Alles Roger in New York
Über die Bedeutung der Zahl 13 lässt sich streiten. Für die einen ist sie die ultimative Glückszahl, für die anderen ein Symbol des Pechs. Roger Federer wird sich nach seinem Triumph bei den USOpen über sein Verhältnis zur Zahl „13“ Gedanken machen. Nach dem er am Montag gegen 19 Uhr Ortszeit seinen Matchball im Finale der USOpen gegen Andy Murray verwandelt hatte, entlud sich im Schweizer der Frust einer langen, von Enttäuschungen geprägten Saison. Von seinen Gefühlen übermannt, fiel er erst auf die Knie und dann jubelnd auf den Rücken. Es war ihm anzusehen, dass sein 13. Grand Slam-Titel ein Besonderer war. Das ist ein sehr spezieller Moment in meiner Karriere. Diese Trophäe mit nach Hause zu nehmen, ist unglaublich. Es bedeutet mir die Welt, brachte der Schweizer nach der Siegerehrung im Arther Ashe Stadium von New York seine Gefühle auf den Punkt.
Jeder dachte, er müsste mir helfen
Vielleicht war es der Titel in seiner Karriere, der im Vorfeld am wenigsten erwartet wurde. Rafael Nadal, die neue Nummer eins der Welt, galt nach seinen Siegen von Paris und Wimbledon und der Goldmedaille in Peking als großer Favorit. Auch Novak Djokovic wurde häufig genannt, wenn es um den heißesten Titelanwärter ging. Von Roger Federer sprachen nur wenige. Möglicherweise hatte es der Schweizer aus diesem Grund in New York etwas leichter der Druck der Öffentlichkeit war nach seinen verlorenen Grand Slam-Endspielen, nach den verpatzten Auftritten bei den Masters-Veranstaltungen in Toronto und Cincinnati und der Viertelfinal-Niederlage beim olympischen Turnier in Peking gegen James Blake nicht mehr so groß. Federer selbst sah seine Krise nie so schwerwiegend zumindest versuchte er stets diesen Eindruck zu vermitteln:Als es nicht so lief, ist alles dramatisiert worden. Jeder dachte, er müsste mir irgendwie helfen. Das war nervig, sagte der 27-Jährige nach seinem US Open-Sieg und fügte erleichtert hinzu:Deshalb fühlt sich dieser Erfolg so gut an. Wer den Schweizer in den Wochen von New York genauer beobachtete, dem fiel auf, dass Federer von Beginn des Turniers an einen hungrigen, fokussierten Eindruck machte. Fokussiert, weil er die unbefriedigende Grand Slam-Saison, die im Januar mit Pfeifferschem Drüsenfieber begann, mit einem Highlight beenden wollte.
Federer wie in alten Zeiten
Ein erstes Ausrufezeichen setzte er in seinem Drittrundenmatch gegen Radek Stepanek. Das letzte Duell gegen den Tschechen dieses Jahr beim Masters-Turnier von Rom verlor Federer in zwei Sätzen. Verunsichert war er deshalb nicht. Nach seinem 6:3, 6:3, 6:3 Sieg galt er im Achtelfinale gegen den Russen Igor Andreev als haushoher Favorit. Das Match wurde der Schlüssel zum Turniersieg wie es die ehemalige Nummer eins der Weltrangliste selbst beschrieb. Andreev beeindruckte fünf Sätze lang vor allem mit seiner überragenden Vorhand am Ende war es Federers Cleverness, die den Ausschlag zu seinen Gunsten gab. Der Schweizer überzeugte in den zwei Wochen von New York mit alter Stärke: druckvolles, variantenreiches, präzises Spiel und eine exzellente Beinarbeit. Vor allem aber war er mental wieder voll da. Im Halbfinale traf er auf Novak Djokovic, der mit einem Sieg in der Weltrangliste am Schweizer vorbeigezogen wäre. Keine einfache Situation. Es sollte für den Serben die große Revanche für die bittere Niederlage im Endspiel des letzten Jahres werden. In allen Durchgängen hatte Nole damals Satzbälle am Ende gewann er nicht einen. So gesehen war das 3:6, 7:5, 5:7, 2:6 eine Steigerung, obwohl man den Eindruck hatte, Djokovic hätte zu keinem Zeitpunkt des Matches eine echte Chance gehabt. Federer spielte in the zone wie man im Englischen sagt also wie im Rausch.
