Deutschland beim Davis Cup: Der Traum vom großen Finale
Niederlande statt Nadal & Co: Das deutsche Davis Cup-Team könnte in Malaga von ungeahnten Möglichkeiten profitieren. Plötzlich erscheint der Finaleinzug möglich.
Vor dem Halbfinale am Freitag bei den Davis Cup-Finals in Malaga eröffnen sich für das deutsche Team um Kapitän Michael Kohlmann auf einmal ganz neue Perspektiven. Denn: Durch das 2:0 gegen Kanada ist die Auswahl des Deutschen Tennis Bundes nur noch einen Sieg davon entfernt, erstmals seit 31 Jahren wieder um die „hässlichste Salatschüssel der Welt“ zu kämpfen. Gegner ab 17.00 Uhr (live im Tennis Channel) werden die Niederlande sein – und nicht die spanische Mannschaft.
Davis Cup: Gegen die Niederlande nicht unbedingt einfacher
„Natürlich wäre es etwas Besonderes gewesen, hier in Spanien noch einmal gegen Nadal zu spielen“, sagte Jan-Lennard Struff. Beim letzten Spiel des 22-maligen Grand-Slam-Turnier-Siegers war das komplette deutsche Team in der Halle, „um ein bisschen diese spezielle Atmosphäre aufzusaugen“, wie es Struff beschrieb. Doch Rafael Nadal verlor gegen Botic van den Zandschulp und befindet sich inzwischen schon wieder auf Mallorca. Er ist nun endgültig vom Profisport zurückgetreten. Allerdings: Ob es nun gegen die Niederländer wirklich einfacher wird, darf bezweifelt werden.
Klar: Die Niederlande haben keinen absoluten Top-Mann in ihren Reihen – zumindest nicht im Einzel. Tallon Griekspoor (ATP# 40) und Botic van den Zandschulp (ATP# 80) sind auf Augenhöhe mit den deutschen Einzelspieler Struff und Altmaier. Da dürfte vor allem die Tagesform ausschlaggebend sein. Im Doppel trumpfte am Dienstag Wesley Koolhof im niederländischen Duo gegen die spanische Formation Alcaraz/Granollers groß auf. Auf der deutschen Seite sind allerdings die frischen Doppel-Weltmeister Krawietz/Pütz am Start. Auch dieses Set-Up dürfte ziemlich ausgeglichen sein. Unterm Strich dürfte es ein enges, ausgeglichenes Duell um den Einzug in das große Finale geben.
Davis Cup-Teamchef Kohlmann: „Duell auf Augenhöhe“
„Es wird wie schon gegen Kanada ein Duell auf Augenhöhe. Die Niederländer haben eine sehr gute Mannschaft und wie wir ein starkes Doppel“, warnte Teamchef Kohlmann. Anders als im Fußball ist die Rivalität zwischen den beiden Nachbarländern im Tennis nicht so groß. „Man kennt sich von der Tour, wir kommen gut miteinander aus“, sagte Kohlmann, wie sein Gegenüber Paul Haarhuis ehemaliger Profi.
Doch natürlich wissen sie im deutschen Lager, dass es eine große Chance ist, erstmals seit 1993 wieder ins Finale des Davis Cups einzuziehen. Damals führte Michael Stich das deutsche Team gegen Australien in Düsseldorf zum bislang letzten der insgesamt drei Titel. Damals wie heute fehlt allerdings der deutsche Spitzenspieler. 1993 war es Boris Becker; 2024 ist es Alexander Zverev, der sich nach 90 absolvierten Matches in der laufenden Saison schon in den Urlaub auf den Malediven verabschiedet hat.
Deutschlands Vorteil ist die mannschaftliche Geschlossenheit. „Wir sind ausgeglichen besetzt und haben ein gutes Doppel. Wir brauchen uns vor niemandem zu verstecken“, sagte Struff. Auch Kohlmann betonte die Ausgeglichenheit seiner Mannschaft. Im Davis Cup wächst die zweite Garde aber oft über sich hinaus, egal wer spielt. In der ersten Runde in Ungarn im Februar war es Dominik Koepfer, der einen wichtigen Sieg einfuhr. Bei der Zwischenrunde in China im September waren es Maximilian Marterer und Yannick Hanfmann, die in Abwesenheit von Zverev und Struff das Team gemeinsam mit den Punktegaranten Krawietz und Pütz zur Finalrunde nach Malaga führten.
„Diese Davis-Cup-Saison ist ein Paradebeispiel dafür, dass man im Laufe eines Jahres viele Spieler braucht und breit aufgestellt sein muss“, sagte Kohlmann. Vielleicht reicht diese Breite sogar aus, um endlich mal wieder den imposanten Davis Cup in den Händen zu halten. Feststeht: Noch kann die deutsche Mannschaft davon träumen.