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Turnierkalender 2009 – Die magische Box

Vor ein paar Wochen sagte Novak Djokovic in seiner für ihn typischen, humorvollen Art: Also, wenn ich jetzt auch noch anfange, über den Turnierkalender zu reden, werden wir hier ewig sitzen. Der Serbe umschiffte anschließend das leidige Thema, aber das Stichwort war genannt. Der Kalender. Wann und wo welche Turniere mit welchem Preisgeld stattfinden, darüber wird seit Jahren diskutiert. Im Moment wieder besonders heftig. Die Wahrheit ist, schimpft etwa  Rafael Nadal, die ATP macht uns das Leben zur Hölle. Und weiter: Es ist ein Skandal, wie wir Europäer und die Sandplatzspieler behandelt werden. Was den Spanier besonders nervte: die Turniere von Monte Carlo, Barcelona, Rom und Hamburg fanden in diesem Jahr direkt hintereinander statt. Vier Sandplatzturniere in Folge, davon drei Masters-Events das war selbst für den Muskelmann aus Mallorca zu viel, zumal Ende Mai, mit nur einer Woche Pause dazwischen, die French Open in Paris beginnen.
Der Grund für das Veranstaltungsgedränge in der Sandplatzsaison ist, dass in diesem Jahr Indian Wells und Miami eine Woche später als gewohnt stattfanden. Das wiederum lag kurioserweise daran, dass in den USA College-Basketball lief. Und damit Tennis und Basketball im amerikanischen Fernsehen nicht kollidierten, wurde die in den Staaten weniger beliebte Sportart, nämlich Tennis, verschoben. Nadal quittierte dies mit den Worten: Klar ist Basketball in Amerika wichtig, aber wir Tennisprofis spielen auf einer globalen Tour.

Madrid statt Hamburg
Mit seiner Kritik steht der Weltranglistenzweite nicht alleine da. Überhaupt: Die Unzufriedenheit mit der Politik der ATP ist groß. Als Nikolay Davydenko in Miami mit der Aussage konfrontiert wurde, dass doch die Spieler die ATP seien (was sie dem Namen nach auch sind: Association of Tennis Professionals = Vereinigung der Tennisspieler), antwortete der Russe: So sollte es sein, aber es ist nicht so. Viele Profis bemängeln, dass es keinen aktiven Spieler in der sechsköpfigen Führungsriege Board of Directors gibt, der als Sprecher der Spieler fungieren könnte. Bei der letzten Wahl im Juni 2007 trat Justin Gimelstob an. Der Sunnyboy aus Kalifornien spielte damals noch auf der Tour. Doch er  scheiterte, und Perry Rogers, Ex-Manager von Andre Agassi, wurde im Amt bestätigt. Wie seine Mitstreiter genießt Rogers den Ruf, eher für Marketingstrategien als für die Interessen der Spieler einzutreten. Der Mann, gegen den sich die Wut vor allem richtet, heißt Etienne de Villiers. Der ungeliebte ATP-Boss verfügt zwar als Chairman im Board of Directors über kein Stimmrecht, doch er bestimmt den Kurs. Seit knapp zweieinhalb Jahren ist der Südafrikaner im Amt. Bis Dezember läuft sein Vertrag, und seine Kritiker tun alles, damit dieser nicht verlängert wird. So verabschiedeten mehrere Top 20-Spieler eine Petition mit dem Ziel, de Villiers zu stürzen. Dass das Round Robin-Sys-tem zum Flop wurde, mögen sie ihm noch verziehen haben. Auch, dass die Endspiele der Masters-Serie von drei auf zwei Gewinnsätze reduziert wurden, nicht aber die für 2009 geplante Degradierung des Masters in Hamburg, gegen die der DTB gerichtlich vorging.
Noch hat das zuständige Gericht, der District Court Welmington im US-Bundesstaat Delaware, kein Urteil gefällt es wird frühestens Anfang August erwartet , aber der Ausgang des Verfahrens könnte das Welttennis ins Chaos stürzen. Was passiert, falls Hamburg den Rechtsstreit gewinnt, also Termin und Status behalten darf? So lautet die zur Zeit meistgestellte Frage im Circuit.

Tiriacs Spektakel
Es werde bald aufregende Nachrichten geben, verkündete de Villiers schon in Wimbledon 2007. Bislang blieben sie aus, wenn man davon absieht, dass die ATP auf ihrer Homepage Fakten geschaffen hat. 2009 is coming to life 2009 wird zum Leben erweckt, steht dort. Darunter befindet sich eine Weltkarte, und man wird zu einer virtuellen Tour eingeladen, die beim ersten Masters-Turnier des Jahres in Indian Wells beginnt und beim Masters Cup in London endet. Der soll übrigens künftig ATP World Tour Final heißen, weil Umfragen ergaben, dass Tennisfans auf den Begriff World ansprechen. Zwischendurch landet man nach Stopps in Monte Carlo und Rom nicht etwa in Hamburg, wie bisher, sondern in Madrid.
Der Termin für das mit 6,5 Millionen Euro dotierte Mutua Madrilena Mas-ters Madrid, bei dem Damen und Herren gemeinsam antreten, steht auch schon fest: 7. bis 17. Mai 2009. 130 Millionen Dollar sollen in das elftägige, von Ion Tiriac veranstaltete Sandplatzspektakel investiert werden. Unter dem Namen Magic Box Project 2009 laufen gerade die Arbeiten am 12500 Zuschauer fassenden Stadion mit Schiebedach. Dazu kommen auf der futuristisch anmutenden Anlage mit künstlichem See im Zentrum noch zwei weitere Stadien für 3500 und 2500 Zuschauer.

Roddicks Schützenhilfe
Es ist kaum zu erwarten, dass das Projekt scheitert. Es wäre auch das Ende von Etienne de Villiers als ATP-Boss. Am wahrscheinlichsten scheint, dass das Verfahren mit einem Vergleich endet. Dann flössen einige Millionen Dollar Entschädigung auf das DTB-Konto. Nur: Was nützt das ganze Geld, wenn Termin und Status futsch sind? Vor ein paar Wochen verabschiedete der Weltverband ITF seine Termine für den Davis Cup im nächsten Jahr. Die Viertelfinals werden im Juli nach Wimbledon gespielt. Ein Fakt, der den Hamburgern im Falle einer Niederlage nicht schmecken dürfte. Denn dann wird es im Juli mit Turnieren wie Stuttgart, Bastad und Gstaad noch enger. Mitte Juli zieht der Tross bereits zur Hartplatzserie in die USA. Wo bliebe dann Hamburg? Seit 100 Jahren hat sich Tennis kaum verändert. Jetzt kommt jemand, der Reformen anschieben soll, und wenn er es tut, wird er dafür verdammt, nimmt Andy Roddick Etienne de Villiers in Schutz. Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich der Visionär an der Spitze der ATP verzockt hat.    Andrej Antic
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