Mario Ancic: „Ich hatte das Glück, nochmal neu anfangen zu können“
Jahrelang kämpfte die ehemalige Nummer 7 der Welt mit Verletzungen und gesundheitlichen Problemen. Mit nur 26 Jahren musste Mario Ancic seine Profi-Karriere entgültig beenden. Gerichtssaal statt Tennisplatz: Mit einem Jura-Studium schlug er einen ganz neuen Weg ein. Heute lebt er in New York und arbeitet im Investmentbanking. Der Kroate über seine schwere Zeit nach dem Karriereende, wie ihm sein Glaube geholfen hat und warum Tennis immer ein Teil von ihm bleiben wird.
Herr Ancic, viele ehemalige Spieler arbeiten als Coach. Studium und Karriere im Rechtswesen sind eher untypisch…
2009 musste ich verletzungsbedingt lange pausieren. Ich wollte diese Zeit gut nutzen und habe angefangen, Jura zu studieren. Nach meiner Tennis-Karriere wurde ich an der University of Columbia angenommen und habe meinen zweiten Abschluss gemacht. In wenigen Wochen kriege ich dann auch meinen Doktortitel und habe hier in New York einen neuen Job im Investmentbanking – ein etwas anderer, aber genauso interessanter Bereich.
Also ist der „Big Apple“ jetzt Ihr Zuhause? Vermissen Sie Kroatien?
Momentan bin ich glücklich hier. New York ist toll, die Möglichkeiten riesig. Aber natürlich gibt es einen Teil von mir, der viel an die Heimat denkt, daher fliege ich zweimal im Jahr hin. Vielleicht zieht es mich irgendwann wieder ganz zurück in meine Heimat- wer weiß.
„Wenn das Leben dir Karten gibt, musst du eben genau diese spielen“
Sie mussten mit 26 Jahren wegen ständiger Verletzungen und Krankheit aufhören. Ein Alter, wo die meisten Spieler noch viele Jahre vor sich haben…
Früher dachte ich, ich werde bestimmt bis Mitte 30 spielen. Aber es kommt eben oft alles anders. Meine Verletzungs-Odyssee begann, als ich erst 22 war und mir eigentlich die Welt offen stand, die Karriere lief. Ich hatte ab da wirklich fast alles, was ging – Rücken- und Herzprobleme, am Ende war es dann vor allem die Schulter. Ich habe jahrelang gekämpft. Irgendwann konnte mein Körper einfach nicht mehr. Das war sehr hart für mich.
Sie kommen aus einer katholischen Familie. Hat ihnen der Glaube damals geholfen?
Absolut. Ich habe mich oft gefragt, warum mir das alles passiert. Aber alles im Leben passiert aus einem Grund und es gibt immer auch etwas Gutes an solchen Situationen. Auch wenn es komisch klingt: Für viele von den ganzen tollen Dingen, die ich jetzt mache, hätte ich nie Zeit gehabt, wenn ich weitergespielt hätte. Es ist doch einfach so: Wenn das Leben dir Karten gibt, dann musst du halt genau diese spielen. Ich hatte damals Glück, dass ich noch so jung war und nochmal ganz neu anfangen konnte. Das ist einfacher, als mit Mitte 30 vielleicht nicht zu wissen, was man jetzt mit seinem Leben anfangen soll. Aber ich denke, es gibt für jeden einen neuen Weg – und meinen habe ich gefunden.