Wimbledon 2009 Tradition trifft Fortschritt
Alles Rafa in Paris, alles Roger in Wimbledon eine gefühlte Ewigkeit war das der sichere Experten-Tipp. Doch die letzten zwölf Monate stellten diese Formel auf den Kopf. Erst entriss Nadal Federer die Wimbledonkrone und wurde später die Nummer eins der Welt. Dann folgte die so unerwartete Niederlage von Nadal bei den French Open gegen Robin Söderling, die den Weg für Federers ersten Paris-Titel frei machte.
Nichts scheint mehr so, wie es einmal war vor dem Wimbledon-Turnier 2009. Die Leute erinnern sich auf lange Sicht gesehen nicht an Niederlagen, sondern an Siege, weist Nadal einen möglichen Karriereknick nach dem Aus von Paris weit von sich. Unklar aber ist sein Gesundheitszustand: Wegen seiner lädierten Knie musste er die Titelverteidigung beim Vorbereitungsturnier von Queen´s absagen. Stattdessen testet er bei einem Einladungsturnier im Hurlingham Club, ob er wieder zu hundert Prozent fit ist.
Federer: „Kann jetzt frei aufspielen.“
Roger Federer hingegen kann frei aufspielen bis zum Ende meiner Karriere, nachdem er seinen großen Traum in Paris endlich erfüllen konnte. Auch er sagte seine Titelverteidigung in Halle ab und kommt ohne Matchpraxis auf Rasen an die Church Road. Die Frage bei Federer wird sein, wie er sich gegen die direkten Konkurrenten schlägt. Denn gegen Nadal, Murray oder Djokovic ging er in den letzten Duellen meist als Verlierer vom Platz. Bei einem Sieg in Wimbledon wäre er alleiniger Rekordhalter mit 15 Grand Slam-Erfolgen und hätte Pete Sampras überflügelt.
Hinter Nadal und Federer lauern mit Andy Murray und Novak Djokovic die üblichen Verdächtigen. Murray hat durch seinen Sieg in Queen´s den Hoffnungen seiner Landesleute auf einen Triumph in Wimbledon einen neuen Schub gegeben. Der Schotte ist sich dessen bewusst, versucht aber betont locker zu wirken. Er kann nach Fred Perry der erste Brite seit 73 Jahren werden, der in Wimbledon gewinnt. Sein rasches Umschalten von Defensive auf Offensive ist auf Rasen brandgefährlich. Novak Djokovic, zuletzt Finalist in Halle, kommt mit seinem schnellen Allroundspiel auf allen Belägen klar. Er will wieder angreifen, nachdem er im Vorjahr in der zweiten Runde am unberechenbaren Marat Safin scheiterte.
Djokovic: „Haas kann Wimbledon gewinnen.“
Außenseiterchancen rechnen sich Juan Martin del Potro und Andy Roddick aus. Del Porto, dessen starker Aufschlag und krachende Vorhand auch auf Rasen mächtig einschlagen können, weiß, dass er mit den Besten der Welt mithalten kann. Roddick, bereits zweimaliger Finalist, hofft schon lange auf seinen zweiten Grand Slam-Sieg. Der Amerikaner, seit dem Frühjahr mit seinem neuem Trainer Larry Stefanki um einige Kilo leichter und beweglicher, war zuletzt in guter Form, bis er sich in Queen´s, beim Versuch, einen Ball durch die Beine zu schlagen, den rechten Knöchel verletzte und aufgab, um einen Wimbledonstart nicht zu gefährden.
Aus deutscher Sicht erwarten die Fans einiges von Halle-Sieger Tommy Haas. Er ist einer von sechs, sieben Spielern, die Wimbledon gewinnen können, so Novak Djokovic nach der Finalniederlage gegen Haas. Der 31-Jährige spürt, dass seine Karriere nicht mehr ewig dauern wird und tritt die letzten Wochen sehr konzentriert und zielgerichtet auf. Seine Aversion gegen das Spiel auf Gras hat er abgelegt. Rainer Schüttler, als aktuelle Nr. 30 der Welt bester Deutscher, ist aufgrund seiner Halbfinalteilnahme im Vorjahr an Position 19 gesetzt und muss versuchen, diese gute Ausgangsposition in ein paar Siege umzumünzen, um in der Weltrangliste nicht weit abzurutschen.
Venus Williams und ein offenes Feld
Bei den Damen gibt es, wie so oft in letzter Zeit, keine klare Favoritin. Venus Williams, nach ihren Siegen in den letzten beiden Jahren mittlerweile fünfmalige Titelträgerin, ist diejenige, die es zu schlagen gilt, ebenso wie ihre Schwester Serena. Beide sind bei Grand Slams stets topmotiviert. Dinara Safina hat den Druck, als Nummer eins der Welt nach drei verlorenen Grand Slam-Finals endlich bei einem Major zu siegen. Maria Sharapova hat zum ersten Mal in meiner Karriere keine Erwartungen. In Paris konnte sie sich ins Vietelfinale kämpfen, weiß aber, dass sie nach überstandener Schulteroperation noch Zeit braucht. An Position 24 gesetzt könnte Wimbledon für sie noch zu früh kommen, um an der Stelle ihres ersten großen Sieges 2004 erneut zu triumphieren.
