Joao Fonseca

Joao Fonseca gewann die ATP NextGen Finals sowie das Challenger-Turnier in Canberra. Bei den Australian Open qualifizierte er sich erstmals für ein Grand-Slam-Turnier. ©Imago/Abacapress

Joao Fonseca: Der neue Tennis-Star aus Südamerika?

Joao Fonseca gilt als riesengroßes Tennisversprechen für die Zukunft. Bei den Australian Open feiert der 18-jährige Brasilianer seine Grand-Slam-Premiere.

Quizfrage! Welcher Spieler außerhalb von Europa hat zuletzt ein Grand-Slam-Turnier bei den Herren gewonnen? Die Antwort: der Argentinier Juan Martin del Potro bei den US Open 2009. Das ist eine gefühlte Ewigkeit her. Seitdem ging jeder Grand-Slam-Titel nach Europa: jahrelang an die „Big Four“ um Novak Djokovic, Rafael Nadal, Roger Federer und Andy Murray, inzwischen vermehrt an Jannik Sinner und Carlos Alcaraz.

Die europäische Dominanz bei den Grand Slams könnte bald gebrochen sein. Zahlreiche US-Amerikaner, unter anderem Taylor Fritz und Ben Shelton, klopfen immer mehr an die Tür zum Grand-Slam-Coup. Oder wird es der Australier Alex de Minaur sein, der die Titelflaute von nichteuropäischen Spielern beendet? Oder müssen wir uns noch einige Zeit gedulden, bis der neue Star aus Südamerika zuschlägt? Sein Name: Joao Fonseca aus Brasilien. Der 18-Jährige, derzeit Nummer 113 im ATP-Ranking, gibt bei den Australian Open sein Grand-Slam-Debüt und gilt inzwischen als die am heißesten gehandelte Aktie auf dem Tennismarkt.

Fonseca lehnt Federer-Offerte ab

Während Argentinien seit Jahrzehnten immer wieder Topspieler im Einzel hervorbringt, sieht die Situation im größten Land Südamerikas, in Brasilien, anders aus. Seit dem Karierende von Gustavo Kuerten im Jahr 2008 wartet Brasilien auf den nächsten Topspieler im Einzel. Joao Fonseca bringt viel mit, um die großen Fußstapfen, die Kuerten im brasilianischen Tennis hinterlassen hat, zumindest ansatzweise auszufüllen. Fonseca war 2023 die Nummer eins bei den Junioren, gewann unter anderem die US Open. Der Übergang zu den Profis meisterte er fließend. Im Februar 2024 erreichte er im Alter von 17 Jahren bei seinem Heimturnier in Rio de Janeiro das Viertelfinale. Nur Alexander Zverev war jünger beim Einzug in das Viertelfinale eines ATP-500er-Turniers.

 

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Die großen Management-Agenturen haben Fonseca schon lange auf dem Radar. Auch Roger Federers Agentur Team8 wollte den Brasilianer verpflichten und kassierte eine Absage. „Derzeit habe ich keinen Agenten. Ich werde erst mal nichts unterschreiben. Meine Agenten sind meine Eltern. Wir denken vorsichtig darüber nach. Dies sind wichtige Entscheidungen, wir wollen den richtigen Weg für mich herausfinden“, sagte Fonseca im vergangenen Jahr. Aber: Zumindest für die Schweizer Ausrüstungsfirma On, an der Federer beteiligt ist, hat der Teenager zugesagt und spielt wie Iga Swiatek und Ben Shelton in den Klamotten von On. Mittlerweile hat Fonseca einen Agenten, aber größtenteils kümmern sich seine Eltern um die Anliegen ihres Sohnes. Das Ziel: Fonseca behutsam zu einem Topspieler aufzubauen. Vater Christiano ist Geschäftsführer und Mitgründer von IP Capital Partners, ein Unternehmen, das sich auf Immobilieninvestments spezialisiert hat. Fonsecas Mutter Roberta organisiert Sportveranstaltungen. „Glücklicherweise habe ich meine Eltern, die mir mit dem Geld helfen, was ganz schön viel ist“, erzählt Fonseca.

