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Der Weg ist das Ziel

Entschleunigung ist das Zauberwort. Zumindest wenn es nach Rolf Bichsel, 43, geht. Inzwischen sitzt der Schweizer im klimatisierten Pressezentrum und verfolgt die Matches im Melbourne Park für den nationalen Sportinformationsdienst. Nur wie er hier gelandet ist, das unterscheidet ihn von all seinen schreibenden Kollegen. Ach was, von jedem, der in diesen Tagen von wo auch immer angereist ist zum ersten Grand Slam-Turnier des Jahres. Egal, ob Spieler, Coach, Manager, Funktionär oder eben Journalist.

 

Bichsel nahm nicht den Flieger nach downunder, sondern das Schiff. Und zwar nicht die Queen Mary oder dergleichen, sondern einen Frachter. Da hab ich schon immer von geträumt, sagt der braungebrannte Bichsel, ich bin mir sicher: Das mache ich auch im nächsten Jahr.

 

Am 1. Januar flog er nach Barcelona. Tags darauf checkte er als einziger Passagier auf der 271 Meter langen Hanjin Ottawa ein. Vom Mittelmeer ging es durch den Suez-Kanal ins Rote Meer, von dort durchs Piratengebiet (O-Ton Bichsel) vor Somalia nach Sri Lanka und weiter nach Malaysia. Erster Landgang: Singapur. Nächster und letzter Stopp: Darwin, an der Nordküste Australiens. Von dort flog Bichsel nach Melbourne. Ankunft am 22. Januar exakt 21 Tage nach Reisebeginn.

 

Ein hübscher Anachronismus, in einer Zeit, in der man E-Mails in Millisekunden um die Weltkugel beamt. Bichsel reiste wie die Tennisprofis in den 30er Jahren, quasi in Echtzeit. Ohne Jetlag und sonstige Wehwechen. An Board wurde im Schnitt alle zwei Tage die Uhr um eine Stunde vorgestellt. Wie er sich die Zeit vertrieb? Mit Lesen, essen, sonnen. Ich bin sonst immer online. Ich habe komplett abgeschaltet, sagt Bichsel, den der Trip rund 1700 Euro kostete, inklusive Vollpension, eigener Kabine, Dinner mit den Offizieren, Fitness-, Sauna- und Poolnutzung.

 

In einer Woche fliegt er wieder zurück in die Schweiz. Rund 24 Stunden sitzt er dann netto im Flieger. Er wird so manches mal die Hanjin Ottawa denken. Als der Weg das Ziel war.

Andrej Antic

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