Geheimfavoritinnen Azarenka und Stosur
Ansonsten zeigt sich ein offenes Feld: Für French Open-Siegerin Svetlana Kuznetsova, die entspannt starten kann, zählt Rasen nicht zum bevorzugten Untergrund, gleiches gilt für die momentan nicht voll motivierte Jelena Jankovic oder auch Elena Dementieva. Ana Ivanovic hat das Spiel, um auf Rasen weit zu kommen, sucht allerdings noch ihre Form. Mit Victoria Azarenka und Sam Stosur lauern zwei Geheimfavoritinnen im Hintergrund: Azarenka, die nach ihrem Sieg in Miami auch in Paris stark spielte, könnte in Wimbledon zum ganz großen Wurf ansetzen, sofern ihre Hüftbeschwerden das zulassen. Die Australierin Stosur, Halbfinalistin in Roland Garros, mag das Spiel auf Rasen durch ihre Doppel-Stärke sehr.
Für Überraschungen auf deutscher Seite könnten Charleston-Siegerin Sabine Lisicki und Anna-Lena Groenefeld gut sein, trotz schwachem Start in die Rasensaison. Beiden kommt das Spiel auf Gras entgegen, es fehlt ihnen zur Zeit an Kontinuität.
Wimbledon macht mobil für die Zukunft
Regen in Wimbledon eine bislang häufige Einblendung bei TV-Übertragungen aus London, wenn live gesendet wurde. Dies wird sich 2009 ändern: Nachdem jahrelang die Tradition einem verschließbaren Dach für den Centre Court entgegenstand, änderte zunehmender Druck der Fernsehanstalten diese Denkweise. Dies wird Wimbledon nicht von allen Regensorgen befreien, aber zumindest mehr an Planungssicherheit bringen. Bilder wie im Vorjahr, als Nadal seinen Pokal in der Dunkelheit hochstemmte, gehören der Vergangenheit an. Denn: Wird es zu dunkel auf dem Centre Court, wird das Flutlicht angeknipst auch das ist neu beim Wimbledon-Turnier 2009.
Gespielt wird in diesem Jahr erstmals auf dem neu erbauten Court 2, der einem Amphitheater gleicht. Der alte Court 2, gefürchtet als Friedhof der Stars, wurde zu Court 3 herabgestuft und wird dadurch weniger prominente Spieler das Fürchten lehren können. Ein neuer Platz an seiner Stelle soll bis 2011 fertig sein. Auf dem Graveyard of Champions hatte auch Pete Sampras 2002 seine wohl bitterste Niederlage gegen Nobody George Bastl einstecken müssen. Die Times verglich Pistol Pete´s Ansetzung hinter dem Centre Court damit, als ob man den König aus seinem Palast verbannte.
DVD-Tipp zum Genießen:
Ein Web-Tipp für alle, die das letztjährige Endspiel nicht sehen konnten oder noch einmal genießen wollen: Die DVD in voller Länge gibt es auf der offiziellen Seite des Turniers für 20 britische Pfund zu erwerben.
Florian GoosmannTitelverteidiger:
Herren: Rafael Nadal – Roger Federer 6:4, 6:4, 6:7(5), 6:7(8), 9:7
Damen: Venus Williams Serena Williams: 7:5, 6:4
Herren- Doppel: Nestor/Zimonjic Björkman/Ullyett: 7:6(12), 6:7(3), 6:3, 6:3
Damen-Doppel: Williams/Williams Raymond/Stosur 6:2, 6:2
Mixed: B.Bryan/Stosur – M.Bryan/Srebotnik 7:5, 6:4
Preisgeld:
14,750,000 gesamt
Die Sieger im Einzel erhalten jeweils knapp 1,000,000 .
Für das Erreichen der ersten Runde gibt es noch 12,600 .
Fernsehen:
Premiere/Sky überträgt ab dem 22. Juni rund 150 Stunden live, täglich von 13:00 21:30h, zeitweise auf mehreren Kanälen. Am mittleren Sonntag (28. Juni) ist traditionell spielfrei.
Die beiden Finalspiele werden in HD übertragen.
Moderation: Jan Henkel
Kommentatoren: Gerd Szepanski und Matthias Stach
Das DSF überträgt ebenfalls täglich live zu unterschiedlichen Zeiten ab 14:00h.
Kommentatoren: Elmar Paulke und Sebastian BernsdorffThe Global Destination For Modern Luxury | is air jordan outlet real