Mit Rad und Racket: Eine Reise der Tennis-Begegnungen
Von Berlin nach Istanbul per Rad, dann mit dem Segelboot weiter nach Mallorca – und dabei immer wieder auf dem Tennisplatz stehen. Für Benjamin Simon ist das die Reise seines Lebens. Aus dem Tagebuch eines Tennisreisenden.
Tag 12 – 31. März | Abschied in Wien, Ankunft in Bratislava
Am Morgen verlasse ich Wien. Johannes Graski, der geschäftsführende Gesellschafter der gesamten Sportanlage, auf der sich der TC Colony befindet, steht wie versprochen um sieben Uhr früh auf dem Platz. Er verabschiedet mich persönlich, wünscht mir eine sichere Weiterreise, und ich spüre: Wir kennen uns kaum, aber etwas verbindet uns. Sport. Geist. Haltung.
Ich rolle durch das noch ruhige Wien, vorbei am Allianz Stadion, gleite hinunter zur Donauinsel und genieße einen letzten Kaffee am Wasser. Die Sonne bricht durch die Wolken – über der Stadt liegt ein freundlicher Abschied.
Mit Rad und Racket (Teil 1): Start ins Ungewisse
Ich verlasse Wien mit leichtem Gepäck und leichtem Rückenwind. Die östliche Hälfte des Himmels ist klar und hell, während im Westen dunkle Wolken hängen. Mein Weg führt entlang der Donau Richtung Bratislava. Die Strecke ist wunderbar ausgebaut, der Radweg breit und leer, die Luft frisch. Ich genieße das Rollen, das Schweigen, das Gedankenverlorensein.
Am frühen Nachmittag erreiche ich Bratislava. Mein Hotel liegt direkt neben der Veranstaltungshalle der Peugeot Arena – und damit unmittelbar am Sitz des Slowakischen Tennisverbands. Ein perfekter Ort für eine Begegnung, die ich nicht erzwingen, aber auf die ich hoffen kann.
Tag 13 – 1. April | Miroslav Mecir und ein ruhiger Schlagabtausch
Ich nutze die Nähe des Hotels zum Verband. Am Morgen ziehe ich los, schiebe mein Rad an der Arena vorbei und klingle beim Tennisverband. Ich rechne mit nichts – und stehe kurze Zeit später vor einer Tennislegende: Miroslav Mečíř. Die „Katze von Prag“, Olympiasieger, einer der elegantesten Spieler seiner Zeit. Er ist freundlich, leise, zurückhaltend. Wir wechseln ein paar Worte, machen ein Foto. Kein langes Gespräch, aber ein echter Moment.
Treffen mit einer Legende: Autor Benjamin Simon mit Miroslav „Die Katze“Mecir.
Später am Tag spiele ich mit Ondrej Purnoch, einem der Trainer auf der Anlage des TK Slovan Bratislava. Der Schlagabtausch ist locker, die Atmosphäre offen. Ich merke, wie mein Körper sich langsam an das ständige Unterwegssein gewöhnt. Am Abend spaziere ich durch die Altstadt, esse eine Suppe, trinke einen Tee und lasse die Eindrücke sacken.
Tag 14 – 2. April | Zwei Fahrräder, ein Lagerfeuer
Ich starte früh, die Donau ist mein Kompass. Nach etwa 50 Kilometern begegnet mir ein anderer Radreisender: Fabian, 23 Jahre alt, Archäologiestudent aus München. Wir kommen ins Gespräch, finden schnell einen gemeinsamen Rhythmus und entscheiden, den Tag gemeinsam zu fahren.
Die Gespräche fließen, wir sprechen über Geschichte, Sport, das Unterwegssein. Am Abend schlagen wir an einem kleinen Strand an der Donau unsere Zelte auf, kaufen zuvor noch Lebensmittel im nächsten Laden und kochen gemeinsam. Es ist fast wie in einem Film: das Lagerfeuer, die Stille, das Knistern der Zweige. Klischeehaft, ja. Aber auch echt. Und schön.
