Syndication: Palm Beach Post People play at the Lilac Pickleball Courts on January 16, 2024 in Palm Beach Gardens, Flori

Pickle-Paradies: Anlagen wie diese in Palm Beach Gardens (Florida) mit vielen fest installierten Courts sind in den USA mittlerweile normal. In Deutschland ist man davon noch weit entfernt. Bild: IMAGO/USA TODAY Network

Pickleball in Deutschland: Wann kommt der große Boom?

Pickleball ist in den USA längst ein Riesending, in ­Deutschland steckt der aufstrebende Racketsport noch in den Kinderschuhen. Doch die lebendige deutsche Pickleball-Szene will weiter wachsen.

Beim MTV Giffhorn in Niedersachsen ist der Pickleball-Hype schon angekommen. Auf einem brach liegenden Fußballfeld des Mehrsparten-Vereins wurden vier fest installierte Pickleball-Courts errichtet, die regelmäßig von den 150 Mitgliedern bevölkert werden. Wobei man das durchaus wörtlich nehmen kann, denn beim Pickleball verabredet man sich nicht zu viert für eine feste Stunde Doppel. Nein, „Open Play“ lautet die Zauberformel.

Heißt: Es kann jeder kommen, der Lust und Zeit hat. Mal sind 20 Spieler und Spielerinnen dabei, mal 40. Gespielt wird nur Doppel, Einzel sind selten. Man wechselt sich nach einem gespielten Satz ständig ab, tauscht Partner und Gegner. In den Pausen wird ­„gesocialized“. „Es ist die soziale Komponente, die Pickleball so beliebt macht“, sagt Stefan Kornhaß, der die Pickleballabteilung in Giffhorn mit aufbaute und den Europavertrieb des Ausstatters Gamma leitet.

Pickleball

Kontrast-Programm: In Deutschland wird Pickleball vor allem in Sporthallen gespielt.Bild: IMAGO/Funke Foto Services

Wer vom Pickleball, diesem Mix aus, Tennis, Tischtennis und Badminton, schon einmal gehört hat, verbindet damit die USA. Dort ist es die am schnellsten wachsende Sportart überhaupt. Neueste ­Zahlen zeigen: 36 Millionen US-Bürger standen 2023 zumindest einmal auf einem der vielen Pickleball-Courts, die dort überall entstehen.

Seit den 1960er-Jahren gibt es Pickleball bereits, doch der rasante Zulauf entwickelte sich erst in den letzten Jahren. Lange galt Pickleball als Seniorensport. „In den Altersheimen spielten die Menschen früher Bingo, jetzt Pickleball“ hörte man in der US-Pickleball-­Community oft. Mittlerweile ist der Sport professioneller geworden. Es gibt zwei Profiligen, eine ganze ­Industrie ist entstanden, die mit Reisen, Camps und Akademien um die Spieler und Spieler­innen buhlt. Von solchen Szenarien ist das deutsche Pickleball noch weit entfernt.

Pickleball

Verzückte die deutsche Pickleball-Szene: Steffi Graf (li.) mit Ex-Tennisprofi Jack Sack beim Pickleball-Slam ­Anfang des Jahres in den USA.Bild: IMAGO/USA TODAY Network

Pickleball soll in Deutschland ein großer Breitensport werden

„Wir sind auf dem Weg, uns zu einem großen Breitensport zu entwickeln“, sagt Kai Auhagen, Präsident des Deutschen Pickleball-Verbands, der 2023 gegründet wurde. Die aktuellen Zahlen sind allerdings übersichtlich: Dem Verband gehören etwa 3.500 Mitglieder in 72 Vereinen an. Darüber hinaus gibt es noch eine Menge freie Pickle­ballgruppen, die geschätzt 2.000 Spieler und Spielerinnen umfassen. „Wir könnten längst größer sein“, behauptet Auhagen. Das Problem ist: Pickleball wird – anders als in den USA – in der Regel in Sporthallen gespielt. „Die Kapazitäten sind dadurch äußerst begrenzt, wir brauchen mehr Hallenzeiten“, erklärt Auhaugen.

