Rückenschmerzen beim Tennis: Kampf mit dem Kreuz
Rückenschmerzen im Tennis sind weit verbreitet. Wer viel spielt, sollte sein Kreuz schützen, weil die Belastungen enorm sind. Wir zeigen Ihnen, mit welchen Übungen Sie sich für harte Matches wappnen können.
„Ich liege auf dem Boden neben dem Bett. Jetzt erinnere ich mich wieder. Ich bin während der Nacht vom Bett auf den Fußboden umgezogen. Das tue ich meistens. Ist besser für meinen Rücken. Zu viele Stunden auf einer weichen Matratze führen zu höllischen Schmerzen. Ich zähle bis drei, dann beginne ich mit dem langen, schwierigen Prozess des Aufstehens. (…) Jetzt, wo die Müdigkeit nachlässt, kommt die erste Schmerz-welle. Ich fasse mir an den Rücken. Mein Rücken packt mich. Ich fühle mich, als hätte sich über Nacht jemand hereingeschlichen und so eine Lenkradkralle an meinem Rückgrat befestigt.“
So beginnt Andre Agassis Biographie „Open“. Eindrücklicher lässt sich kaum beschreiben, wie heftig Rückenschmerzen für Profis sein können. Agassi hatte in seiner Karriere zwei Bandscheibenvorfälle, die letzten Jahre seiner Laufbahn überstand er auf dem Platz nur mit Schmerzmitteln.
Rückenschmerzen können alle Tennisspieler haben
Auch wenn Agassi ein extremes Beispiel ist: Pein im Kreuz haben viele Tennisspieler, natürlich auch Amateure und Breitensportler. Man kennt das: Nach acht Stunden im Bürostuhl geht es am Abend noch auf den Platz. Ein bisschen Bewegung. Schadet ja nicht. Doch genau dabei kann es ruckzuck passieren: unaufgewärmt, verspannt und oft mit zu viel Ehrgeiz werden die ersten Bälle geschlagen – und dann macht der Rücken dicht.
„Tennis gehört zu den Sportarten, die eine hohe Rückendisziplin der Sportler erfordern“, gibt Reinhard Schneiderhan zu Bedenken. Was der Facharzt für Orthopädie aus Taufkirchen in Bayern und Präsident der Wirbelsäulenliga meint: Tennisspieler sollten sich parallel zu ihrem Sport regelmäßig um ihren Rücken kümmern. „Er muss kontinuierlich gekräftigt werden“, rät der Wirbelsäulen-Spezialist.
Schneiderhan, selbst Hobbytennisspieler, kümmerte sich schon um die Rückenbeschwerden von Tommy Haas. „Viele Sportler tun erst dann etwas für ihren Rücken, wenn sie Probleme bekommen. Dann ist es aber oft zu spät“, mahnt Schneiderhan. Das Problem: Viele Sportler, auch Profis, trainieren nur die oberflächliche Muskulatur. Dabei sind es die tiefer liegenden Muskeln, die die Wirbelsäule stabilisieren. Von einer „Pseudosicherheit“ spricht Schneiderhan, die normales Krafttraining im Fitnessstudio bringt: „Bei einer unerwarteten Bewegung reicht der Schutz dann nicht mehr aus.“
Bei Rückenschmerzen die Tiefenmuskeln trainieren
Natürlich ist es besser für den Körper, wenn man im Studio Kraftübungen absolviert, als gar nichts zu machen außer Tennis. Aber effektiver ist das Training abseits der Courts, wenn die Tiefenmuskeln aktiviert werden. Die sogenannte „autochthone Rückenmuskulatur“ lässt sich aber nicht gezielt kräftigen, weil man sie nicht bewusst anspannen kann. Sie reagiert letztlich auf Stellungsänderungen des Körpers.
In der Physiotherapie hat sich das Training auf instabilen Unterlagen etabliert, um die tief liegenden Muskeln anzusprechen. Denn sobald der Körper die Balance halten muss, verrichten die autochthonen Rückenmuskeln ihre Arbeit und werden trainiert. „Es sind diese Muskeln, die über die Stellung der Wirbelkörper zueinander bestimmen und dem Rücken dadurch Stabilität verleihen. Sportler, die sie explizit trainieren, beugen Verletzungen vor und werden reaktionsbereiter“, erklärt Experte Schneiderhan.
Wer sich zweimal pro Woche 20 Minuten Zeit nimmt, um die hier vorgestellten vier Übungen (am Ende des Textes!) auf einem wackeligen Balance-Trainer und einem Gymnastikball durchzuführen, wird langfristig seinem Rücken etwas Gutes tun. Wichtiger Aspekt dabei: Stets den Körper als Ganzes im Blick haben, nicht nur ausgesuchte Muskeln.