Tag 15 – 3. April | Budapest voraus
Wir stehen früh auf, packen zusammen und starten in den Tag. Das Wetter ist klar, die Luft frisch, die Donau liegt still. In einem kleinen Ort trinken wir Cappuccino, sitzen in der Morgensonne und wechseln die Uferseite von der Slowakei nach Ungarn.
Fahrrad-Freunde: Mit Fabian fuhr unser Tennisreisender ein Stück der Strecke gemeinsam.Bild: privat
Die letzten Kilometer vor Budapest sind idyllisch: ein schmaler, gut ausgebauter Radweg führt durch ein Waldstück entlang eines Nebenarms der Donau. Es ist still, friedlich, ein fast magischer Ausklang.
Gegen Abend erreichen wir die Stadt. Wir buchen ein Apartment mitten in der Fußgängerzone. Essen zusammen, reden viel, lachen. Es ist ein Ankommen, das guttut – und wir wissen: Noch fahren wir gemeinsam weiter.
Tag 16 – 4. April | Budapest als weißer Fleck
Ich bleibe. Heute kein Tennis, keine Verabredungen, keine Termine. Ich lasse die Schläger im Zimmer, fahre mit dem Rad durch Budapest, genieße die Stadt, den Blick vom Burgberg, den Kaffee in der Frühlingssonne. Ungarn bleibt ein weißer Fleck auf meiner Tennisreise – aber kein leerer.
Ich tanke Kraft. In mir breitet sich Ruhe aus. Und Vorfreude auf die kommenden Etappen. Fabian bleibt auch noch eine Nacht. Unsere Wege werden sich erst morgen trennen – nach einem letzten gemeinsamen Morgenkaffee.
Tag 17 – 5. April | Abschied von Fabian und die lange Etappe nach Kalocsa
Der Morgen beginnt ruhig. Fabian und ich frühstücken ein letztes Mal gemeinsam, sitzen draußen mit Blick auf die Straße, der Cappuccino dampft in der Tasse. Dann rollen wir noch etwa 20 Kilometer gemeinsam aus Budapest heraus, durch den Süden der Stadt. An einer Weggabelung halten wir an. Wir wissen: Hier trennen sich unsere Wege.
Er fährt weiter Richtung Rumänien, ich Richtung Serbien. Wir umarmen uns, kurz und fest. Dann geht es weiter.
Ich fahre durch weite Landschaften, flache Felder, kleine Orte. Das Wetter bleibt stabil – kühl, aber trocken. Ich höre Musik, trete gleichmäßig, verliere mich in Gedanken. Am späten Nachmittag erreiche ich die Kleinstadt Kalocsa. Ich finde ein einfaches Hotel, dusche, esse eine Kleinigkeit. Heute war ein reiner Reisetag – und manchmal ist das genau richtig.
Tag 18 – 6. April | Drei Länder, ein Ziel: Dalj
Ich starte früh in Kalocsa. Mein Ziel: heute durch drei Länder fahren – von Ungarn nach Serbien, weiter nach Kroatien. Die Luft ist kühl, das Wetter freundlich. Ich komme gut voran, spüre den Fluss der Reise.
Die Straßen in Serbien sind leer, die Grenzübertritte verlaufen ruhig. Am späten Nachmittag erreiche ich Dalj in Kroatien. Ich bin erschöpft, frage in einem kleinen Restaurant nach einem Zimmer. Die Wirtin greift zum Telefon – ruft im Bekanntenkreis herum. Und kurze Zeit später habe ich eine Bleibe.
Ein einfaches Zimmer. Eine warme Suppe. Ein Abend, der mir zeigt: Gastfreundschaft kennt keine Sprache. Ich schlafe ruhig.
