Es wäre ja auch zu schön gewesen: Justine Henin als French Open-Siegerin. In ihrer zweiten Karriere. Aber Samantha Stosur hatte etwas dagegen. Die Australierin schlug Henin 2:6, 6:1, 6:4 auf dem butterweichen Court Suzanne Lenglen. Sie war die bessere, aggressivere, fittere, konstantere Spielerin. Das sah auch Henin so, als sie ihre Analyse abgab. Acht Leuchtstoffröhren bestrahlten ihr Gesicht, als sie auf dem Podium saß. Henin konnte nicht verbergen, wie kaputt sie war.
Was nicht verwundert. Die Belgierin musste wegen des schlechten Wetters bisher fast jeden Tag spielen. Am Sonntag noch das harte Match gegen Sharapova. Einen Tag später die Partie gegen Stosur. „Meine Nerven waren nicht stark genug“, sagte Henin. „Ich war sehr nervös, was ich normalerweise nicht bin. Jeden Tag Matches zu spielen, war nicht einfach.“ Als Lehrstunde sehe sie das. Und die Favoritenrolle? „Das waren Erwartungen, die von draußen kamen.“ Henin selbst, sah sich nie als Favoritin. Schon zu Saisonbeginn hatte sie das Jahr 2010 als „a year of transition“ bezeichnet. Sich wieder zurecht finden im Circuit, sich wieder an die Tour gewöhnen – dort lag ihr Fokus. Dieses Credo gab sie auch in Paris zum Besten. „Es braucht einfach Zeit, wieder auf dem höchsten Level zu spielen“, sagte Henin.
In Stuttgart hatte sie das Finale gegen Stosur noch gewonnen. In Paris war sie am Ende zu schwach, zu defensiv. Es war auch das Ende einer Serie. 24 Matches hatte sie bei den French Open in Folge gewonnen: 2005, 2006, 2007. Dann kam die Pause. Drei Runden schaffte sie in diesem Jahr. Und jetzt? Die Hoffnung, in Wimbledon den noch fehlenden Grand Slam-Titel zu holen.
Österreich träumt vom Grand Slam-Märchen
Einer, der noch alle Chancen hat, heißt Jürgen Melzer. Mit ihm hat wohl nicht mal der treueste österreichische Tennisfan gerechnet. Die dritte Runde bei einem Grand Slam-Turnier schien bisher ein unüberwindbares Hindernis. Elfmal war vor dem Achtelfinale Schluss. Jetzt steht der 29-Jährige, der älteste verbleibende Spieler im Tableau, nach einem Viersatz-Sieg gegen den russischen Qualifikanten Gabashvili im Viertelfinale.
„Es hat etwas gedauert, aber jetzt fühlt es sich großartig an“, freute sich Melzer. Der letzte Österreicher, der in Paris im Viertelfinale stand, hieß Thomas Muster – zwölf Jahre ist es her. Vielleicht halfen ja die Tipps von Andy Roddick. Der ist nämlich, was kaum einer weiß, ein großer Kumpel von Melzer. Roddick verlor gegen Gabashvili. Melzer: „Er hat mir ein paar Tipps gegeben, wie ich gegen ihn spielen muss. Wir haben ein paar SMS geschrieben. Aber Wunderdinge hat er mir nicht erzählt.“
Der nächste Gegner heißt Novak Djokovic. Als „sehr gefährlich“ schätzt er Melzer ein. „Er ist offensiv und defensiv sehr stark“, sagt der Serbe. Djokovic selbst ist nach wie vor etwas angeschlagen, hat ab und zu Probleme mit der Atmung. In Belgrad gab er auf, ließ sich im Krankenhaus untersuchen. Aber die konnten auch nicht mehr diagnostizieren als eine Allergie. Asthma? Das begleitet Djokovic seit seiner Jugend. „Die Probleme mit dem Atmen habe ich immer mal wieder.“ Andererseits: „Wenn ich so spiele wie gegen Ginepri im dritten und vierten Satz (das Match endete 6:4, 2:6 6:1, 6:2), kann ich jeden schlagen.“ Wir werden das verfolgen. Die nächste Runde wird für Melzer und Djokovic übrigens noch schwerer. Dort dürfte Rafael Nadal warten.