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Germany's Angelique Kerber serves the ball to Russia's Ekaterina Makarova during their qualification round match at the Roland Garros 2017 French Tennis Open on May 28, 2017 in Paris. / AFP PHOTO / Lionel BONAVENTURE (Photo credit should read LIONEL BONAVENTURE/AFP/Getty Images)

Post aus Paris: Verliererin Kerber, Gewinnerin Kvitova

Es war fast zu erwarten: Angelique Kerber verlor in Paris gleich zum Auftakt und vermied anschließend ein Bekenntnis zu ihrem Coach.  Die Gewinnerin des Tages hieß Petra Kvitova.

Kerber-Aus keine Überraschung

Auch als Tennisreporterin fehlen einem inzwischen die Worte. Die Weltranglistenerste ist wohl die unglücklichste Weltranglistenerste, die es je gegeben hat. Ist das zu böse formuliert? Wie kann man Angelique Kerber und ihren Leistungen derzeit noch gerecht werden? Ein Seufzer, während man im engen Pressezentrum des Court Philippe Chatrier in seinen Laptop tippt, und dann lieber noch mal ratlos an der gesponserten Vittel-Flasche nippt. Das Bezeichnende ist ja, dass es wohl für niemanden mehr eine Überraschung war, dass Kerber gegen die Russin Ekaterina Makarova mit 2:6, 2:6 verloren hat. Und damit überhaupt als erste Topgesetzte seit Beginn der Profi-Ära im Jahr 1968 bei den French Open in der Auftaktrunde gescheitert ist. In der Historie passierte das bisher nur einem Herren: Stefan Edberg 1990.

Verliererin Kerber, Gewinnerin Kvitova

Schon während des Matches gegen Ekaterina Makarova wirkte Angelique Kerber phasenweise ratlos.

Gut, wenn nicht mit einem gerechnet wird

Noch am Mittwoch bei ihrem Pressetermin in München für ihren Versicherungssponsor Generali hatten Beobachter sie als wieder lockerer, selbstsicherer wahrgenommen. Die große Verunsicherung, die ihr auch abseits des Platzes zum Beispiel bei den Turnieren in Doha und Stuttgart anzumerken war, schien nach einigen Trainingstagen in Polen etwas gewichen. Sie hatte ja zuletzt schon so viel verloren, dass sie eigentlich nichts mehr zu verlieren hatte. „Manchmal ist es gut, wenn nicht so mit einem gerechnet wird. Und man ein bisschen überraschen kann“, hatte Kerber gesagt. Und das galt ja insbesondere für Paris, wo sie im Vorjahr auch in der ersten Runde an der Niederländerin Kiki Bertens gescheitert war.

Kerber: „Ich will mich jetzt finden“

Nach ihrer 13. Niederlage in diesem Jahr, in dem die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit und auch von ihr selbst eine andere ist, wie sie selbst sagt, wurde ihr in der Pressekonferenz von der „Bild“-Zeitung auch die Trainerfrage gestellt: Ist ihr Vertrauens- und einstiger Erfolgscoach Torben Beltz, der DTB-Trainer des Jahres 2016, noch der richtige? Sie gab kein Bekenntnis zu ihm ab. „Im Moment habe ich mich voll und ganz auf Paris konzentriert“, sagte Kerber, „jetzt habe ich viel Zeit und werde schauen, was ich in den nächsten Wochen mache, wie die Planung sein wird, momentan habe ich so weit noch nicht gedacht.“ Konfrontiert mit der Aussage von Boris Becker – „Irgendetwas muss passieren, so kann es nicht weitergehen“ – stimmte sie dem Eurosport-Experten zu: „Irgendwas wird sich auf jeden Fall ändern müssen.“ Die 29-Jährige wirkte im großen Pressekonferenzraum ratlos und leer, die Augen verweint. Kerber will nun nach Hause nach Puszczykowo fliegen, „ein paar oder noch ein paar Tage mehr“ das Racket nicht anfassen, die Sandplatzsaison schnell vergessen und dann die „Reset-Taste“ für die von ihr weitaus mehr geliebten Rasen-Turniere drücken. „Ich will wieder zu mir selbst finden.“

Druck ist immer noch da

Natürlich war das Linkshänderinnen-Duell mit Makarova (28) eine „starke Auslosung“, wie Kerber zu recht sagte (ohne das als Entschuldigung anführen zu wollen). Das ist ein Match-up, das ihr nicht liegt, gegen die Harthitterin, die vom Stil an Petra Kvitova erinnert. Makarova, verletzungsgeplagt derzeit nur noch die Nummer 40, kletterte 2015 mal bis auf Platz acht. Man kann Kerber auch nicht vorwerfen, dass sie von Anfang bis Ende verzagte. Sie versuchte sich bei 2:6, 0:3 noch einmal zu wehren und ihre zu passiven Muster, in die sie 2016 eigentlich schon abgelegt zu haben schien, zu verlassen. Aber es half nichts mehr, insgesamt nutzte sie nur 2 ihrer 16 Breakbälle. Und sie sagte dann auch, ganz ohne Phrasendrescherei, dass sie den Rucksack mit dem Druck mitgenommen hat an den Bois de Boulogne. „Natürlich ist der Druck immer noch da, es ist nicht so, dass er von heute auf morgen weg ist.“ Bislang scheint die Weltranglistenposition 1 ausschließlich eine Bürde für sie zu sein. Sie lächelte ihr gequältes Lächeln, als sie sagte: „Ich genieße Tennis immer noch. Das ist das, was ich liebe.“