Tag 19 – 7. April | Novi Sad im Niesel – und ein Trainer, der bleibt
Der Morgen ist kühl. Ich fahre Richtung Novi Sad, das Wetter wird grauer, feuchter. Gegen Mittag mischen sich erste Schneeflocken in den feinen Niesel. Kein Sturm, kein Drama – aber ein stilles, kaltes Treiben.
Kurz vor Novi Sad führt mich der Weg an der Donau entlang. Und dann sehe ich sie: die berühmte Tennis Avenue – mehrere Clubs, dicht an dicht, am Damm gelegen. Ich halte an, bleibe stehen. Auf einem Platz trainieren zwei – ein Trainer und ein junger Spieler. Trotz der Witterung, mit Fokus und Ruhe.
Ich beobachte. Dann spreche ich ihn an. Sein Name: Filip. Wir wechseln ein paar Worte. Ich erzähle von meiner Reise. Er hört zu, offen und zugewandt. Dann sagt er: „Komm morgen um 9:30 Uhr wieder.“ Ich nicke.
Am Abend finde ich ein kleines Apartment in Novi Sad. Ich bin müde. Und neugierig auf den kommenden Tag.
Tag 20 – 8. April | Filip – Haltung inmitten der Asche
Der Tag beginnt mit Licht. Es ist der 20. Reisetag. Ich wache früh auf – in einem kleinen Zimmer in Novi Sad, direkt an der Donau. Die Luft ist klar, der Morgen still. Ich steige aufs Rad, schlage den Weg zur Tennisanlage ein. Die Straßen sind ruhig, die Felder weiten sich, der Rhythmus des Tretens bringt mich in den Tag.
Mein Ziel: ein Gespräch mit Filip, dem Trainer, den ich gestern ganz zufällig auf der Tennis Avenue von Novi Sad getroffen habe. Ein Blick, ein kurzer Austausch, ein Satz: „9:30 Uhr, morgen.“ Heute halte ich mein Wort.
Djokovic-Vibes: Mit Filip, einem Jugendgegner von Novak Djokovic, spielte Autor Benjamin Simon in Novi Sad ein paar Bälle.Bild: privat
Als ich die Tennisanlage erreiche, steht er schon da. Lehnt lässig an einem Zaun, die Hände in den Jackentaschen. Wir begrüßen uns mit einem festen Händedruck – und setzen uns auf eine der Bänke am Rand des noch leeren Platzes.
Was dann folgt, ist kein Interview, sondern ein Gespräch, das sich wie ein gemeinsamer Spaziergang durch zwei Biografien anfühlt.
Filip ist in Novi Sad geboren – in den frühen 1990er-Jahren, in einem Serbien voller Umbrüche. Seine Eltern führten drei kleine Sportgeschäfte in der Stadt. Das Sortiment war überschaubar, improvisiert, aber mit Herz: Tennisschuhe, Bälle, Kleidung – oft aus Beständen, die auf Umwegen ins Land gelangten.
„Ich war sechs“, sagt Filip, „als ich zum ersten Mal an einem Tenniszaun stand.“ Und mit sieben – so sagt er mit einem kleinen Lächeln – „stahl“ er sich einen Schläger aus dem Lager. Die Mutter fand ihn morgens im Bett, den Schläger unter der Decke. „Da wussten sie: Ich meine es ernst.“
Was folgte, war ein klassischer Aufstieg: mehrfacher serbischer Jugendmeister, europaweite Turniere, Matches gegen einen damals noch genauso ehrgeizigen Novak Djokovic. Filip erinnert sich an viele Begegnungen, aber nie an Glamour. „Wir hatten wenig. Aber wir hatten das Spiel.“
Später zieht es ihn in die USA, zur Rice University in Texas. Tennisstipendium. Psychologiestudium. „Ich wollte verstehen, was im Kopf eines Spielers passiert“, sagt er. „Nicht nur die Technik – das Innenleben interessiert mich.“ Nach zwei Jahren kehrt er zurück nach Serbien. Er wird Coach.
