Nikolay Davydenko ist ein netter Typ, mit einem interessanten Sinn für Humor. Das merken hier in Melbourne auch immer mehr Journalisten. Normalerweise kommen nicht viele zu seinen Pressekonferenzen nach seinen Matches. Heute jedoch war der Raum gut gefüllt. Das Besondere: Davydenko musste kaum eine Frage zu seinem Match – er gewann im Eiltempo gegen den Ukrainer Illja Marchenko – beantworten. Lieber wollte man Persönliches erfahren, seine Vorlieben, seine Ziele und über seine Frau Irina zum Beispiel. „Was ist denn hier los?“, wunderte sich Davydenko und grinste. „So eine Pressekonferenz hatte ich ja noch nie.“ Obwohl er schon über zehn Jahre auf der Tour und seit knapp fünf Jahen fast durchgehend in den Top Ten steht, hatte sich bisher kaum jemand für ihn interessiert. Damit ist jetzt Schluss. So standen nach der Pressekonferenz noch vier Fernsehinterviews und ein Gespräch mit einer gewissen Redakteurin von tennis magazin, Deutschland an.
„Ich spreche gerne über Persönliches.“
Für Davydenko gehört die Pressearbeit zum Job. Und man hat nicht das Gefühl, als würde es ihm groß etwas ausmachen. Bei unserem Gespräch sitzt „Nika“, wie ihn sein Bruder nennt, nach vorn gebeugt auf seinem Stuhl, schaut mir mit festem, freundlichem Blick in die Augen. Was hält er von dem neuen Interesse an seiner Person? „Ich finde es gut, dass ich zu persönlichen Dingen gefragt werde“ sagt er. „Das ist mir lieber, als die ganze Zeit nur über Tennis zu sprechen.“ Der Russe macht sich nicht viel aus dem Medienrummel. Eigentlich genießt er es, in Ruhe gelassen zu werden. Für das Gespräch mit mir nimmt er sich trotzdem Zeit. Er erzählt viel. Sein Deutsch ist flüssig, wenn auch mit typisch russischem Akzent versehen. Während er spricht, spielt er mit einer Wasserflasche in seinen Händen. Er sagt zum Beispiel, dass ihm viele Dinge wichtiger sind als Tennis. Und dass er immer noch eine enge Bindung zu Deutschland hat und Deutsch seine zweitbeste Sprache ist. Es scheint fast, als könnte er noch stundenlang weiter plaudern und über Gott und die Welt philosophieren. Nach zwanzig Minuten beenden wir das Gespräch. Seine Frau und sein Bruder warten schon. Und irgendwann will Davydenko schließlich auch wieder seine Ruhe haben.