Ekuador feiert, Österreich friert und England taumelt
Porto Alegre, Brasilien Ekuador 2:3
Als leichter Favorit ging Gastgeber Brasilien in das südamerikanische Duell, doch dann entfachte Nicolas Lapentti all seine Leidenschaft für den Davis Cup. Lapentti, 33 Jahre alt, vor zehn Jahren in den Top 10 der Weltrangliste, bestritt seine 37. Davis Cup-Begegnung für Ekuador. Vor der Partie orakelte er, dass bei einer Niederlage möglicherweise sein Rücktritt anstehen könnte. Dann holte er drei Punkte, stand an drei Tagen über elf Stunden auf dem Platz und führte vor den Augen von Andres Gomez (French Open-Sieger 1990) zum ersten Mal seit 2000 sein Land zurück in die Weltgruppe. Am finalen Sonntag holte Lapentti, momentan die Nummer 144 der Welt, den entscheidenden dritten Punkt gegen Marcos Daniel. Der brasilianische Topspieler (ATP-Ranking 56) kommt aus der Nähe von Porto Alegre und hatte vor 5000 ausgelassenen Fans ein echtes Heimspiel. Aber Lapentti gewann die ersten beide Sätze, die Stimmung im Gigantinho Stadium kühlte sich ab. Doch Daniel kam zurück, gewann die Sätze drei und vier. Jetzt brodelte es in dem Stadion, in dem der brasilianische Tennisverband einen Sandplatz verlegt hatte. Lapentti nahm eine Auszeit und besprach sich mit seinem Bruder Giovanni, mit dem er das Doppel zur 2:1-Führung am Samstag gewonnen hatte. Ich werde dieses Match nicht verlieren, kündigte Nicolas an. Wenig später führte er 5:2 im fünften Satz, vergab aber vier Matchbälle, Daniel glich auf 5:5 aus. Am Ende aber hieß es 6:4, 6:4, 1:6, 2:6, 8:6 für Lapentti. So ist der Davis Cup: Er kann so viel Energie freisetzen, wenn man für sein Land antritt, schwärmte er. Logisch, dass er nun 2010 weiterspielen wird.
Rancagua, Chile Österreich 3:2
In der Nacht von Sonntag auf Montag, um kurz vor zwei Uhr Ortszeit, hat Nicolas Massu Matchball. Es herrschen sieben Grad Lufttemperatur in der Rodeo-Arena Medialuna Monumental de Rancagua, in dessen Rund ein Sandplatz errichtet wurde. Vor einigen Minuten hatte Massu eine 6:3-Führung im Tiebreak des vierten Satzes und damit drei Matchbälle verspielt. Die Fans, eingehüllt in dicke Jacken, rutschen unruhig auf ihren Sitzen hin und her. Massu und sein österreichischer Gegner Stefan Koubek spielen schon seit über fünf Stunden. In ihrem Match geht es um alles, denn insgesamt steht es 2:2. Erst lag Chile nach dem ersten Tag 2:0 in Führung, dann glich Österreich noch aus. Jetzt der vierte Matchball von Massu. Wieder ein ewig langer Ballwechsel. Von ihnen gab es zuvor schon etliche und sie zogen das Match so dermaßen in die Länge. Massu macht den Punkt, lässt sich dann einfach auf die Grundlinie plumpsen und wird sofort von Fans, Betreuern und Funktionären begraben. Massu schafft es schließlich zum Mikrophon und ruft den Zuschauern zu: Ohne euch hätte ich das niemals geschafft, ich war doch eigentlich schon tot. Stefan Koubek kommentiert niedergeschlagen: Da ist nur noch Frustration. Ich hatte Chancen, in den fünften Satz zu kommen. Obwohl Topspieler Fernando Gonzalez, der sich mit dem chilenischen Tennisverband zerstritten hat, nicht zum Team gehörte, schaffte Chile den Verbleib in der ersten Liga des Davis Cups. Österreich hingegen muss nach sechs Jahren 2010 wieder in der zweiten Liga antreten.