In Deutschland spielt er Regionalliga – unter anderem in Darmstadt – und trainiert bei Zoran Petkovic, dem Vater von Andrea. Eine prägende Zeit. Struktur. Disziplin. Haltung.
Heute betreut Filip eine kleine, ausgesuchte Gruppe junger Spielerinnen und Spieler. Besonders stolz ist er auf die Arbeit mit Bojana Jovanovski Petrović – ehemalige Fed-Cup-Spielerin für Serbien. Eine seiner jungen Spielerinnen spielt mittlerweile in der ersten Liga in Kopenhagen, an der Seite von Lena Papadakis vom LTTC Rot-Weiß Berlin. Ein kleiner Zufall – aber für mich ein leuchtender. Meine Reise hat mich an genau diesen Punkt geführt: nach Novi Sad, zu Filip, zu einer Verbindung, die über Landesgrenzen hinweg Bestand hat.
Wir schlagen schließlich ein paar Bälle. Kein Match, kein Druck. Einfach Spiel. Und Respekt. „Du hast Gefühl in der Hand“, sagt er irgendwann. Ich lächle. Es ist kein Kompliment. Es ist eine Beobachtung – sachlich, ehrlich.
Bevor ich gehe, trinken wir noch einen Espresso am Clubhaus. Keine große Geste. Nur ein Satz: „Komm gut weiter. Wir sehen uns wieder.“ Ich steige aufs Rad – und fahre weiter. Richtung Süden. Richtung Belgrad.
Der Wind steht günstig, die Strecke ist nicht leicht, aber gut fahrbar. Während ich pedalierend Novi Sad hinter mir lasse, denke ich nicht an Kilometer. Ich denke an Haltung. An Tiefe. An Menschen wie Filip.
Ein Trainer, der nicht nur das Spiel sieht – sondern den Spieler. Ein Tag, der bleibt.
Tag 21 – 9. April | Belgrad: Stil, Stärke und ein Mädchen namens Sophia
Manchmal schließt sich auf einer langen Reise ganz unerwartet ein Kreis. Vor wenigen Tagen war ich beim TC Blau-Weiß Blasewitz in Dresden zu Gast – eine traditionsreiche, stilvolle Anlage. Dort hörte ich von einer jungen Spielerin, die im vergangenen Jahr das A5 Dresden Open gewonnen hatte. Und heute, am 21. Tag meiner Reise, stehe ich in Belgrad – und sehe sie wieder: Sophia Ksandinov, 17 Jahre alt, deutsche Nachwuchsspielerin, mitten in der Damenkonkurrenz eines UTR Pro Tennis Tour Turniers beim Verein Roter Stern Belgrad.
Die Anlage liegt am Rand der Innenstadt, umgeben von verfallenen Häusern und bröckelnden Fassaden. Und doch wirkt sie wie eine Oase: rote Asche, grüne Zäune, volle Konzentration. Einen starken Kontrast bilden die Menschen dieser Stadt. Die Belgraderinnen und Belgrader begegnen dem Alltag mit Stil. Viele sind modisch gekleidet, elegant, selbstbewusst – sie setzen Farbe und Eleganz gegen das Grau der Gebäude. Sie verleihen ihrer Stadt Stolz und Würde.
Sophia spielt hier nicht zum ersten Mal international. Das UTR-System gibt ihr, wie vielen anderen, die Möglichkeit, regelmäßig auf hohem Niveau zu spielen – mit fairer Bewertung und einem Preisgeldsystem, das nicht nur Siege honoriert, sondern auch die Teilnahme unterstützt. An diesem Tag verliert sie ihr Match knapp – aber bleibt gefasst. Kaum fünf Minuten später sitzt sie mit ihrem Vater am Spielfeldrand und analysiert ruhig, sachlich, fokussiert.
