Fred Stolle

Fred Stolle bei einer Ehrung bei den French Open 2015. ©Imago

Nachruf auf eine Legende: Fred Stolle ist tot

Der zweifache Grand Slam-Sieger im Einzel, Fred Stolle, ist im Alter von 86 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

Ich kannte Fred Stolle, wenn auch nur flüchtig. Vor mehr als 20 Jahren lud uns die ATP nach Paradise Island auf die Bahamas ein. Club Med war damals Reisepartner der Spieler- und Turnierveranstalter-Gewerkschaft. Ein netter Club in einem traumhaften Ambiente. Was wir damals nicht wussten: Zeitgleich fand auf der Mini-Insel nicht weit von der Hauptstadt Nassau entfernt ein Charity-Turnier statt. Mark Knowles, ein bekannter Doppelspieler hatte geladen – und die Prominenz kam. Andre Agassi war da und Tommy Haas.

Fred Stolle, die Tennislegende

Bei einem Match standen sich der Deutsche und der Amerikaner im Doppel gegenüber. Auf dem Schiedsrichterstuhl saß Fred Stolle. Der Australier, zu der Zeit einer der bekanntesten englischsprachigen TV-Kommentatoren, gab zu allem, was auf dem Platz geschah, seinen Senf dazu. Es war „hilarious” – zum Schlapplachen. Seine Stimme: sonor. Seine Präsenz: phänomenal. Agassi und Haas mögen die Stars gewesen sein. Mein Star an diesem warmen Nachmittag in der Karibik hieß Stolle. Sein Humor: eine Mischung aus Peter Ustinov und Loriot (die Älteren werden sich erinnern). In seiner Persönlichkeit erinnerte er mich an Richard von Weizsäcker (für die Jüngeren: Er war mal deutscher Bundespräsident).

Fred Stolle

Fred Stolle gewann 19 Grand Slam-Titel (zwei im Einzel, zehn im Doppel, zwei im Mixed). ©Imago

Nach dem Match hatte ich noch ein bisschen Smalltalk mit Stolle. Ich lobte ihn für seine geistreichen Sprüche und er sagte höflich danke. Ich muss gestehen. Als Spieler kannte ich ihn nur flüchtig, den Namen hatte ich mal gehört. Später tauchte der Name seines Sohnes – Sandon Stolle – öfter in den Doppelfeldern auf. Die australischen Legenden der 60er- und 70er-Jahre, die mir etwas sagten, als ich begann, mich für Tennis zu interessieren, hießen Rod Laver, Ken Rosewall, Roy Emerson, John Newcombe. Stolle eher nicht, obwohl er 1966 die Nummer eins der Welt war.

Fred Stolle: „The voice of tennis”

Wenn ich Interviews mit großen Spielern führte – Federer, Nadal, Djokovic, Sampras, auch Zverev –, wurde mir immer wieder bewusst, wie wichtig ihnen das „heritage” im Tennis ist – das Erbe, die Wurzeln der Sportart. Als ich heute morgen, die Nachricht von Tennis Australia las, dass Fred Stolle im Alter von 86 Jahren gestorben ist, musste ich an die Bahamas denken und an eben jene Wurzeln, die so wichtig sind, auch für Tennis-Fans, die noch längst nicht auf der Welt waren, als Stolle 1982 sein letztes Turnier in Baltimore spielte.

Anschließend war er langjähriger Coach von Vitas Gerulaitis, dem extrovertierten Ami aus der Borg-McEnroe-Connors-Ära. Bei seinen Fernsehjobs für Nine Network, CBS und Fox Sports war er dann „the voice of tennis”. Als er 1951 Balljunge beim Davis Cup zwischen Italien und den USA in White City, London war (keine Ahnung, wie er als Australier dort hinkam; man hatte ihn, wie es heißt, auserwählt), fing sein Herz Feuer für den weißen Ball. Cricket und Rugby, seine Lieblingssportarten bis dahin, interessierten ihn fortan weniger als Tennis.

Tennisplatz viel mehr als nur ein Court

Die Karriere konnte sich sehen lassen. Der 1,91-Meter-Mann gewann Roland Garros und die US Open (die damals noch nicht „open” waren) 1965 im Einzel. Übrigens: Seine Gegner waren die in der Tenniswelt bekannteren Spieler von Down Under: In Paris schlug er Tony Roche (später Coach von Ivan Lendl und Federer), in New York John Newcombe. In Wimbledon erreichte Stolle dreimal das Finale. Zweimal unterlag er seinem Landmann „Emu” Emerson. Die beiden waren und blieben trotzdem gute Freunde. Vor den Endspielen hatten sie sich gemeinsam eingeschlagen.

Im Doppel gewann Stolle 17 Grand Slam-Turniere. Von der wohl bekanntesten Sportzeitschrift der Welt, Sports Illustrated, wurde er als „Meister des Lobs und des Überkopfballs” bezeichnet. Der Tennisplatz war für ihn immer mehr als nur ein Court. „Es war für mich, wie auf einer Bühne zu stehen”, sagte Stolle einmal. In Paradise Island auf den Bahamas wurde der Court auch zu seiner Bühne und ich war begeistert. Rest in peace, Fred Stolle. Es war ein Vergnügen, Sie kennengelernt zu haben.