Björn Borg

Ende einer Ära: Seit dem Start des Laver Cups 2017 heißt der Kapitän von Team Europe Björn Borg. Berlin ist seine letzte Station. ©Laver Cup

Björn Borg im Interview: „Waren meine besten sieben Jahre”

Im Interview mit tennis MAGAZIN spricht Björn Borg über seine Zeit als Laver Cup-Kapitän Team Europe, seine Rivalität mit John McEnroe und vor allem über Rafael Nadal.

Anruf bei einer Legende. Björn Borg nimmt sofort ab. Er hat auf den Anruf gewartet. „Hallo, wie geht es Dir?“, fragt er auf Englisch mit schwedischem Akzent. Natürlich sehr gut! Mit einem der größten Stars der Sportgeschichte spricht man nicht alle Tage. Der Sound der ersten Sekunde zieht sich durch das komplette Telefonat – ein ausgesprochen nettes Gespräch.

Herr Borg, wenn Sie beim Laver Cup in Berlin Ihren letzten Einsatz als ­Kapitän von Team Europe haben, wird auch Rafael Nadal möglicherweise zum letzten Mal dabei sein. Haben Sie Erinnerungen an die erste Begegnung mit ihm?

Das erste Mal war in Bastad vor ungefähr 20 Jahren. Schon damals haben sehr viele gesagt, dass er ein großer Champion wird. Ich übrigens auch. Es war das erste Mal, dass ich ihn Tennis spielen gesehen habe. In Kontakt bin ich erst später mit ihm getreten.

Haben Sie erwartet, dass er 22 Grand Slam-Titel gewinnen wird?

Nein. Ich habe vor allem nicht erwartet, dass er 14 Mal Roland Garros gewinnt – das ist unglaublich. Das ist ein Erfolg, der in der gesamten Welt des Sports einzigartig ist.

Wann haben Sie ihn das erste Mal persönlich getroffen?

Das genaue Jahr kann ich Ihnen nicht sagen. Es war in Paris, in Roland Garros. Ich habe eines seiner Matches auf dem Court Central angeschaut. Nach seiner Pressekonferenz haben wir eine ganze Weile gesprochen.

Rafael Nadal, Björn Borg

Besondere Beziehung: Rafael Nadal (38) und Björn Borg (68). Gemeinsam kommen sie auf 20 Roland Garros-Titel. ©Laver Cup

Wie war Ihr Eindruck von ihm? 

Ich glaube am Anfang ist eigentlich jeder erstmal zurückhaltend. Besonders außerhalb des Platzes. Auf dem Court wissen die Spieler, was zu tun ist und haben viel Selbstbewusstsein. Aber ansonsten sind sie oft unsicher, wie sie sich verhalten sollen. Rafa hat eine wunderbare Persönlichkeit. Er ist einer meiner Lieblingsspieler. Ich schaue ihm schon seit so vielen Jahren zu und habe so viele Matches gesehen. Es ist fantastisch, dass er bei meinem letzten Laver Cup in Berlin für Team Europa spielt.

Sie haben sechs Mal die French Open gewonnen. Haben Sie gelitten, als Nadal ihren Rekord gebrochen hat?

Nein, gar nicht. Viele haben damals gesagt, dass wahrscheinlich niemand meinen Rekord brechen wird. Ich habe gesagt: „Rekorde sind da, um gebrochen zu werden.“ Das ist ein wichtiger Aspekt im Sport. Und dann kommt Rafa und gewinnt 14 Mal.Man wird niemals wieder einen Spieler erleben, der so gut auf Sand ist. 

Wie fühlt es sich an, ihn zu coachen?

Er weiß, was er zu tun hat. Die Jungs spielen so oft gegeneinander und wissen alle, was sie machen müssen. Ich als Kapitän muss höchstens ab und zu mal Energie geben. Gar nicht so viel und auch nicht ständig. Aber wenn seine Power vielleicht etwas runtergeht, dann muss ich ihn anfeuern.

Gab es besondere Erlebnisse mit ihm abseits des Platzes?

Jedes Mal, wenn wir beim Laver Cup als Team Europa zu Abend essen, ist das super. Ich liebe es einfach, mich mit einigen der besten Spieler der Welt auszutauschen. Wenn Rafa und die anderen Jungs Geschichten darüber erzählen, was alles in der Welt des Tennis passiert, ist das einfach wundervoll. Sie fragen mich dann auch immer, ob ich nicht mal Geschichten aus meiner Zeit erzählen kann. Das Gefühl mit allen ist einfach sehr schön. Und Rafa ist so eine nette Person mit einem großen Herzen. Er gibt den Leuten viel. Die Kinder in seiner Akademie lieben ihn und er liebt die Kinder. Er verbringt gerne Zeit mit ihnen.

Vor knapp zwei Jahren hat Roger ­Federer beim Laver Cup im gemeinsamen ­Doppel mit Nadal seine Karriere beendet. Wie haben Sie diesen Moment erlebt?

Wir alle wussten, dass Roger seine Karriere beenden wird. Mich hat dann aber überrascht, dass Rafa neben Roger auch geweint hat. Da dachte ich mir zum ersten Mal: „Du wirst aber schon noch weiter spielen, oder Rafa?“ Dass er geweint hat, zeigt einfach, wie viel ihm an Roger liegt. Die beiden haben so viele klasse Matches bestritten, haben unfassbares Tennis gespielt. Und Rafa war einfach traurig, dass sein Freund und Rivale die Tour verlässt. Da konnte man sehr gut erkennen, was für ein Mensch Rafa ist. Mir tut es für beide ein wenig leid, dass diese Rivalität enden musste. Aber es war trotzdem schön zu sehen. Es war auch für mich sehr emotional.

