Es ist Donnerstag abend, 20.45 Uhr Ortszeit in London. 17.500 Zuschauer sitzen in der O2-Arena volles Haus. Die Halle ist in Dunkelheit getaucht. Auf dem Multi-Media-Würfel unter der Hallendecke laufen Spots der beiden Akteure, die in wenigen Momenten die Halle betreten werden. „Please welcome Juan Martin dellll Poootro“, erklingt es aus den Lautsprecherboxen. Und der Argentinier läuft, in Nebel gehüllt und mit Spot auf ihn gerichtet, ein. Jetzt ertönen Herzschläge, um die Spannung zu erhöhen: bum-bum, bum-bum, bum-bum. Kurz darauf folgt Federer. Das gleiche Prozedere. Nur ist der Jubel diesmal ohrenbetäubend. Die Zuschauer erheben sich Standing Ovation für den großen Meister. Auf einer Anzeigetafel in der Mitte der Ränge läuft eine Art Newsticker mit riesigen Lettern, auf denen die Zahlen und Fakten der Spieler stehen, immer im Rund.
Die Showeffekte, die Dramaturgie, die „Aces“, die „Set-“ und Breakpoints“, die als quasi animierte Buchstaben durch die Halle rasen all das passte beim letzten Match der Gruppe A noch besser als an den anderen Tagen. Zum einen war es ein fantastisches Match, das beste dieser ATP-WM bislang, mit tollen Rallys, überraschenden Netzangriffen und perfektem Winkelspiel.
Zum anderen lebte es von der Spannung, welche beiden von drei Spielern am Ende weiterkommen würden Federer, del Potro, Murray.
Murray knapp ausgeschieden
Nach dem Matchball, del Potro siegte 6:2, 6:7, 6:3, war zumindest bei den Spielern die Verwirrung groß. Murray, längst im Hotelzimmer, schrieb beim Internetportal Twitter: „Ich glaube, ich bin raus. Weiß es einer genauer?“ Del Potro, der Sieger, war sich auch nicht klar, ob ihm der Sieg nutzte. Zehn Minuten blieb er noch auf dem Platz, bis ihm sein Coach Franco Davin die frohe Botschaft überbrachte, dass er im Halbfinale sei.
Kurioserweise nicht als Gruppensieger, obwohl er gerade gewonnen hatte. Doch Erster wurde Federer. Alle drei hatten das gleiche Verhältnis von gewonnen und verlorenen Sätzen. Den Ausschlag gab am Ende die Bilanz der gewonnenen und verlorenen Spielen. Und die lautete:
Federer: 44:20 (52,3 Prozent)
Del Potro: 45:43 (51.1 Prozent)
Murray: 44:43 (50.5 Prozent)
Hätte Federer gegen del Potro nur ein Spiel mehr gewonnen, wäre Murray weiter gewesen und nicht der Argentinier verrücktes Round Robin System. „Es war eine harte Niederlage. Aber ich bin froh, dass ich noch dabei bin“, sagte Federer. Am Sonntag im Finale kann er sich revanchieren. Da können der Schweizer und der Argentinier erneut aufeinandertreffen. Der Modus macht’s möglich.