Lübecker Racket Club: Der modernste Tennisverein
Der Lübecker Racket Club dürfte einer der modernsten Vereine Deutschlands sein – mit Tennis, Padel, Pickleball und Touchtennis im Angebot. Zu Besuch bei einen Leuchtturmprojekt.
Fotos: Oliver Hardt
Ein herrlicher Herbsttag, nicht weit vom berühmten Holstentor in Lübeck. tennis MAGAZIN ist zu Besuch im Lübecker Racket Club, kurz LRC. Von einem „Leuchtturmprojekt“ sprach der Erste Vorsitzende, Alexander Kux, im Telefonat vorab. „Kommt doch mal vorbei“, forderte er uns auf. Wir waren neugierig und fuhren die rund 30 Minuten aus dem Hamburger Osten von Hansestadt zu Hansestadt.
Der Gastgeber empfängt uns mit Quiche, Johannisbeerschorle und einem Slogan, den PR-Künstler wahrscheinlich nicht besser hätten formulieren können: „Das ist wahrscheinlich die modernste und nachhaltigste Anlage dieser Größe, die es in Deutschland gibt.“ Um Missverständnissen vorzubeugen: Kux, 50 Jahre alt, früher in Diensten von Tennis-Point, der Ballmarke Tretorn und seit fünf Jahren bei Wingfield (die mit den smarten Netzpfosten) ist kein Angeber. Aber: Der LRC ist vor allem sein Baby, ein perfektes Beispiel für die Transformation eines – mit Verlaub – miefigen Tennisvereins in ein Racketsport-Juwel.
Lübecker Racket Club: modern und digital
Kux führt uns über die Anlage: zwei Rebound Ace-Courts, ein weiterer Rebound Ace-Einzelplatz, der auch für Pickleball genutzt werden kann. Dahinter befinden sich zwei Padel-Courts und ein Touchtennisfeld auf einem Multifunktionscourt inklusive Basketballkorb. Die Tischtennisplatte am liebevoll sanierten Clubhaus mit hochwertigem Interieur einer dänischen Möbelfirma komplettiert das Angebot.
Kux’ Geschichte mit dem LRC geht so: Im Sommer vor zwei Jahren spielte er öfters mit Freunden auf der alten Anlage der Tennisabteilung der Lübecker Turnerschaft. Es gab vier in die Jahre gekommene Sandplätze und niemanden, der sich so richtig darum kümmerte. Der Erste Vorsitzende der Turnerschaft fragt Kux, ob er nicht Abteilungsleiter werden wollte. Aber der Wahllübecker Kux, der aus Köln stammt, lehnte dankend ab. Ein neuer Verein schwebte ihm vor: modern, digital, einer, der den ganzen Racketsport abdeckt.
„In Lübeck“, sagt Kux, „gab es keinen Padelplatz, der nächste war 70 Kilometer entfernt. Und Pickleball ist die schnellstwachsende Sportart in den USA.“ Was dann passierte, kann man nur bemerkenswert nennen. Im November 2022 einigten sich Kux und sieben Freunde auf einen Pachtvertrag mit der Turnerschaft und gründeten den LRC. Bis März 2023 schrieb er an einem 18-seitigen Konzept für die 3.600 Quadratmeter große Fläche. Die Leitfragen: Wie sieht der Verein der Zukunft aus? Was muss ein moderner Club bieten?
Hartplatz statt Sandplatz
Ein zentrales Thema: Nachhaltigkeit. „Ein Sandplatz braucht 2.000 Liter Wasser pro Tag“, erklärt Kux, „ein Wahnsinn bei Sommern, die immer trockener werden.“ Die Entscheidung für Rebound Ace-Plätze sowie Kunstrasen für Padel und Touchtennis war gefallen. Nur: Wie finanziert man das? Ein Rebound Ace-Platz kostet knapp 100.000 Euro, ein vernünftiger Padel-Court ohne Fundament die gleiche Summe. Und überhaupt: Wie hoch ist der bürokratische Aufwand? „Sechs Wochen bin ich viel gelaufen“, grinst Kux. Über einen Notar muss man den Club im Vereinsregister eintragen lassen, beim Finanzamt die Gemeinnützigkeit beantragen. Anmelden muss man den Verein zudem beim Transparenzregister, damit nicht der Verdacht entsteht, Geldwäsche zu betreiben.
Der größte Coup des Racketsportexperten Kux: ein Termin mit der in Lübeck ansässigen Possehl-Stiftung. Das Postulat der Stifter: „Die Förderung alles Guten und Schönen in Lübeck“. Die Szene, wie Kux und der Erste Vorsitzende der Turnerschaft vor einem 18-köpfigen Gremium aus ehrbaren Kaufleuten, Rechtsanwälten und Unternehmern eineinhalb Stunden Rede und Antwort zur „Kuxschen Vision“ stehen mussten, war wahrscheinlich spielfilmreif. „Man hat mich vorher belächelt“, erinnert sich Kux, „mein Konzept war schon abgelehnt worden. Die hielten mich für verrückt.“
Die höchste Fördersumme für einen Sportverein in Lübeck
Am Ende zahlte sich seine Hartnäckigkeit aus. 500.00o Euro wurden bewilligt. Man kann auch sagen: Kux’ Devise hieß: All-in. „Wenn wir die Summe nicht bekommen hätten, hätten wir gar nicht weiterplanen müssen.“ Es sei „die höchste Fördersumme, für einen Sportverein in der der Geschichte von Lübeck“ gewesen. Dazu sammelte Kux Geld bei weiteren Stiftungen und beim Landessportbund. Ein befreundeter Architekt reichte den Bauantrag ein, der zunächst nicht genehmigt wurde. Der LRC besserte nach (Kux: „Ich habe ein Jahr Bauleitung und Krisenmanagement gemacht“), ließ sich von einem Rechtsanwalt helfen.
Wir sitzen mittlerweile im kleinen, aber feinen Clubhaus. Kux deutet an die Wände. „Das war kurz vor dem Einsturz. Wir haben es außen neu verschalt, in Eigenregie gestrichen und innen komplett renoviert.“
Zwei Jahre nach Beginn des ehrgeizigen Projektes können sich die Zahlen sehen lassen: Aus den acht Gründungsmitgliedern des LRC wurden 140, Altersdurchschnitt unter 35 Jahre. Potenzial gibt es für 180 bis 200 Mitglieder. Für 2025 gibt es bereits die Zusage des DOSB, dass eine Vorquali für die Special Olympics auf der Anlage gespielt wird. Die Finanzierung für eine rund 300.000 Euro teure Traglufthalle, die zum Winter installiert wird, steht auch. „Wir haben noch viel vor“, sagt der studierte Manager Kux. Man glaubt es ihm.
Info Lübecker Racket Club
Tennis, Padel, Pickleball, Touch- und Tischtennis: ein „Racketsport-Fünfkampf“, den auch Nichtmitglieder gegen Gebühr nutzen können. Aus den maroden Sandplätzen der Tennissparte der Lübecker Turnerschaft mit 24 Mitgliedern entstand in weniger als zwei Jahren ein nachhaltiger Club mit 140 Mitgliedern. 299 Euro Jahresgebühr zahlen Erwachsene. Drei Rebound Ace-Tenniscourts, zwei Padelplätze, ein Pickleball- und ein Touchtennis-Court stehen zur Verfügung. Mehr Infos: luebecker-racket.club