Ihr Vater spricht mit Leidenschaft über ihren Weg – über Disziplin, Förderung, über Werte. Ein Satz bleibt mir im Gedächtnis: „Heute sind es unsere Kinder – und morgen ist es unser Volk.“ Tennis ist für ihn nicht nur Sport. Es ist Verantwortung, Haltung und eine Schule fürs Leben.
Sophia selbst wirkt reflektiert und zielstrebig. Sie spricht über ihren Heimatverein SV Lohhof Unterschleißheim, bei dem sie weiterhin Mitglied ist, und über den TC Grün-Weiß Luitpoldpark München, für den sie in der Regionalliga an Position 2 spielt. Sie ist dreifache Bayerische Meisterin, in den Top 10 ihres Jahrgangs in Deutschland, hat internationale ITF Juniors gewonnen und stand im Doppel-Finale beim 15k-Turnier in Monastir. Beim A5 Dresden Open im letzten Jahr gewann sie das Turnier – während ihr elfjähriger Bruder Platon gleichzeitig auf demselben Gelände sein eigenes Halbfinale bestritt. Links sie, rechts er – ein Familienmoment, wie ihn nur der Sport schreiben kann.
Am Abend mache ich mich noch auf den Weg zur Belgrade Waterfront – einem Bauprojekt, das sinnbildlich für die Erneuerung dieser Stadt steht. Direkt an der Save gelegen entsteht ein komplett neues Viertel: moderne Wohnanlagen, Büros, ein riesiges, glänzendes Einkaufszentrum – und ein fast vollendeter Hochhausturm, der über das Areal ragt. Besonders eindrucksvoll: die noch nicht eröffnete, futuristisch geschwungene River Bridge, die sich wie ein Halbkreis über den Fluss dreht.
Diese Waterfront ist Symbol für den Mut Belgrads. Für den Willen, sich neu zu erfinden. Für die Kraft, nach vorn zu blicken, ohne die Vergangenheit zu verleugnen. Diese Stadt wagt etwas – und zieht dabei viele mit.
Zum Abschied sagt Sophia mit einem Augenzwinkern: „Das heißt nicht, dass ich keine Sponsoren brauche – also Benjamin, es ist nie zu spät, etwas Richtiges für mich zu tun.“
So viel Stil, so viel Stärke – in einem Mädchen namens Sophia. Und in einer Stadt, die sich traut, sich neu zu erfinden.
Im Schatten der Belgrader Wohnblocks: Autor Benjamin Simon spielt Sophie für ihr Turrniermatch ein.Bild: privat
Tag 22 – 10. April | Ein Versprechen in Belgrad
Der Morgen begann mit einem klaren Ziel: Ich hatte Sophia versprochen, zu ihrem Match zu kommen – und daran wollte ich mich halten. Noch vor dem Frühstück schlüpfte ich in mein Fahrraddress, verabschiedete mich von meinem kleinen Apartment in Belgrad und machte mich auf den Weg zur Tennisanlage von Roter Stern.
Ein leichter Regen hing schon in der Luft, und der Wind zerrte an meiner Jacke, als wolle er mich davon abhalten, das Gelände überhaupt zu betreten. Aber ich war da, rechtzeitig – und wurde direkt überrascht: Sophia war bereits beim Einschlagen. Und nicht nur das – sie bat mich kurzerhand auf den Platz. Wir schlugen ein paar Bälle, ganz unkompliziert, ganz offen. Eine kurze Begegnung, aber ein wohltuender Moment der Nähe inmitten dieser doch oft einsamen Reise.
Das Wetter schlug Kapriolen: Windböen, dann wieder Ruhe, dann einsetzender Regen. Sofias Spiel war das zweite auf Platz zwei. Regenunterbrechung. Warten.