Kurze Ausdauerläufe besser als stundenlanges Joggen
„Es hängt alles miteinander zusammen“, sagt Dieter Berlacher, Fitnesscoach an der TennisBase in Oberhaching. „Was man unten nicht hat, setzt sich als Übel nach oben fort.“ Ein Sportler kann also Rückenschmerzen bekommen, weil dessen Beinkraft zu schwach ist. Der Rücken muss dann einspringen und mehr arbeiten als üblich, wodurch Überbelastungen entstehen können. „Deswegen ist flüssiges Laufen auch für Tennisspieler wichtig, das System muss geschmeidig bleiben“, empfiehlt er.
Kurze Ausdauerläufe sind dafür ausreichend, keine stundenlangen Joggingrunden. In den Trainingsplan gehören auch Kräftigungsübungen für Muskeln, die im Tennis nicht direkt zum Einsatz kommen. „So beugt man muskulären Dysbalancen vor, die oft Rückenprobleme auslösen können“, sagt Berlacher. Wer viel für die langen Rückenstrecker macht, aber nicht an die Bauchmuskeln denkt, trainiert falsch. „Aus der Mitte kommt die Kraft“, lautet eine altbekannte Fitnessformel, die gerade für Tennisspieler gilt.
Kaum eine andere Sportart ist für den Rumpf so belastend wie Tennis: das ständige Rotieren des Oberkörpers, die vielen Dreh-, Sprint- und Stoppbewegungen, die Stauchung der Wirbelsäule beim Aufschlag – für all das muss der Körper entsprechend trainiert sein.
Ein starker Rumpf ist also ein großer Trumpf, um möglichst lange schmerzfrei seinen Lieblingssport ausüben zu können. Vorsicht ist dennoch geboten, insbesondere beim Aufschlag. Sportwissenschaftler aus Australien haben 2013 nachgewiesen, dass die Kräfte beim Service im Lendenwirbelbereich achtmal größer sind als beim Joggen.
Es ist die Mischung aus Rotation und extremer Seitneigung, die die Wirbelsäule beim Aufschlag so stark beansprucht. „In der Spitze kommt es schnell zu Überlastungen des Rückens. Aufschläge sind Stress pur für die Bandscheiben“, warnt auch Spezialist Schneiderhan. Seine Empfehlung: „So früh wie möglich mit Ausgleichssportarten beginnen, damit die einseitige Belastung ausgeglichen wird.“
Rückenschmerzen präventiv behandeln
Ein Ratschlag, den viele der heutigen Profis in ihrer Jugendzeit nicht umsetzten – oft mangels Wissen. Roger Federer, Rafael Nadal, Andy Murray: Sie alle haben Rückenbeschwerden, zum Teil schon chronische. „Heute wird im Jugendbereich wesentlich präventiver gearbeitet“, versichert Fitnesstrainer Berlacher. „Es wird viel mehr als früher darauf geachtet, dass die Nachwuchsspieler einen Ausgleich zum Tennis haben.“
Die älteren Profis versuchen nun, durch intensive Arbeit neben dem Platz die Beschwerden zu bekämpfen. Aber oft sind es nur die Symptome, die sie dadurch in den Griff kriegen. Nicht die Ursachen. „Irgendwann sind die einseitigen Belastungen für die Profis zu viel“, weiß Berlacher. Wachsende Athletik und die zunehmende Bedeutung des Aufschlags stellen die Körper der Stars vor immer größere Herausforderungen.
Was das für Amateure und Freizeitspieler heißt? Nicht alles bei den Profis abschauen und nicht jede Sportminute auf dem Tennisplatz verbringen. Ihr Rücken wird es Ihnen eines Tages danken.
Vier Übungen gegen Rückenschmerzen beim Tennis
Erschwerter Einbeinstand |
Mit dem rechten Bein auf den Balance-Trainer stellen, dabei das Kniegelenk leicht beugen. Dann die Außenseite vom linken Fuß auf den rechten Oberschenkel legen und das Gleichgewicht halten, was für Anfänger schon schwer genug ist. Fortgeschrittene strecken Arme auf Schulterhöhe aus und bewegen sie zügig auf und ab. Die Wirbelsäule bleibt lang, ruhig atmen und 30 Sekunden die Position halten. Danach das Bein wechseln. Trainiert Bein- und Rückenmuskeln, schult gleichzeitig den Gleichgewichtssinn. Hilfsmittel wie Balance-Trainer oder Pezzibälle gibt es im Sanitätsfachhandel. Online zum Beispiel hier: www.togu.de |
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