Interview Mark Woodforde: „Kyrgios kann Majors gewinnen!“
Der frühere Doppelspezialist Mark Woodforde arbeitet heute als Turnierdirektor und TV-Experte. Wir sprachen mit dem Australier über Doppel, seine Karriere und natürlich über Kyrgios, Kokkinakis & Co.
Mister Woodforde, man hat in Deutschland lange nichts von Ihnen gehört. Was machen Sie heute?
Ich lebe mit meiner Frau und meinen zwei Töchtern (13 und 14 Jahre, Anm. d. Red.) in Indian Wells und bin nach wie vor im Tennis involviert. In Adelaide veranstalte ich seit 2009 die World Tennis Challenge, bei der Anfang des Jahres aktuelle und ehemalige Profis als Team zusammenspielen. Bei den Grand Slams arbeite ich als TV-Experte. Im letzten Jahr habe ich Marinko Matosevic auf der Tour betreut. Auch um das australische Juniorenteam habe ich mich lange gekümmert.
Das australische Herrentennis ist aktuell so gut aufgestellt wie seit vielen Jahren nicht mehr. Woran liegt diese Entwicklung?
Ich bin so froh, zu sehen, dass wir wieder eine Zukunft haben. Wir hatten eine goldene Ära in den 60ern und 70ern, später ebenfalls eine starke Generation, in der ich auch spielte. Danach sind wir in ein Loch gefallen. Meiner Meinung nach lag das auch an der Veränderung der Bodenbeläge, die früher wesentlich schneller waren und das aggressive Spiel begünstigt hatten. Uns Australiern lag diese Spielweise. Als die Beläge langsamer wurden und das Serve-and-Volley-Spiel langsam ausstarb, kamen die Australier nicht mehr so gut zurecht – von Lleyton Hewitt abgesehen. Auch die Coaches mussten sich erst einmal umstellen, weil sie den jungen Spielern jahrelang das Angreifen gelehrt hatten. Inzwischen sind viele gute Leute in die Nachwuchsarbeit des Verbandes involviert. Todd (Woodbridge, Anm. d. Red.), Pat Rafter, bald auch Lleyton Hewitt. Auch ich bin immer wieder involviert.
Wie wichtig ist es, Champions vergangener Tage in die Nachwuchsarbeit zu integrieren?
Extrem wichtig! Die Australier machen eines richtig: Sie führen ihre Talente schon sehr früh an das Davis Cup-Team heran. Die Youngster verbringen dann Zeit mit Tony Roche, Patrick Rafter – das ist eine unglaubliche Motivation für sie. Als ich noch mehr in den Nachwuchsbereich involviert war, reisten wir ein paar Mal zur Saisonvorbereitung in die TennisBase nach Oberhaching. Die Bedingungen dort sind hervorragend. Ich war mit den jungen Spielern auch 2012 beim Davis Cup dabei, als Australien in Hamburg gegen Deutschland spielte. Ich mag Deutschland. Früher habe ich bei den Turnieren in München, Düsseldorf und Hamburg viel Zeit verbracht, als ich zu Beginn meiner Karriere lernte auf Sand zu spielen.
Was erwarten Sie von Nick Kyrgios, Bernard Tomic, Thanasi Kokkinakis & Co.?
Thanasi kenne ich seit seiner Kindheit, weil er aus meiner Heimat Adelaide stammt. Auch Nick kenne ich gut. Sie sind beide unglaublich talentiert. Ich glaube, dass sie in den nächsten Jahren um Grand Slam-Siege mitspielen können – weil sie extrem aggressiv und offensiv agieren, immer das Risiko suchen. Bernard ist auch ein großartiger Spieler. Aber meiner Meinung nach spielt er zu defensiv.
Sie haben mit Todd Woodbridge zusammen im Doppel alle Majors gewonnen, dazu Olympia-Gold 1996 und den Davis Cup. Fehlte Ihnen etwas in Ihrer Karriere?
Ein Grand Slam-Titel im Einzel (lacht)! Ich bin wahnsinnig glücklich mit dem, was ich erreicht habe – es gab unglaublich viele Highlights. Aber als ich 1996 in Melbourne im Einzel das Halbfinale erreichte, fühlte ich mich so richtig als Profi angekommen. Ich war endlich nicht mehr nur der Doppelspieler.