem US-College und schafften es als Doppelspezialisten bis in die deutsche Davis Cup-Mannschaft. „Am College ist der Teamspirit überragend. Der reißt dich mit und du beginnst ­härter an dir zu arbeiten. Außerdem genießt das Doppel dort einen höheren Stellenwert“, berichtet Frantzen, dem während seiner Studienzeit klar wurde, dass er sich auf das Doppel spezialisieren will. „Ich hatte auch schon als Junior im Doppel eigentlich bessere Ergebnisse als im Einzel“, erinnert er sich. Jebens indes hoffte, doch noch irgendwie die Kurve als Einzelprofi zu kriegen. Als dann aber eher zufällig seine Resultate im Doppel besser wurden, sattelte er um. „Das war in einer Phase, in der ich mit dem ­Profitennis schon abgeschlossen hatte“, sagt er. „Ich hatte meinen BWL-Bachelor in der Tasche und bewarb mich überall – etwa bei der Deutschen Bank in Frankfurt.“ Als Frantzen nach seinem Uni-Abschluss auf die Doppeltour ging, zwang ihn eine schwere Schulterverletzung zur Pause: „Da kam ich ins Grübeln und wollte ­hinwerfen.“ Die Coronapandemie aber gab ihm die Zeit, die Verletzung auszukurieren. Sind es diese vielen Parallelen in ihrer bisherigen Laufbahn, die die beiden so gut harmonieren lassen? „Bestimmt. Wir sind einfach auf der gleichen Wellenlänge“, meint Jebens. 

Es passt nicht nur menschlich ­zwischen den beiden. Auch sportlich ergänzen sich Frantzen/Jebens ideal. Ihre große Stärke: der Aufschlag. „Wir schlagen beide etwa gleich gut auf. Das ist nicht bei vielen Duos so, da gibt es oft einen besseren Aufschläger“, präzisiert Frantzen. „Wir wollen die Ballwechsel möglichst kurzhalten. Klar, das ist im Doppel fast normal, aber wir wollen noch einen Tick schneller ­spielen als die Gegner“, erklärt Jebens. 

Hendrik Jebens

Auf die rabiate Art: ­Im Match macht Hendrik ­Jebens keine Kompromisse. Neben seinem ­fulimanten Aufschlag setzt er auf schnelle Punktgewinne.

Spezialität „I-Formation”

Ihre Spezialität ist die „I-Formation“. Das Besondere dabei: Der Netzspieler geht an der Mitte des Netzes tief in die Hocke, der Aufschläger steht in einer Linie ­hinter ihm – eine ­Aufstellung, die an ein  „I“ er­­innert. Damit soll das gegnerische Duo ­verwirrt werden, weil unklar ist, welche Laufwege das aufschlagende Doppel wählt. Ist es nicht gefährlich, die Longline-Seite so offen wie ein Scheunentor zu lassen? „Bei unserer Aufschlagqualität ist es extrem schwer für die Gegner, einen platzierten Longline-Return zurückzuspielen“, meint Frantzen. Die Vorteile überwiegen also. Vor allem, weil man die Mitte für Cross-Returns dichthält und viele eher einfache Volleys abgreift. „Falls doch ein Longeline-Return ­durchkommt, kann ich den noch von der ­Grundlinie aus parieren“, erklärt Jebens, der bei ­seinem Aufschlag oft hinten bleibt. 

Wie sie ihr Doppelspiel aufziehen, kommt gut an. „Die sind nur schwer zu breaken“, vermutet Coach Dieter Kindlmann, der aktuell Dominic Stricker aus der Schweiz betreut. „Außerdem sind es echt nette Jungs: bodenständig, ­demütig, ­leidenschaftlich.“ Top 100-Spieler Maxi Marterer, der Frantzen/Jebens von früher kennt, freut sich für das Duo: „Was die als Doppel 2023 erreicht haben, ist unfassbar.“

2024 werden Frantzen/Jebens die große Bühne betreten. „Dafür sind wir ­gerüstet, weil wir perfekt eingespielt sind“, sagt Frantzen. Ist Olympia ein Thema? „Keine Ahnung, wie die Melde­formalitäten dafür so sind“, antwortet Jebens lachend. Auch Frantzen grinst in die Kamera, wird dann aber wieder ernst: „Wir wollen als Team wachsen und noch lange zusammenspielen.“ Es könnte sich also lohnen, das Duo Jebens/Frantzen im Blick zu behalten.

Vita Constantin Frantzen

25 Jahre, 1,93 Meter groß, lebt in Augsburg. Ging nach dem Abi zur Baylor University nach Texas, USA. Studierte BWL und machte seinen Master-Abschluss im Marketing. Konzentrierte sich 2022 voll aufs Doppel, erste Finalteilnahmen auf Challenger-Ebene. 6 Challenger-Titel (alle 2023), ATP-Finale in Metz (2023), Doppelranking: 66. Verein 2024: TC Großhesselohe. Karrierepreisgeld: 85.000 US$. Hobby: Lesen. 

Constantin Frantzen

Vita Hendrik Jebens

28 Jahre, knapp zwei Meter groß, lebt in Stuttgart. Studierte an der San Diego State University BWL, spielte dort Collegetennis und machte 2017 seinen Bachelor-Abschluss. Ende 2021 erste Doppelerfolge auf Challenger-Ebene. Danach Fokus aufs Doppel. 7 Challenger-Titel (alle 2023), ATP-Finale in Metz (2023), Doppelranking: 64. Verein 2024: TC Bredeney. Karrierepreisgeld: 104.000 US$. Hobbys: Fitness, Vlogging.

Hendrik Jebens