Haben Sie auch geweint?
Sagen wir, ich hatte ein bisschen feuchte Augen (lacht).

Glauben Sie, dass Nadal dieses Jahr beim Laver Cup, genau wie Roger vor zwei ­Jahren, seine Karriere beenden wird?

Wir wissen alle, dass es sein letztes Jahr ist. Die ganze Welt hofft, dass er bestenfalls verletzungsfrei bleibt und die Turniere spielen kann, die ihm am wichtigsten sind. Was beim Laver Cup passieren wird, kann ich nicht wirklich sagen. Ich habe Rafa bisher noch nicht gesehen oder mit ihm gesprochen. Wir haben nur ein paar kurze Nachrichten ausgetauscht.

Sie waren beim Laver Cup seit dem Start 2017 als Kapitän dabei. Mit welchem Gefühl fahren Sie nach Berlin?

Es waren mit die besten sieben Jahre für mich. Der Laver Cup war immer die wichtigste Woche im Jahr. Ich hatte die Möglichkeit, Zeit mit den besten Spielern der Welt zu verbringen. Der Konkurrenzkampf ist groß, jeder will gewinnen. Für mich war es fantastisch und ich bin sehr stolz und glücklich, der Kapitän von Team Europa gewesen zu sein. Ich wünsche meinem Nachfolger nur das Beste und viel Glück. Ich hatte auf jeden Fall eine ganze Menge Spaß.

Warum hören Sie auf?

John (McEnroe; d. Red.) und ich machen das jetzt seit sieben Jahren. Ich glaube einfach, dass ein paar neue Gesichter dem Ganzen gut tun würden und das jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Wir haben beide einen guten Job gemacht würde ich sagen. Ich spreche da auch für John.

Andre Agassi und Yannick Noah heißen die neuen Kapitäne. Was halten Sie von Ihrem Nachfolger?

Ich kann mir keine bessere Person als ­meinen guten Freund Yannick ­vorstellen. Er ist ein großartiger Champion und Mensch. Ich bin sicher, dass er es genauso genießen wird, Teil dieses großartigen Wettbewerbs zu sein, wie ich es getan habe. 

Ist Ihre Freundschaft zu John ­McEnroe in diesen sieben Jahren noch enger geworden?

John und ich waren schon immer sehr eng befreundet. Wir haben uns regelmäßig getroffen, haben telefoniert oder uns geschrieben. Dass wir beide dann Laver Cup-Captains geworden sind, war super. Dadurch haben wir uns auf jeden Fall in dieser Woche immer gesehen und uns viel ausgetauscht.

Björn Borg, John McEnroe

Echte Freunde: Die Kapitäne Borg und John McEnroe (Team World) lieferten sich als Profis epische Duelle. ©Laver Cup

Gibt es eine Anekdote, die Ihnen ­besonders im Gedächtnis geblieben ist? 

Vielleicht, dass wir uns an unsere aktive Zeit erinnerten. Wenn du große Turniere gewinnst, Grand Slams vor allem, gehst du natürlich raus und feierst das. Das ist der glücklichste Moment deines Lebens, worauf du jahrelang hingearbeitet und so viel in jungen Jahren geopfert hast. Du hast hart trainiert und gearbeitet. Du hoffst und träumst, dass du einmal einen Grand Slam gewinnst. Und wenn du das dann schaffst, ist es der schönste Moment für jeden Tennis­spieler. Denn nicht besonders viele schaffen es, ein Major zu gewinnen.

Letzte Frage: Wollen Sie als Kapitän auf der Bank den Sieg genau so sehr wie Ihre Spieler?

Wenn ich irgendwo antrete, hasse ich es zu verlieren. Nicht nur beim Tennis, auch beim Darts, Snooker oder was auch immer. Da macht es keinen Unterschied, ob ich auf der Bank sitze oder auf dem Platz stehe. Das gleiche gilt natürlich auch für John. Mal sehen, wer von uns am Ende triumphiert.

Info Laver Cup

Der Laver Cup ist eine Erfindung von Roger Federer und seinem Manager Tony Godsick sowie deren Agentur Team8. 2017 wurde der Laver Cup erstmals in Prag ausgespielt. Es ist ein Team-Duell: Team Europa gegen Team Welt. Der Laver Cup 2024 wird vom 20.-22. September in der Berliner Uber-Arena (heißt aktuell noch Mercedes-Benz-Arena) ausgetragen. Gespielt wird an drei Tagen: Freitag, Samstag, Sonntag. Modus: Pro Spieltag gibt es drei Einzel und ein Doppel über zwei Gewinnsätze plus ggf. Match-Tiebreak. Freitags gibt es pro Sieg einen Punkt, am Samstag pro Sieg zwei Punkte, am Sonntag pro Sieg drei Punkte. Bei Gleichstand am Ende entscheidet ein Doppel (ausschließlich Match-Tiebreak) über den Sieg. Wer zuerst 13 Punkte erspielt hat, der ist Laver Cup-Sieger 2024. Das Team Welt ist Titelverteidiger, insgesamt führt das Team Europa mit 4:2 Erfolgen. Bei allen europäischen Siegen war Alexander Zverev im Team. Austragung 2025: in San Francisco.