Next Gen ATP Finals: Fonseca tritt in die Fußstapfen von Alcaraz und Sinner

Vergangenes Jahr bei den US Open scheiterte der 18-Jährige knapp im Quali-Finale. Bei den Australian Open hat es nun geklappt mit der ersten Hauptfeldteilnahme bei einem Grand Slam – und das in beeindruckender Weise. Der 18-Jährige gab nur zwölf Spiele in drei Matches ab. Zuvor setzte Fonseca schon einige Duftmarken, mit denen in der Tenniswelt aufhorchen ließ. Kurz vor Weihnachten gewann er die Next Gen ATP Finals, das Abschlussturnier der acht besten U21-Spieler, in Saudi-Arabien und trat damit in die Fußstapfen von Carlos Alcaraz (2021), Jannik Sinner (2019) und Stefanos Tsitsipas (2018), die ebenfalls die Next Gen ATP Finals gewinnen konnten. Der Triumph beim U21-Turnier gilt als Indikator für eine große Zukunft auf der ATP-Tour. Zu Jahresbeginn gewann Fonseca das ATP-Challenger-Turnier in Canberra ohne Satzverlust, danach marschierte er durch die Qualifikation bei den Australian Open und schraubte seine Siegesserie auf 13 Matches in Folge.

 

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„Es ist unglaublich, wie ich mich sowohl körperlich als auch mental verbessert habe. Ich bin stolz auf mich, aber natürlich will ich mehr. Mein Traum ist es, Nummer eins zu werden“, sagt Fonseca, dessen großes Vorbild Rafael Nadal ist. Dennoch orientiert er sich mehr an den beiden Spitzenspielern Alcaraz und Sinner. „Ich sehe ihre Rivalität, genau da möchte ich hin. Ich möchte wie die beiden sein. Ich will Grand Slams und andere große Turniere gewinnen. Alcaraz und Sinner sind eine Inspiration und Motivation zugleich, hart zu arbeiten“, sagt er.

Australian Open: Joao Fonseca trifft auf Andrey Rublev

Bei den Australian Open, in seinem Hauptfeldmatch bei einem Grand-Slam-Turnier, wartet gleich ein Duell mit einem Topspieler. Der Brasilianer trifft auf den Weltranglistenneunten Andrey Rublev. Es wird eine Standortbestimmung, wie gut Fonseca tatsächlich schon ist. Experten trauen Fonseca den großen Wurf zu. „Ich liebe Rublev, er ist ein Tennismonster, aber seit einiger Zeit reden die Leute mit mir über Fonseca. Ich denke, er wird einer der Top-5-Favoriten auf Grand-Slam-Siege in den nächsten zwei oder drei Jahren sein“, sagte der ehemalige Weltranglistenerste Andy Roddick, der auf seinen Sieg von Fonseca gegen Rublev tippt. „Mein ‚Dark Horse‘ bei den Australian Open ist Joao Fonseca. Ich bin ein Verehrer seiner Kunst, seitdem ich ihn vor anderthalb Jahren in Turin beim Training kennengelernt habe. Die Art und Weise, wie er spielt, ist wunderbar“, meint auch Boris Becker im Podcast Becker/Petkovic.

 

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Fonseca reagiert gelassen auf die große Aufregung um seine Person. „Ich weiß, dass noch viel vor mir liegt. Ich habe Weltranglisten- und Titelziele, aber das sind eher persönliche Dinge, die ich mit meinem Trainer bespreche. Ich spreche lieber nicht darüber, um keine Erwartungen zu wecken“, sagt er. Die Vergleiche mit Brasiliens Nationalhelden Gustavo „Guga“ Kuerten sind bereits da. „Wann immer ein junger Mensch große Dinge erreicht, wird er hier in Brasilien schnell als Versprechen bezeichnet. Ich möchte mein Tennis spielen, den Sport leben und meine Routine beibehalten. Jeder Athlet hat seine eigene Zeit“, erzählt Fonseca. Die Australian Open könnten der Beginn einer ganz großen Grand-Slam-Karriere von Fonseca sein.