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Die Zukunft der Damentour – Tennis global

Larry Scott, 43, ist bekannt für seine euphorischen Formulierungen. Mehr Stars und Rivalitäten, knisternde Spannung und höhere Investitionen so sieht die Zukunft des Damentennis aus, jubelte der Chef der WTA Tour kürzlich. Dem markigen Spruch ließ er Taten folgen und präsentierte den Terminkalender für 2009. Roadmap 2010 hieß das Projekt bislang. Nun sind Scott und seine Damen ihrer Zeit voraus. Während die Herren die Entscheidung über ihren Turnierkalender für das übernächste Jahr auf die US Open im September verschoben haben, stehen die globalen Reiseziele und -zeiten für Sharapova & Co. bereits fest.
Die Kernbotschaft des provisorischen Sony Ericsson WTA Tour-Kalenders (provisorisch, weil man sich offiziell noch nicht festlegen will, was man intern längst beschlossen hat): Das Beste vom Besten in den verschiedens-ten Regionen und Märkten zu zeigen, so Scott. Damentennis total global. Und so verwundert es nicht, dass eine der Perlen der neuen Tour Peking heißt traditionell eher keine Tennishochburg.

Superevent in Peking

Die chinesische Hauptstadt ist Teil einer neuen Superserie mit Preisgeldern von jeweils drei bis vier Millionen US-Dollar. Sie sind direkt unterhalb der Grand Slam-Turniere von Melbourne, Paris, London und New York angesiedelt. Neben Peking gehören zu dem exklusiven Kreis die bewährten Events von Indian Wells und Miami im März und das neue Ion Tiriac-Turnier in Madrid. Es findet im Mai statt, Peking im Oktober. Dahinter folgt ein Heer von ebenfalls hochrangigen Veranstaltungen 16 an der Zahl über Sydney, Charleston und Eastbourne bis Moskau, gefolgt von der sogenannten Tier-3 und Tier-4-Serie, Turnieren mit weit geringerem Preisgeld und Prestige.
Die brisanteste Neuigkeit ist die Inthronisierung Madrids. Denn genau wie in Indian Wells und Miami soll es sich bei dem angekündigten Spektakel in der spanischen Hauptstadt um ein combined event, ein kombiniertes Damen- und Herrenturnier handeln. Nur: Die Herren haben den Termin noch nicht bestätigt. Es besteht allerdings kein Zweifel daran, dass sie es bei den US Open tun werden. Hintergrund: Tiriac, der Macher von Madrid, bietet zum einen eine hochmoderne Anlage, die für Damen und Herren konzipiert ist, zum anderen eine zweistellige Millionensumme als Garantie für WTA und ATP.
Zur Folge hat dies, dass das Herrenturnier von Hamburg sowohl Mastersstatus als auch Termin verlieren wird. Die Klage, die der Deutsche Tennis Bund gegen die ATP Ende März bei einem US-Gericht einreichte, wird wohl mit einem Vergleich enden.
Somit steht mit dem Erscheinen des Damenkalenders kurioserweise ein Herrenturnier, das von Hamburg, als Verlierer fest.
Den deutschen Damenevents erging es nicht viel besser. Das ursprünglich im Oktober terminierte Turnier von Stuttgart wird in den April verschoben. Da die Rechte mit der Porsche-Arena weit über das Jahr 2009 abgeschlossen sind und im April die Sandplatzsaison beginnt, wird der Porsche Grand Prix wahnwitzigerweise in der Halle auf roter Asche gespielt. Wir sind froh, dass wir überhaupt noch leben, kommentiert Stuttgarts Turnierdirktor Markus Günthardt den bevorstehenden Wechsel süffisant.


Rückschritt für Berlin

Auch beim früheren Vorzeigeturnier von Berlin ist die Lage ernst. Ob es seinen Status (Tier-1) behalten wird, ist noch nicht entschieden, aber der Termin steht wie in Beton gegossen in der Woche vor den French Open. Damit ist klar, dass die Topspielerinnen, wenn sie denn kommen, nicht Vollgas geben werden. Ansonsten würden sie ihren Start beim Sandplatzhöhepunkt in Paris gefährden.
Der Veranstalter und Besitzer des Berliner Turniers, der katarische Tennisbund (QTF), wird es locker verkraften. Denn ab 2008 gilt das Augenmerk von Scheich Mohammed Bin Faleh Al Thani, Chef des QTF, und seinem Stab den WTA-Championships. Für drei Jahre bekam Doha den Zuschlag für das früher als Damen-Masters bekannte Event der acht Saisonbesten  eine Sensation. Aber noch sensationeller ist die Summe, die die Katarer der WTA garantieren: 42 Millionen Dollar, 14 Millionen pro Jahr. Das ist ein Quantensprung, sagt Peter-Michael Reichel, Turnierchef von Linz, und einflussreiche Person im WTA Tour Board of Directors, so viel Geld wurde noch nie ausgeschüttet.
Der Österreicher bewarb sich ebenfalls (mit einem europäischen Turnierort, den er aber nicht verraten will) für das Saisonfinale. Von den 13 Bewerbern blieben am Ende vier übrig, laut Reichel die mit dem besten Konzept und dem lukrativsten Angebot: Doha, Bangalore in Indien, Monterrey in Mexiko und Istanbul.
Es ist die Stunde der Exoten, total global eben. Wenn die drei Jahre in Doha vorbei sind, wandert das Damenfinale für den gleichen Zeitraum nach Istanbul. 2011 soll in einem neuen, 10000 Zuschauer fassenden Stadion am Bosporus gespielt werden. Tennis boomt in der Türkei, sagt Coskun Erginer, Managing Director des Istanbul Cups.
Die Frage ist, ob das alles gut ist. Doha, das 2006 die Asian Games erfolgreich veranstaltete, wird eine Menge zugetraut. Wir freuen uns darauf, das beste Saisonfinale aller Zeiten auszutragen, verspricht Al Thani überschwänglich. Aber das fünftwichtigste Damenevent in der Türkei muss für die traditionsbewussten europäischen Turnierdirektoren so wirken, als würde man eine Fußball-WM auf die Faröer-Inseln vergeben.
Hauptsache, das Geld fließt, werden sich die Verantwortlichen der WTA denken. 77 Millionen Dollar sollen 2009 ausgeschüttet werden so viel wie noch nie. 56 Turniere umfasst der Circuit so wenige wie lange nicht. Dafür müssen die Spielerinnen weniger arbeiten als je zuvor. Ende Oktober beginnt eine neunwöchige Pause. Die Damentour ist eine Erfolgsgeschichte, schwärmt Scott. Man wird sehen, ob alle Zahlenspiele aufgehen.   
Andrej Antic
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