Angelique Kerber – die große Verunsicherung der Nummer eins
Sonntagnacht, als Angelique Kerber gerade das Finale von Monterrey verloren hatte, setzte Nils Jacobsen einen Tweet ab. Jacobsen ist Wirtschaftsjournalist und bearbeitet gerne Social Media-Themen. Er ist Autor auf der Website „Meedia“, einem Branchendienst der Medienszene. Jacobsen textete: „Nächste Niederlage für #Kerber. 2017 noch KEIN Sieg gegen eine #20-Spielerin! Und das als #1. Für @TennisMagazin sicher trotzdem kein Drama.“
World No.1 @AngeliqueKerber opens brand new @Abierto_GNP Stadium court!
📸–> https://t.co/Kr9aUBErIQ pic.twitter.com/rKnO0j84C1
— WTA (@WTA) April 5, 2017
Kerber: „Immer Lächeln für die Werbung“
Hintergrund für den Tweet von Jacobsen war ein Text von ihm über Angelique Kerber, der vergangene Woche auf „Meedia“ erschien. Überschrift: „Immer Lächeln für die Werbung – das angestrengte Instagram-Leben von Tennis-Nummer-eins Angelique Kerber.“ Jacobsen analysiert darin, wie sich Kerber über Instagram von ihren Werbepartnern vereinnahmen lässt. Zitat: „ … die unablässige Social Media-Inszenierung, die die 29-Jährige artig wie ein Zirkuspferd Woche für Woche über sich ergehen lässt.“ Sein Fazit: Kerber spielt ihren Fans auf den Social-Media-Kanälen ein „Gute-Laune-Hochglanz-Leben“ vor, das nicht zu „ihrer sportlichen Tragödie im Tennisjahr 2017“ passt.
Ballin' 🏀@AngeliqueKerber enjoys a night out at the @MiamiHEAT game! #MiamiOpen pic.twitter.com/owYVSXDtac
— WTA (@WTA) March 22, 2017
Via Twitter erwiderte tennis MAGAZIN daraufhin, dass das Wort „Tragödie“ nicht angemessen sei – „Krise“ würde es besser treffen. Und außerdem: „Vieles, was sie macht auf Instagram & Co., ist vorgegeben: von WTA & Sponsoren. Lust hat sie sicher nicht dazu!“
Für Jacobsen Grund genug, uns als Verteidiger der Deutschen zu sehen, als verblendete Kerber-Fans sozusagen. Deshalb sei es für uns auch kein Drama, dass Kerber in Monterrey das Finale verlor. Womit er, zugegebenermaßen, Recht hat. Ein Drama ist es nicht, was Kerber gerade durchmacht. Auch keine Tragödie, keine Katastrophe. Es ist eine sportliche Krise – Punkt.
Erschreckend schwache Bilanz 2017
Kerbers Leistungen im ersten Quartal 2017 sind einer aktuellen Nummer 1 nicht würdig – da braucht man gar nicht drumherum zu reden. Kein Turniersieg, erst ein Finale erreicht, nur ein Erfolg gegen eine Top 30-Spielerin: Das ist eine erschreckend schwache Bilanz. Zumal Schwergewichte wie Serena Williams (verletzt), Maria Sharapova (gesperrt) oder Victoria Azarenka (pausiert) derzeit nicht auf der WTA-Tour präsent sind. 2017 verlor sie bisher gegen: Elina Svitolina (zweimal), Daria Kasatkina (auch zweimal), Coco Vandeweghe, Elena Vesnina, Venus Williams und Anastasia Pavlyuchenkova. Es sind Gegnerinnen, gegen die Kerber nicht reihenweise verlieren darf – unabhängig davon, ob sie nun die Nummer eins ist oder nicht.
Finished my practise for the day 🙌🏻 😅🎾 Refueling with @slimsecrets before my first-round match tomorrow #BNPPO17 🏜 #SlimSecrets #TeamAngie pic.twitter.com/7NSFF5OVMZ
— Angelique Kerber (@AngeliqueKerber) March 10, 2017
Wer die 29-Jährige in den letzten Wochen beobachtete und ihr zuweilen etwas näher kam, stellte vor allem eins bei ihr fest: große Verunsicherung. Auch wenn sie immer wieder beteuert, das sei, wie zuletzt in Miami, als sie gegen Venus Williams verlor, „alles kein Drama“. Man nimmt ihr die gespielte Leichtigkeit nicht mehr ab.
So gesehen hat Jacobsen mit seiner Social Media-Kritik sicher recht. Nur: Welcher Profisportler setzt schon selbstkritische Posts ab? Wer will öffentlich als zweifelnde Person in einer Szene wahrgenommen werden, in der letztlich nur die Leistung zählt und bewertet wird? Grundsätzlich ist es gerade im Damentennis so, dass man via Social Media alles dafür tut, die hübsche Fassade aufrecht zu erhalten – egal, wie sehr das Haus dahinter vom Einsturz bedroht ist.