Genua, Italien Schweiz 2:3
Roger Federer spielt gewöhnlich einmal pro Jahr Davis Cup. Meistens im September. Dann findet nämlich die Relegation statt. Da Federer sich für die Erstklassigkeit der Schweiz regelmäßig einsetzt, gesellt er sich zu diesem Termin schon seit den letzten fünf Jahren zu seiner Tennis-Nationalmannschaft. Die übrigen Partien lässt der Weltrangliste-Erste seit 2004 aus. So kommt es jedes Jahr zum gleichen Schauspiel: Die Schweiz verliert im Februar/März die erste Runde der Weltgruppe ohne Federer. Ein gutes halbes Jahr später gewinnt sie dann die Relegation mit Federer. So wie dieses Mal in Italien. 32 Stunden nach seiner Finalniederlage bei den US Open landete Federer in Genua und holte zwei Punkte durch lockere Siege über Simone Bolelli und Poticio Starace. Stanislas Wawrinka gewann sein erstes Einzel gegen einen angeschlagenen Andreas Seppi, so dass Federer am Samstag (mit einer 2:0-Führung im Rücken) kein Doppel spielte. Ich war noch verdammt müde von den US Open und hatte ein kleines Problem mit meinem Bein da wollte ich nichts riskieren, erklärte er. Selbst ein müder, nicht ganz fitter Federer reichte der Schweiz, um die Relegation zu gewinnen. Nach den Australien Open 2010 will er entscheiden, ob er vielleicht nächstes Jahr nicht nur zur Relegation, sondern auch zur Erstrundenpartie in der Weltgruppe antreten wird.
Liverpool, England Polen 2:3
Abgesehen von Andy Murray: Dies ist ein schockierendes Statement für den Niedergang des Herrentennis in diesem Land, kommentiert die Times den unglaublichen Absturz des englischen Davis Cup-Teams. Nach vier Niederlagen in Folge (drei davon zu Hause) sind die Briten nun in der Europa/Afrika Zone II gestrandet ein Debakel für die Tennisnation England. Die jüngste Blamage gab es gegen Polen. Andy Murray holte, trotz gravierender Probleme mit dem Handgelenk, die wohl eine längere Pause nach sich ziehen werden, zwei Punkte in seinen beiden Einzeln. So weit die Pflicht. Die Kür misslang. Im Doppel verlor Murray zusammen mit Ross Hutchins gegen das Top 10-Doppel Fyrstenberg/Matkowski. Beim Stand von 2:2 musste schließlich Englands Nummer 2, Dan Evans, den dritten Punkt in der Echo Arena von Liverpool holen. Wer das ist? Ein 19-jähriger Nachwuchsspieler, der 2008 noch vom englischen Verband (LTA) aus dem Kadertraining geschmissen wurde, weil er vor einem wichtigen Match in einem Nachtclub gesichtet wurde. Evans, 302 der Weltrangliste, spielte 2009 in Queen´s (1:6, 1:6 gegen Malisse) und Wimbledon (2:6, 3:6, 3:6 gegen Davydenko). Sonst klappert er Future- und Challenger-Turniere ab. Murray sprach sich im Vorfeld der Begegnung für Evans aus, so dass die in der Weltrangliste besser platzierten James Ward, Joshua Goodall und Alex Bogdanovic nicht nominiert wurden. Evans verlor das entscheidende Match gegen Michal Przysiezny, Nummer 662 der Welt, klar in drei Sätzen. Wir sind nun da, wo wir hingehören, bilanzierte Murray mürrisch. Er ließ es offen, ob er in der dritten Liga des Davis Cups, wo England 1996 zuletzt antreten musste, noch an den Start gehen werde. Die Gegner dort heißen: Dänemark, Ungarn, Litauen oder Mazedonien. Auf der Insel ist nun eine hitzige Diskussion darüber entbrannt, wie ein so reicher Tennisverband (Wimbledon spült jedes Jahr über 30 Millionen Euro in die Kasse) so tief sinken kann. Die Times etwa fordert personelle Konsequenzen beim LTA: In jeder anderen Sportart wären schon längst die Köpfe gerollt.
Tim Böseler
nike air jordan 1 low outlet | air jordan 1 mid outlet