Ernests Gulbis: Der Absturz des netten Letten
Sport, Kunst und jede Menge Geld das alles wurde Ernests Gulbis in die Wiege gelegt: Vater Ainars, im Gasgeschäft tätig, ist einer der reichsten Männer Lettlands, Mutter Milena ist eine bekannte Schauspielerin, Großvater Uldis Puctitis gilt als größter Filmemacher des Landes und der andere Opa, Alvils Gulbis, war Spielmacher des sowjetischen Basketball-Teams, das 1958 Europameister wurde. Ein familiärer Background, der dem sportbegeisterten Spross alle Möglichkeiten bot.
Gulbis wurde Tennisprofi, ging mit 13 Jahren in die Tennis-Akademie von Niki Pilic nach München, stand mit 19 Jahren im Achtelfinale der US Open und in den Top 50 der Welt eine Bilderbuch-Karriere bahnte sich an. Zusammen mit Juan-Martin del Potro und Marin Cilic galt Gulbis als die Zukunft des Herrentennis. Er hat das Zeug für die Top Ten. Aber dafür muss er hart arbeiten, sagte sein früherer Mentor Pilic 2008, als Gulbis bei den French Open im Viertelfinale stand und kurze Zeit später mit Rang 38 die bislang beste Platzierung in der Weltrangliste erreichte.
Elf Erstrunden-Niederlagen 2009
Doch jetzt ist seine Laufbahn ins Stocken geraten. 2009 verlor Gulbis elfmal in der ersten und 13-mal in der zweiten Runde. Nur in Tokio, wo er sich durch die Qualifikation kämpfen musste, kam Gulbis ins Viertelfinale sein größter Erfolg in diesem Jahr. Zur Zeit steht er auf Platz 100 in der Weltrangliste. Gulbis ist vom verheißungsvollen Talent zum Mitläufer auf der Tour geworden, zum Journeyman, der Woche für Woche überall auf dem Globus ATP-Punkte zusammensammelt, um nicht endgültig den Anschluss nach oben zu verlieren.
Ob diese Situation die jüngste Eskapade des netten Letten erklärt? Gulbis soll beim Turnier in Stockholm am Sonntag vor Turnierbeginn mit einem weiteren Profi von der schwedischen Polizei verhaftet worden sein. Der Vorwurf: Prostitution. In Schweden macht man sich als Freier strafbar, nicht als Prostituierte eine etwas seltsame Rechtslage. Vielleicht wusste Gulbis davon nichts, als er an jenem Abend zurück ins Hotel ging, dabei von Prostituierten begleitet wurde und in der Empfangshalle schon die Polizei auf ihn wartete. Gulbis soll laut schwedischen Medienberichten eine Nacht im Gefängnis verbracht haben, zahlte dann eine Strafe von 2500 schwedischen Kronen (ca. 250 Euro), wurde frei gelassen und spielte am darauffolgenden Mittwoch sein Erstrundenmatch gegen Feliciano Lopez (2:6, 4:6). Er kam vergleichweise glimpflich davon, denn in Schweden sind durchaus sechs Monate Freiheitsentzug für ein solches Vergehen möglich.
Wer ist der zweite verdächtige Profi?
Lange hielt die ATP Informationen zu diesem Vorfall zurück und bestätigte bis heute nicht, ob tatsächlich Gulbis derjenige ist, der von der Polizei geschnappt wurde. Mittlerweile verdichten sich aber die Indizien gegen Gulbis. Italienische Medien machten ihn zum Hauptverdächtigen. Und der schwedische Profi Joachim Johansson schrieb in seinem Blog: Es ist mittlerweile bekannt, dass Gulbis einer der beiden Profis war, der sich Sex kaufen wollte. Inzwischen hat Johansson diese Passage aus seinem Blog gestrichen.
Der zweite verdächtige Profi war zuerst Juan Monaco. Argentinische Medien veröffentlichten entsprechende Artikel. Doch Monaco beteuerte seine Unschuld. Anders als Gulbis. Er gab nach seinem Match in Stockholm keine Interviews. Seine Stellungnahme zu den Vorwürfen steht noch aus. Deivs Juksa, ein lettischer Junior und Sparringspartner von Gulbis, soll laut schwedischen Quellen nun der zweite Profi an jenem Abend gewesen sein, den die Polizei auf frischer Tat ertappte. Allerdings brachten argentinische Medien den Namen Simone Bolelli ins Spiel, der kurzfristig seine Teilnahme in Stockholm zurückzog. Auf seiner Website beteuert der Italiener allerdings, dass er an dem fraglichen Wochenende in Rom gewesen sein – und nicht in Stockholm.
In einschlägigen Tennisforen wird nun heftig darüber diskutiert, wie sich Ernests Gulbis in diesen Vorfall verstricken konnte. Gerade Gulbis, der immer als intellektueller Profi galt, und der lieber Romane liest, statt Playstation zu spielen. Ein User gab ihm folgenden Tipp: Ernie, hättest du doch vorher die allseits bekannten Frauenhelden der Tour Marat Safin oder Carlos Moya um Rat gefragt. Dann hättest du dir einiges an Ärger erspart.
Tim Böseler
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