Zwei Rekorde für Federer
Ein Finale gegen Rafael Nadal hatten sich viele gewünscht vielleicht sogar Federer selbst. Er hätte die Verhältnisse zumindest wieder ein bißchen gerade rücken können, sich mit dem Sieg für die verlorene Spitzenposition in der Weltrangliste und die Endspielniederlagen von Paris und Wimbledon rehabilitieren können. Andy Murray verhinderte das Gipfeltreffen. Über zwei Tage spielte er gegen Nadal sein bestes Tennis. So druckvoll und aggressiv, dass selbst der Weltranglistenerste über weite Strecken des Matches überfordert war. 2:0 in Sätzen führte der Schotte, im dritten Satz lag er ein Break zurück, als Wirbelsturm Hanna dafür sorgte, dass die Begegnung unterbrochen werden musste. Erst am Sonntag konnte das Match fortgesetzt werden. Dass Murray, der den vierten Satz abgab, wieder zur Spielweise des Vortags fand, war die eigentliche starke Leistung des Schotten, der sein erstes Grand Slam-Endspiel erreichte und die Vorzeichen waren gar nicht schlecht. Die letzten zwei Begegnungen gegen Roger Federer gewann Murray, darunter Anfang des Jahres in der zweiten Runde von Dubai. Doch in New York hatte der Schotte keine Chance, Federer zu stoppen. Vielleicht war er wegen des zwei Tage dauernden Halbfinals gegenüber dem Schweizer auch körperlich im Nachteil. Der Grund für die 2:6, 5:7, 2:6-Endspielniederlage war allerdings die Leistung Federers. Der Schweizer spielte wieder mal sein bestes Tennis in einem Endspiel das, was ihm in dieser Saison sonst nie gelungen war. Sein fünfter Sieg in Folge im New Yorker Stadtteil Queens bescherte ihm einen weiteren Rekord. Kein anderer in der Open Era gewann so oft hintereinander das letzte Grand Slam-Turnier des Jahres, kein anderer schaffte es, zwei Major-Events jeweils fünfmal in Serie zu gewinnen (Federer gelang dies auch in Wimbledon 2007). Experten und Medien überschlugen sich nach dem Triumph mit Lobeshymnen. Der alte Meister ist zurück, schwärmte John McEnroe. Ich denke Roger wird locker 16, 17 oder sogar 18 Majors gewinnen. Er dominiert dieses Spiel viel mehr, als ich es je getan habe, schloss sich ihm Pete Sampras an. Noch hält er mit 14 Siegen den Rekord. Nach den US Open 2008 stehen die Chancen gut, dass Federer den Amerikaner im nächsten Jahr überholen wird. Es wäre schlimm mit Grand Slam-Titel Nummer 13 aufzuhören, unterstrich dieser seine Lust auf mehr Siege.
Die Wochen von New York waren neben Federers Paukenschlag auch die Show der jungen Wilden. Nicht nur der Finalist Andy Murray überzeugte, auch Juan Martin del Potro, Marin Cilic und Kei Nishikori zeigten, dass mit ihnen in Zukunft zu rechnen sein wird. Hätten sie sich nicht gegenseitig aus dem Turnier gekegelt, wäre für alle noch mehr möglich gewesen. Cilic unterlag nach großartigem Spiel knapp dem Weltranglistendritten Djokovic, Nishikori, der unter anderem den Spanier David Ferrer besiegte, verlor das Duell gegen del Potro, dessen Siegesserie im Viertelfinale von Murray beendet wurde. Der Kampf an der Spitze ist unübersichtlicher geworden, beurteilte Federer den Auftritt der Youngster.
Das große Rechnen
Eine Aussage, die auch auf die Situation in der Damenkonkurrenz gepasst hätte. Das große Rechnen stand bei den Frauen ab dem ersten Turniertag im Mittelpunkt. Sechs Spielerinnen hatten die Chance, nach dem Turnier die Spitzenposition der Weltrangliste zu übernehmen. Ana Ivanovic musste ihren Platz verteidigen, scheiterte aber überraschend in Runde zwei an der 187 Positionen schlechter platzierten Julie Coin aus Frankreich. Nach ihrem frühen Wimbledon-Aus die zweite herbe Enttäuschung für die Serbin. Jelena Jankovic, ElenaDementieva, Svetlana Kuznetsova, Dinara Safina und Serena Williams hießen die anderen Kandidatinnen auf den Tennis-Thron. Mit Jankovic rechneten die meisten, Dementieva trauten es nach ihrem Gold-Gewinn von Peking auch viele zu. Dinara Safina, die Aufsteigerin der Saison, galt als Geheimfavoritin. Das Rennen machte am Ende die Routinierteste, die, die schon zwischen Juli 2002 und August 2003 57 Wochen ganz oben stand: Serena Williams. Ohne Satzverlust marschierte die US-Amerikanerin durch das Turnier, revanchierte sich bei ihrer Schwester Venus im Viertelfinale für die Endspiel-Niederlage von Wimbledon, schaltete Safina im Kampf um Titel und Nummer eins aus und beendete den Traum von Jelena Jankovic, endlich ein großes Turnier zu gewinnen. Nach 1999 und 2002 ihr dritter Triumph in New York. Ich bin so aufgeregt. Die Nummer eins war nicht mein Ziel, sie ist nur ein Bonus, freute die 25-Jährige während der Siegerehrung, als sie von knapp 23 000 Fans im Arthur Ashe Stadium gefeiert wurde. So wie übrigens auch Federer einen Tag später fast wie ein New Yorker bejubelt wurde.
Felix Grewe
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