Um sich davon zu entkoppeln, sind eigene Courts, wie sie der MTV ­Giffhorn hat, die beste Lösung. „Das muss der nächste Schritt für uns sein“, sagt Auhagen, der sich zusehends um bessere Verbandsstrukturen bemüht, damit der Sport geordnet wachsen kann. Mittlerweile gibt es ein Liga-System, eine Nationalmannschaft, Trainerprogramme und auch Fortbildungen für Lehrer, um Pickleball an die Schulen zu bringen. „Es ist ein idealer Schulsport, weil man Pickleball superschnell lernen kann. Es ist auf Badmintonfeldern mit einem tiefen mobilen Netz sofort ­spielbar“, schwärmt Auhagen.

Gut zu wissen: So funktioniert Pickleball

Pickleball ist eine aus den USA stammende Rückschlagsportart, die Elemente aus Tennis, Badminton und Tischtennis verbindet. Das Spielfeld hat etwa die gleiche Größe wie ein Badminton-Court – das Netz allerdings ist tief. Im hinteren Bereich befinden sich zwei Aufschlag­felder, im vorderen die „Non-Volley-­Zone“, auch „Kitchen“ (also Küche) genannt. Man darf die Zone nur dann betreten, wenn man keinen Flugball spielt. Die Schläger sind aus Holz oder Carbon. Sie sind rechteckig mit runden Ecken und die Schläger­fläche besteht aus Glasfaser, Aluminium oder Graphit. Der Ball ähnelt dem beim Floorball und hat mehrere Löcher. Gespielt wird in der Regel im Doppel- oder Mixed-Format. Einzel gibt es auch, ist aber nicht so beliebt. Der Aufschlag (man hat nur einen Versuch!) erfolgt von unten hinter der Grundlinie in das diagonal gegenüber­liegende Aufschlagfeld. Der Ball muss vor dem Return aufkommen und auch das servierende Team muss anschließend den Ball einmal springen lassen (die sogenannte ­„Double-Bounce-Regel“). Erst wenn der Ball auf beiden Seiten einmal aufgesprungen ist, sind Volleys erlaubt. Gezählt wird wie beim Tischtennis. Wer zuerst elf Punkte erzielt, gewinnt einen Satz. Bei einigen Turnieren wird ein Satz auch bis 15 oder 21 Punkten gespielt. Für einen Satzgewinn sind zwei ­Punkte Unterschied nötig. Meist wird über zwei Gewinnsätze gespielt. Ungleich zu allen Sportarten, von denen Pickleball inspiriert ist, kann nur das aufschlagende Team Punkte sammeln. Gewinnt das returnierende Team den Ballwechsel, dürfen sie anschließend servieren. Mit dem Aufschlagrecht kann es dann punkten.

Tatsächlich sind die ­Einstiegshürden beim Pickleball niedrig. In den Mehrspartenvereinen, die Pickleball anbieten, kann sich im Prinzip jeder zu einer „Open Play“-Runde anmelden und mitspielen. Pickleball hat als generation- und geschlechter-übergreifender Sport eine hohe integrative Kraft. Es spielt eben jeder mit jedem. Kai Auhagen erzählt dazu eine Anekdote. Es geht darum, wie lange es im Durchschnitt dauert, bis man die gängigen Racketsportarten so beherrscht, dass man ordentliche Ballwechsel bekommt: „Beim Tennis sind es, sagen wir, fünf Jahre. Beim Pickleball kann es sein, dass du morgen gegen deine eigene Oma verlierst.“

Pickleball spricht Tennisspieler eher weniger an

Die breite Aufstellung vom Pickleball führt dazu, dass der Background seiner Spieler und Spielerinnen unterschiedlicher kaum sein könnte. Das Spannende: Nur wenige, die Pickleball spielen, haben einen Tennis-Hintergrund. Beim MTV Giffhorn sind es zum Beispiel nur 20 von 150. Es sind ehemalige Handballer, Leichtathleten, Fußballer, Schwimmer und auch einige ohne Sporthistorie dabei, die sich gerne in einer Gemeinschaft spielerisch bewegen wollen. Am Ende können alle gut gegeneinander zu einem Doppel antreten, weil das Level ziemlich ähnlich ist.

