Master of the Universe
Der Tenniskosmos ist eigentlich recht überschaubar. Es gibt vier große Turniere, die jeder Profi gewinnen will und von denen die Strahlkraft für das Welttennis ausgeht. Daneben gibt es noch etliche kleinere, deren Bedeutung nicht ganz so wichtig ist. Man kann dort gewinnen, muss es aber nicht, um in die Historie dieses Sports einzugehen.
Die vier Fixsterne sind die vier Grand Slam-Turniere. Sie werden auf drei unterschiedlichen Belägen ausgerichtet, weshalb viele Experten behaupten, dass es im modernen Tennis kaum noch möglich wäre, alle vier in einem Jahr zu gewinnen. Die meisten glauben sogar, dass dies im Verlauf einer kompletten Sportlerkarriere nicht zu schaffen wäre. Andre Agassi war der letzte Profi, der bei allen Majors wenigstens einmal während seiner fast 20-jährigen Laufbahn gewann.
Wird Federer den Rekord noch brechen?
Pete Sampras, Ivan Lendl, Björn Borg, Jimmy Connors, John McEnroe, Mats Wilander, Boris Becker, Stefan Edberg sie allen scheiterten wenigstens an einem der großen Vier. Und Roger Federer, der wie so oft zu hören ist beste Spieler überhaupt, droht ein ähnliches Schicksal. Die French Open kann er einfach nicht gewinnen. Schlimmer noch: Mit 13 Grand Slam-Titeln ist er kurz davor, den Rekord von Pete Sampras (14) einzustellen, doch ob er diesen Rekord brechen wird, ist nach seiner Finalpleite gegen Rafael Nadal in Melbourne fragwürdiger denn je.Federers Problem heißt Nadal. Und das gilt gleich in mehrfacher Hinsicht. Wenn Federer gegen den Spanier antritt, ist er nicht mehr wieder zu erkennen. In Melbourne legte Federer nach dem knappen Sieg gegen Tomas Berdych zwei fantastische Leistungen hin: Juan Martin del Potro und Andy Roddick waren Statisten in einer federleicht vorgetragenen Federershow. Dann kam im Endspiel Rafael Nadal, der durch eine über fünfstündige Halbfinalschlacht gegen Fernando Verdasco angeschlagen war, und Roger Federer war nur noch ein Schatten seiner selbst. Nur 52 Prozent seiner ersten Aufschläge trafen ihr Ziel. 64 leichte Fehler unterliefen Federer das sind exakt so viele wie in den drei vorherigen Partien zusammen (Berdych: 40, del Potro: 9, Roddick: 15)! Federer hat einen Nadal-Komplex anders ist sein Leistungseinbruch kaum zu erklären.
Federers „gefühlte Vorherrschaft“ auf Hartplatz
Mittlerweile ist Federer bei Grand Slam-Turnieren von Nadal schon sechsmal bezwungen worden, davon fünfmal in einem Finale. Federer selbst siegte nur zweimal gegen Nadal auf den ganz großen Tennisbühnen der Welt: jeweils im Finale von Wimbledon (2006, 2007). Nachdem ihn Nadal im letzten Jahr auch dort im Endspiel bezwang, blieb Federer nur noch eine Domäne: die auf Hartplatz. Aber das war nur eine gefühlte Vorherrschaft, denn in New York oder Melbourne, den beiden Grand Slam-Turnieren auf Hartplatz, trafen beide bisher nicht aufeinander. Das änderte sich nun in Australien. Und mit dem Sieg Nadals ist im Herrentennis nichts mehr so, wie es vorher war.
Jetzt ist Nadal endgültig der unangefochtene Alleinherrscher, der Masters of the Universe. Ihm trauen die Fachleute nun anders als Federer plötzlich den Grand Slam zu, den vor 40 Jahren Rad Laver mit Siegen in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York zuletzt gewann. Paris ist eh Nadals Lieblingsturnier, auf dem Rasen von Wimbledon fühlt er sich nach 2008 mindestens so wohl wie Federer und wie gut er auf Hartplatz spielt, demonstrierte der Spanier jüngst in Melbourne. Ohne im Vollbesitz seiner Kräfte zu sein, schlug er Federer in fünf Sätzen.Diese Konstellation kann alles, was bisher über Roger Federer geschrieben und gesagt wurde, ad absurdum führen. Nadal ist 22 Jahre alt und hat jetzt schon sechs Grand Slam-Titel geholt. Federer war in diesem Alter noch längst nicht soweit. Mit 22 Jahren gewann der Schweizer 2003 in Wimbledon seinen ersten großen Titel. Wird nun womöglich Nadal die Bestmarke von Pete Sampras knacken und nicht Federer, wie es von so vielen prognostiziert wurde?
Wie lange kann Nadal mit seinem Stil dominieren?
Natürlich: Nadals Spiel ist wesentlich kraftaufwendiger. Er hatte schon mit schwerwiegenden Verletzungen an den Knien zu kämpfen und es gibt keinen anderen ATP-Spieler, der sich so vehement für eine kürzere Saison ausspricht. Ende 2008 nahm er sich eine zweimonatige Auszeit, verzichtete auf den Masters-Cup und das Davis Cup-Finale. Ein Zeitplan, der sich nun in Melbourne mit einer Grand Slam-Trophäe auf Hartplatz bezahlt gemacht hat. Die Frage ist, ob Nadal mit seinem Stil noch lange dominieren kann.
Federers vorerst einzige Chance in diesem Wettlauf um historische Bestmarken: Er muss auf frühe Niederlagen seines Dauerrivalen hoffen wie bei den US Open 2008. Dort traf er nicht auf Nadal und holte prompt den Titel. Ansonsten ist ein Szenario vorstellbar, was noch vor kurzer Zeit als eine Art Gotteslästerung interpretiert werden konnte: Nicht Federer wird als bester seiner Generation in den Geschichtsbüchern vermerkt werden sondern Nadal.
Tim BöselerAir Jordan 1 Outlet Store online | cheapest air jordans 1