The Championships – Wimbledon 2009 Day Four

Post auf Wimbledon: „Ruft doch den Odesnik an!“

Als der Österreicher Jürgen Melzer in den kleinen Interviewraum Nummer drei geführt wird, sagt sein Begleiter von der Pressestelle in Wimbledon: Mister Melzer wird keine Fragen zum Thema Wetten beantworten.  Blöd nur, dass die nicht-österreichischen Journalisten genau deswegen hier sitzen. Aber: Probieren kann man es ja. Zuerst ein paar Fragen zum einfachen Drei-Satz-Sieg über Benjamin Becker, dem man nach seinen letzten Erfolgen auf Rasen ein wenig mehr Gegenwehr zugetraut hatte.

Dann der langsame Übergang zum brisanten Thema: Wettbetrügereien im Tennis. Als Melzer nämlich in seinem vorherigen Match gegen Wayne Odesnik ebenfalls in drei Sätzen gewann, sperrten eine Reihe von internationalen Wettanbietern das Match Einsätze waren nicht mehr möglich. Der Grund: Über eine Million englische Pfund waren bereits auf das Erstrundenmatch gesetzt worden. Eine Summe, die bei solchen, eher gewöhnlichen Partien der ersten Runde sehr hoch ist. Gesamteinsätze von maximal 100.000 Pfund sind dort eher die Regel. Bei der so genannten Tennis Integrity Unit (TUI), einer Zwei-Mann-Einheit des Tennis-Weltverbandes, die die Integrität des Sports überwachen soll, schrillten die Alarmglocken, als sie von den Wettanbietern über die hohen Wettvolumen in Kenntnis gesetzt wurden. Das Kuriose an den Wetten war: Das meiste Geld wurde auf einen Sieg von Melzer in drei Sätzen gesetzt genauso kam es auch.
Ja und?, fragt Melzer, der dann doch zu dem Thema Stellung nimmt. Von zehn Matches auf Rasen gegen Odesnik gewinne ich acht mit 3:0 Sätzen das ist doch nichts Besonderes. Und weiter: Ich habe das Match gewonnen wie soll ich da manipulieren? Ihr müsst den Odesnik fragen, nicht mich. Ich bin der Falsche. Ruft den Odesnik doch an.

„Sie fragen den Falschen“

Das haben Kollegen vom britischen Fernsehen bereits gemacht. Und Odesnik beteuerte denen gegenüber seine Unschuld. Ich ruiniere doch nicht meine Zukunft, kommentierte der US-Amerikaner die Verdächtigungen. Bleibt also Melzer, der ebenfalls alles abstreitet und sich nach den jüngsten Veröffentlichungen der englischen Presse unfair behandelt fühlt.

Ich verstehe nicht, warum sich alle auf mich stürzen. Es ist schon unangenehm, wenn man bereits morgens beim Training zu diesen Thema befragt wird, und nur deswegen die Fotografen zum Platz kommen, sagt Melzer. Ob er sich beim Match gegen Becker unter besonderer Beobachtung wähnte? Nein, das nicht. Ich hatte den Kopf frei für ein gutes Match. Es gibt auch nichts, was ich mir zu diesem Thema vorwerfen könnte. Und was sind seine Erklärungen für die hohen Wetteinsätze auf einen 3:0-Sieg? Keine Ahnung, da fragen Sie den Falschen.
Die TIU hat unterdessen weitere Untersuchungen zu dem Match angekündigt. Und nicht nur zu dem. Auf der Fahndungsliste steht auch der Spanier Oscar Hernandez, bei dem ein Match in ’s-Hertogenbosch durch dubiose Verläufe der Wettquoten auffiel. In Wimbledon wollte er sich nach seiner Niederlage in der ersten Runde nicht zu dem Thema äußern. Darüber hinaus soll die Sondereinheit weitere zwölf Spieler (Russen, Argentinier, Italiener und Spanier) im Visier, auf der so genannten „Watch-List“, haben.

Ob Melzer schon Kontakt mit Nikolay Davydenko aufgenommen hätte, wird er noch gefragt. Davydenkos Match gegen Martin Vasallo-Arguello in Sopot 2007 war der Auslöser des ersten Wettskandals im Tennis. Der Russe war danach Gegenstand einer fast einjährigen Untersuchung, nachgewiesen werden konnte ihm aber nichts. Was soll ich mit dem reden, antwortet Melzer, als sein Begleiter von der Pressestelle das Gespräch unterbricht: Keine Fragen zu diesem Thema!

Er hatte ziemlich lange gebraucht, um das Gespräch auf deutsch zu verstehen.

Tim Böseler, Wimbledon

Archiv:
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