Während dieser Pause versammelte sich das gesamte Turnierumfeld – Spielerinnen, Trainer, Eltern, Betreuer – im und rund um das Klubhaus. Ein geschäftiges, aber herzliches Durcheinander. Ich kam ins Gespräch mit einigen der jungen Spieler, die mir von ihrem Alltag erzählten, vom Training, von den Turnieren. Einer sprach sogar ein wenig Deutsch.
Besonders eindrücklich war meine Begegnung mit Slobodan Vojinović, dem Sportdirektor des Clubs – ein Mann mit beeindruckender Tennisbiografie, einst selbst Profi, der lange Zeit in Deutschland lebte und heute maßgeblich das sportliche Leben bei Roter Stern mitprägt. Unser Gespräch war offen, persönlich, fast freundschaftlich. Wir sprachen über die Entwicklung des Tennissports in Serbien, über Talentförderung, aber auch über das, was den Sport menschlich macht: Begegnung, Gemeinschaft, Freude. Slobodan trägt eine tiefe Leidenschaft in sich – für den Sport, für seine Geschichte und für die nächste Generation.
Ebenso lernte ich Ivan Bjelica kennen – auch ein ehemaliger Profi, der früher in Deutschland spielte und heute als Trainer tätig ist. Schon nach wenigen Minuten bot er mir spontan seine Hilfe an: eine Schlafmöglichkeit, ein gemeinsames Essen oder einfach eine Runde Tennis auf seiner Anlage. Seine offene Art und seine Begeisterung für den Sport waren sofort spürbar. Auch mit ihm werde ich in Kontakt bleiben – vielleicht kreuzen sich unsere Wege irgendwann wieder auf dem Platz.
Kurz nach zwölf dann: Spielbeginn. Sophia führte schnell 4:1. Ich spürte Freude, weil ich mein Versprechen gehalten hatte, weil ich gesehen hatte, dass sie gut drauf war. Aber ich wusste auch: Der Weg ruft. Ich war nur zu Besuch – und mein nächstes Ziel lag noch viele Kilometer entfernt.
Ich musste weiter – am kommenden Dienstag treffe ich in Sofia einen Freund aus meinem Tennisverein LTTC Rot-Weiß Berlin, mit dem ich gemeinsam in der Herren 40-Mannschaft spiele. Der Termin ist gesetzt – also rief wieder der Sattel.
Heute hat sich wieder einmal gezeigt: Sport kennt keine Grenzen. Und Sport ist nicht politisch. Was zählt, ist der Mensch – auf dem Platz und daneben.
Als ich mit dem Fahrrad losfuhr, hatte der Regen aufgehört. Ich überquerte die Donaubrücke bei starkem Wind – ein beeindruckender Moment, der die Weite und die Kraft dieses Stroms spürbar machte. Dann ging es weiter auf einem schlecht befestigten Deichweg – aber mit heftigem Rückenwind, der mir den Abschied aus Belgrad fast erleichterte. Der Himmel war sehr wechselhaft. Immer wieder sah ich dunkle Wolken, spürte die drohende Nässe in der Luft. Hoffentlich bleibt es trocken, dachte ich.
Später am Tag erreichte mich eine Nachricht von Sophia: 6:2, 6:2 – sie hatte ihr Match gewonnen. Und das erste, was sie nach dem Abklatschen tat, war, mir zu schreiben. Das hat mich ehrlich gefreut. Wir bleiben in Kontakt – und vielleicht können wir uns, jede*r auf dem eigenen Tennisweg, gegenseitig unterstützen.
Ich habe Sophia eingeladen, uns im Juni beim Berlin Open auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß zu besuchen. Vielleicht findet sich dort für sie sogar die Gelegenheit, als Hitting-Partnerin für eine der Profispielerinnen zur Verfügung zu stehen.
Es sind genau solche Begegnungen, die diese Reise so besonders machen: Miroslav. Fabian. Filip. Und Sophia. Sie geben der Reise ein Gesicht. Und mir – ein Stück mehr Sinn.