Melbourne-Blog: Spaghetti Carbonara im Amphitheater
Andrej Antic, Melbourne
Wer in der Hierarchie der Spielerinnen und Spieler wo steht, kann man schon daran ablesen, welchen Interviewraum sie in den Katakomben der Rod Laver Arena zugeteilt bekommen. Bei Angelique Kerber, der an Nummer 9 gesetzten Kielerin, war es am Freitag, 13.30 Uhr Ortszeit, der „Main Interview Room“. Das ist so eine Art Mini-Amphitheater. Unten sitzen die Spielerinnen. Steil nach oben verlaufen die Sitzreihen der Journalisten. Kerber guckte nach oben, als sie die Fragen der Journalisten beantwortete und sah so glücklich aus, als hätte sie eben noch am Strand von St. Kilda gebadet. Sie hatte ja auch allen Grund, sich zu freuen: Einzug ins Achtelfinale, Siege gegen Gajdosova, Kudryavtseva und Riske unter dem Gürtel, wie amerikanische Tennisjournalisten gerne floskeln (under the belt) und die Aussicht, in Sachen Wetter das Schlimmste überstanden zu haben (ein Temperatursturz von 20 Grad wird erwartet).
Also plauderte sie nach dem 6:3, 6:4-Sieg gegen das aggressive US-Girl Alison Riske entspannt über ihren Aufschlag („Der muss besser werden. Morgen werde ich ihn zehn Minuten länger trainieren“), Wetten mit ihrem Coach Benjamin Ebrahimzadeh („Wenn ich ins Halbfinale komme, buchen wir einen Hubschrauberflug über Melbourne. Benni hat nämlich Höhenangst. Da muss er dann durch“) und über ihre Kochkünste („ein Desaster“). Ein italienischer Journalist hatte danach gefragt. Kerbers Gegnerin, Flavia Pennetta, die Mona Barthel geschlagen hatte, könne nämlich „die beste Spaghetti Carbonara der Welt“ kredenzen. Nun ja, man wird sehen, wer auf dem Court die besseren Rezepte hat.
Florian Mayers Termin mit der deutschen Journalistenschar war exakt 15 Minuten später datiert. Mayer ist aktuell die Nummer 37 der Welt, also führte man ihn zum Interviewraum 2 (von wegen Hierarchie und so…). Dieser Raum ist gefühlte sechs Quadratmeter groß. Auf einer kleinen Bühne befinden sich drei weiße Lederdrehsessel (auf dem mittleren nahm Mayer Platz). Davor stehen exakt neun Stühle – ein großes Auditorium war nicht vorgesehen.
Dabei wäre es auch für eine größere Runde durchaus hörenswert gewesen, was Mayer nach seinem spektakulären Dreisatzsieg gegen Jerzy Janowicz zum Besten gab. Nicht das übliche Bla-bla a la „Ich schaue nur von Match zu Match“, sondern Reflexion pur. Er sei jetzt in einem Alter (30), wo er noch einmal alles geben wolle. Er wolle sich schnell wieder unter die Top 32 spielen, weil es ihn ankotzt (das hat er so nicht gesagt), wenn er bei den Grand Slam-Turnieren schon in Runde eins auf Nadal oder Djokovic treffen könne. Er wolle auf dem Platz eine Haltung zeigen („keine Jammerei“) und eigentlich könne er ja im Herbst seiner Karriere frei aufspielen.
Gegen den langen Polen gelang ihm das ausgezeichnet. Im ersten Satz schaffte Mayer das Kunststück von null (!) unforced errors. Allerdings auch mit freundlicher polnischer Unterstützung. Denn „Jure“, wie ihn die sonnenverbrannten polnischen Fans vergeblich anfeuerten“, streute seine Bälle so sehr, dass man nicht glauben konnte, dass da die Nummer 20 der Setzliste spielt. Das mit den null unforced errors sei deswegen nicht schwer gewesen, meinte Mayer: „Entweder er hat getroffen oder ins Aus gespielt.“ Spätestens nach dem ersten Satz war auch klar, dass der gute „Jure“ ziemlich unfit war. Er ließ sich behandeln, nahm sich immer wieder Auszeiten auf dem Platz und lamentierte still.
Mayers Leistung soll das nicht schmälern. Er hinterließ einen glänzenden Eindruck und konnte sich auch einen kleinen Seitenhieb in Richtung der Journaille nicht verkneifen. Man habe ihm ja immer unterstellt, dass er bei Hitze nicht spielen könne. Aber bei trockener Hitze könne er das sehr wohl. Was er eindrucksvoll bewies.
Mayers nächster Gegner heißt David Ferrer. Und eins ist klar: Sollte er den Spanier schlagen und ins Viertelfinale einziehen, wäre ihm nicht nur der große Interviewraum sicher.
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