„Mit Pickleball erreicht man ein ganz anderes Sport-Publikum“, sagt Gamma-Mann Stefan Kornhaß aus Giffhorn. Insbesondere für Tennisvereine ist das eine gute Nachricht. ­Ein ­Kanibalisierungseffekt ist kaum feststellbar. „Pickleball nimmt ­Tennisvereinen nichts weg – ganz im Gegenteil: Es ist eine bereichernde Ergänzung, um neue Mitglieder anzusprechen, an die man nur mit Tennis nicht heran­kommen würde“, versichert Kornhaß. Aktuell sind Tennisclubs, die auch Pickleball anbieten, noch selten in Deutschland. Nur knapp fünf Prozent der im Deutschen Pickleball-Verband organisierten Vereine sind Tennisclubs.

Pickleball

Hardcourt please! Beim Pickleball muss der Untergrund hart sein. Erste fest installierte Pickleball-Courts hierzulande gibt es zum Beispiel in der Kerpener „Racket-Arena“.Bild: Rebound Ace

Aber es kommt langsam etwas in Bewegung. Die ersten kommer­ziellen Hallenbetreiber haben bereits Pickle­ball-Courts bauen lassen – etwa die „Racket-Arena Rhein Erft“ in Kerpen bei Köln oder die „Top Tennis Academy“ in Stuttgart. „Wir haben 2024 schon fast genauso viele Pickle­ball-Courts wie Tennisplätze gebaut“, sagt Albert Wagner von der Firma AV Syntec, die den Rebound Ace-Hartplatz in Deutschland vertreibt.

Das aufkommende Interesse an Pickleball lohnt sich für Wagner. Denn: Auf klassischen Sandplätzen funktioniert ­Pickleball nicht. Der leichte und löchrige Ball springt auf roter Asche zu schlecht ab; es muss ein harter Untergrund her. Die Lösung sind Hardcourtbeläge wie der Rebound Ace, der sich im Tennisbereich längst bewährt hat. Für den Indoorbereich gibt es spezielle Rollböden, die sich auslegen lassen wie Teppichrollware.

Vereine, die an einer Umrüstung eines Sandplatzcourts intertessiert sind, müssen wissen: Auf einen Tennisplatz passen vier Pickleballcourts. Die Kosten liegen bei etwa 80.000 Euro. Beim MTV Giffhorn geht man bereits einen Schritt weiter: Dort wird noch in diesem Jahr die erste reine Pickleball-halle Deutschlands errichtet.

Pickleball in Deutschand will gesund wachsen

Ist das die Initialzündung für einen ­deutschen Pickleball-Boom? Eher nicht. Noch fehlen die großen Investoren. ­Aktuell fließt das Geld eher in Anlagen für Padel, einer weiteren wachsenden Racketsportart. Doch dort gibt es bereits erste Ermüdungs­erscheinungen. Deutschlands größte Padelhalle in Hamburg verlor ­zwischenzeitlich den Betreiber, weil die Auslastung zu gering war.

Die deutsche Pickleball-Gemeinschaft setzt auf ein gesundes Wachstum, das von der Basis ausgeht. „Wir haben einen stetigen Fluss an Interessenten“, beteuert Kai Auhagen vom Pickleball-Verband. Seine Hoffnung: Irgendwann wird Pickleball eine derartige Größe erreichen, dass man an dem Sport nicht mehr vorbeikommt.

 

Pickleball-Partner für Vereine und Spieler/Spielerinnen

Gamma
Bester Vollausstatter im Bereich Pickleball – von Schlägern über Bälle bis hin zu mobilen Netzen gibt es hier alles: www.gamma-europe.com/Pickleball

Universal Sports
Zubehör für den großen Pickleball-Spaß, inklusive „Starter-Set“ mit Netz, Schlägern und Bällen für 299 Euro: www.universal-sport.com

AV Syntec/Rebound Ace
Clubs oder kommerzielle Anlagen, die fest installierte Pickleball-Plätze bauen ­wollen, brauchen einen Hardcourt-Spezialisten wie AV Syntec. Ihr Rebound Ace-Belag hat sich im Tennis längst bewährt: www.reboundace.de