Clowns und Helden
You cannot be serious, brüllt Mansour Bahrami über den Platz, und die Zuschauer lachen, weil sie das Zitat kennen. Der Ausspruch ist weltberühmt. John McEnroe hat ihn geprägt, weiland in Wimbledon, als er seiner Lieblingsbeschäftigung nachging, und einen Schiedsrichter bepöbelte. McEnroes Biographie, die bei jedem Zuschauer, der teure Karten gekauft hat oder von einem Sponsor eingeladen wurde, auf dem samtbezogenen Stuhl liegt, heißt ebenfalls: You cannot be serious.
Bahrami, der immer noch dasteht und nicht glauben kann, dass sein letzter Ball im Aus war, spielt gerade Doppel mit Peter Fleming, dem ehemals kongenialen Partner von John McEnroe. Auf der anderen Seite des Netzes stehen Henri Leconte, der lustige Franzose, und Peter McNamara, bei dem man, sobald sein Name genannt wird, an Paul McNamee denkt. Die beiden Australier waren früher so etwas wie zweieiige Zwillinge auf der Tour.
Spiel mit unsichtbarem Ball
Die Rollen sind in dem Match klar verteilt. Jedes Duo hat einen Clown und einen eher hölzernen Vertreter seines Fachs. Bahrami und Leconte sind die Clowns, Fleming und McNamara die hölzernen. Die Bühne könnte nicht besser sein. Die Royal Albert Hall sieht mit seinen roten Vorhängen in den zig Logen ohnehin aus wie ein riesiges Puppentheater, das man um einen Tennisplatz herumgebaut hat. An der Stirnseite befindet sich übrigens eine riesige, historische Orgel mit 10000 Pfeifen.
Wer den Oldies Böses will, könnte lästern: Vier Pfeifen stehen auf dem Platz. Denn mit Tennis hat das nicht viel zu tun, was das Quartett abliefert. Tennis im Sinne von: Punkte gewinnen, Wettkampf, Fight. Hier aber geht es zu wie im Circus Roncalli. Nimm du ihn, ruft Leconte und spaziert am Netz von rechts nach links, während sein bedauernswerter Partner hin und hersprintet. Bahrami schleicht sich vor dem Service seines Gegners wie Winnetou ans Netz. Einmal als der Balljunge pennt, serviert der nach wie vor schnauzbärtige aber gegenüber früher etwas grauhaarigere Iraner ohne Ball. Es folgt ein Ballwechsel, in dem sich alle Darsteller wie in Zeitlupe bewegen, komische Grimassen scheiden und so tun, als würden sie einen unsichtbaren Ball spielen. Der Schiedsrichter spielt auch mit. Er zählt den Punkt für Leconte und Fleming, was wiederum Bahrami auf die Palme bringt.
Improvisation, Touch und Situationskomik
Man mag das mögen oder nicht. Nur eins kann man nicht bestreiten: Leconte und Bahrami verstehen ihr Handwerk verdammt gut. Wenn sie nicht immer noch so gut mit dem Ball umgehen könnten, wäre auch die Show, diesem Mix aus Improvisation, Touch und Situationskomik, schlecht. Die Zuschauer jedenfalls sind begeistert, machen Oooh und Aaah. Am Ende wer gewonnen hat spielt überhaupt keine Rolle sagt der Hallensprecher, dass Bahrami jetzt ins Foyer komme und seine neue DVD verkaufen wird. Und tatsächlich: Die Zuschauer drängeln sich anschließend. Und Bahrami sitzt da, signiert, plaudert und ist glücklich. Um seine Schulter hat er ein Handtuch gelegt, damit er sich nicht erkältet. Er ist nicht mehr der Jüngste.
Soviel zu den Clowns. Die Helden, die es immer noch wissen wollen, die logischerweise nicht mehr so durchtrainiert sind wie zu besten Zeiten, aber auch keinesfalls verlieren wollen, treten anschließend auf. Stefan Edberg gegen Pat Cash. Der Schwede wird standesgemäß mit Klängen von Abba begrüßt, der Australier mit der Men at Work-Hymne Land down under. Das Spiel ist phasenweise ein Genuss. Edberg, der so aussieht, als habe er gerade Boris Becker im Finale von Wimbledon geschlagen, gewinnt 6:4, 6:3. Seine Rückhand und seine Volleys sind immer noch ein Augenschmaus.
Stirnbänder und Champagner
Ich habe das Gefühl, er bewegt sich noch besser als zu seiner aktiven Zeit, scherzt Cash später. Der Australier machte seine Sache auch nicht schlecht, begeisterte vor allem mit Returns und damit, dass er haufenweise seine schachbrettgemusterten Stirnbänder im Publikum verteilte. Ganz am Ende wird auch Cash zum Clown: Ihr da oben, sagt er und deutet in eine der mit roten Teppichen ausgelegten Logen, in der ein halbes Dutzend Krawattenträger und Champagnerglas haltende Damen in Abendgarderobe sich zuprosten. Während des Matches hatten die Herren heftig debattiert und die, immer beschwipster werdenden Damen, gegiggelt. Ihr da oben, sagt also Cash, ihr seid a pain in the as! Freundlich übersetzt heißt das, dass die Angesprochenen genervt haben. Es war nicht ganz klar, ob der Australier ernsthaft böse war.
Andrej Antic
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