Angelique Kerber Warten auf den großen Sieg
von Jordan Raza
Zwei Stunden und zwanzig Minuten waren gespielt, als ein lautes Vamos von Court 4 über die Tennisanlage im kalifornischen Indian Wells schallte. Mariá-Teresa Torró Flor, Nummer 72 der Weltrangliste, hatte soeben ihr erstes Match der Saison gewonnen gegen Angelique Kerber. Für die Deutsche, die 2012 und 2013 jeweils das Halbfinale beim Wüstenturnier erreichte, war es erst die sechste Niederlage gegen eine Spielerin außerhalb der Top 50 seit ihrem Durchbruch bei den US Open 2011.
Auch wenn die Spanierin eines ihrer besten Matches auf der Tour spielte, sparte Kerber im Nachhinein nicht mit Selbstkritik: Ich weiß, dass ich als Topspielerin selbst an solchen Tagen derartige Matches gewinnen muss, sagte sie nach ihrer Niederlage. Gerade den so wichtigen Start in den dritten Satz verkorkste die Kielerin, denn alleine im ersten Aufschlagspiel fabrizierte sie drei Doppelfehler.
Wie so oft wurde ihr auch bei dieser Niederlage der Aufschlag zum Verhängnis eine bekannte Schwachstelle in Kerbers Spiel.
Während Serena Williams und Maria Sharapova Servicewinner en masse produzieren, wartet man bei Kerber oftmals vergeblich auf freie Aufschlagpunkte. Zum Vergleich: Williams servierte in elf Matches der laufenden Saison 98 Asse und 33 Doppelfehler. Kerber kommt bei einundzwanzig Matches nur auf 54 Asse, aber 55 Doppelfehler. Dabei zeigt sie gelegentlich, dass sie effektiv servieren kann. So in der ersten Runde des Hallenturniers in Paris, wo sie vor wenigen Wochen gegen Klara Zakopalova 94 Prozent der Punkte bei erstem Aufschlag gewann. Allerdings: Matches mit solchen Quoten gehören zur Seltenheit. Vor allem Kerbers zweiter Aufschlag ist mit weniger als 130 km/h in der Regel viel zu harmlos gegen aggressive Returnspielerinnen wie Williams und Sharapova, die Kerbers Einwürfe dankend annehmen.
Die deutsche Fed-Cup-Chefin Barbara Rittner bezeichnet den Aufschlag ihres Schützlings als manchmal noch zu vorsichtig. Sie habe beim Aufschlag noch einiges zu verbessern, betont Rittner.
Kerber ist eine von mehreren Weltklassespielerinnen, die mit einer Aufschlagschwäche zu kämpfen haben. Auch bei Sara Errani oder Dominika Cibulkova ist das Service alles andere als eine Waffe. Wenn Kerber dauerhaft mit den Besten mithalten will, wird sie ihr Service in Sachen Tempo und Konstanz verbessern müssen. Auch der für Linkshänder typische Sliceaufschlag nach außen, der vielen Spielerinnen Schwierigkeiten beim Return bereitet, ist bei ihr häufig nicht effektiv genug. Dass sie an ihrem Aufschlag arbeiten muss, weiß die Deutsche. Aus diesem Grund verordnete sie sich während der Australian Open selbst ein Straftraining mit einer Extra-Einheit Aufschläge. Ich weiß, dass ich es kann. Im Training ist der Aufschlag da, jetzt muss ich ihn nur auf das Match übertragen, sagte Kerber in Melbourne.
Ein weiteres Manko in Kerbers Spiel ist ihr Festkleben an der Grundlinie. Da hilft es auch nicht, dass die Kielerin seit Jahren betont, wie sehr sie im Training an ihrem Volleyspiel arbeite. Im Match verlässt sie meist doch der Mut, guten Bällen hinterherzugehen und den Ballwechsel mit einem Volley abzuschließen. Das wird ihr vor allem in Partien gegen starke Defensivspielerinnen wie Agnieszka Radwanska oder Sara Errani zum Verhängnis, gegen die sie beide eine negative Bilanz aufweist.
Oft läuft es so: Nachdem sich die Kielerin in einer Rally in eine gute Ausgangsposition gebracht hat, unterläuft ihr letztendlich doch der Fehler. Sie erkennt oft nicht, wann sich eine Situation bietet, um ans Netz vorzurücken. Das wurde vor allem vor wenigen Wochen im Finale von Doha gegen Simona Halep (2:6, 3:6) deutlich, als sie nach eingestreuten Stoppbällen ein Schlag, den sie erst seit ihrer Zusammenarbeit mit Trainer Benjamin Ebrahimzadeh vermehrt einsetzt an der Grundlinie kleben blieb und somit der Rumänin viele Möglichkeiten offen ließ. Man erkennt zwar, dass Kerber im Vergleich zu den Vorjahren häufiger den Weg ans Netz sucht meist wirkt sie dabei jedoch unbeholfen.
Klar: Auch Sharapova, Azarenka und Co. sind nicht bekannt für ihr überragendes Volleyspiel. Beide agieren jedoch mit deutlich mehr Druck von der Grundlinie als Kerber, ohne dabei viele Fehler zu produzieren. Da Kerbers Grundlinienschläge wahrscheinlich nie mit solcher Power über das Netz fliegen werden, muss sie sich auf andere Schläge konzentrieren.
Apropos Konzentration: Für Kerber bleibt trotz ihrer frühen Niederlage in Indian Wells kaum Zeit zum Entspannen. Ihr Fokus liegt nun auf dem nächsten Highlight der Saison dem Turnier in Miami. Ich brauche jetzt ein paar Tage, um meinen Kopf frei zu bekommen. Dann werde ich wieder auf den Platz gehen und mich auf Miami vorbereiten, schreibt Kerber auf ihrer Facebook-Seite.
Ein weiterer Ausrutscher wie in Indian Wells gegen Torró Flor erscheint unwahrscheinlich in Miami immerhin gehört Kerber zu den konstantesten Spielerinnen auf der Tour. Zwei Auftaktniederlagen in Folge kassierte Kerber zuletzt Anfang 2013 in Doha und danach in Dubai. Ebenso unwahrscheinlich wie eine erneute frühe Pleite ist allerdings der Titelgewinn in Miami. Ihre drei bisherigen Turniersiege erzielte Kerber alle bei Events der untersten Kategorie ein echtes Highlight fehlt der 26-Jährigen noch. Die Gründe dafür sind bekannt.
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